Heftige Kritik an Fluggastdaten-Abkommen
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Fluggesellschaften sollen künftig dazu verpflichtet werden, die Flugpassagierdaten (Passenger Name Records) von allen Reisenden, die die EU-Außengrenzen überqueren, an Australien zu übermitteln. Dort dürfen die Daten 5,5 Jahre gespeichert werden. Darauf hat sich der EU-Rat am Donnerstag geeinigt. Nach der Ratsentscheidung wird voraussichtlich Ende Oktober noch das EU-Parlament über das Abkommen mit Australien abstimmen.
Die Daten werden unter dem Deckmantel der "Terrorismusbekämpfung" weitergegeben. Darunter fallen insgesamt 19 Datenarten wie Kreditkartendetails, Zielort mit Adresse und Telefonnummer, sowie die Sondermenüs, die man im Flugzeug konsumiert hat.
"Man kann damit keine Terroristen fangen"
Der Österreicher Alexander Sander von NoPNR zeigt sich entsetzt über die Einigung: „Der Rat hat mit seiner Zustimmung zu dem umstrittenen Abkommen die Privatsphäre der Bürger Europas mit Füßen getreten. Bis zum heutigen Tag wurde kein Beweis für den Nutzen der Datensammelwut vorgelegt.“ Es gebe lediglich Annektoten über Erfolge, aber keine "Beweise". "Man muss den Verantwortlichen klar machen, dass man mit der Datensammelwut keine Terroristen fangen kann", meint Sander gegenüber der futurezone.
Die Initiative NoPNR setzt sich gegen die geplante Speicherung ein und plant verschiedene Kampagnen. So wurde die Bevölkerung im Sommer etwa via Blogeintrag dazu aufgerufen, Anti-PNR-Postkarten an die EU-Abgeordneten zu senden.
Grundlage für Verhandlungen mit USA
Sander befürchtet, dass dieses Abkommen mit Australien in Folge als Grundlage für die Verhandlungen mit den USA hergenommen werden soll. Das sei ein "gefährliches Spiel", denn die US-Amerikaner hätten es nicht nötig, sich auf einen derartigen "Kuhhandel" einzulassen. Dank "Patriot Act" hat die USA nämlich Zugriff auf die Buchungssysteme. "Heutzutage lässt sich kaum mehr ein Flug buchen, ohne dass die Daten dabei in den USA landen."
Auch der unabhängige EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser kritisiert die Einigung vom Donnerstag heftig. „Es droht nun ein Dammbruch für Abkommen mit weiteren Ländern. Dabei ist noch nicht einmal geklärt, ob der vorliegende Text grundrechts- und verfassungskonform ist.“ Sowohl die Speicherdauer von fünf Jahren und sechs Monaten, als auch der Umfang der übermittelten Daten, sei ein „unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte“ der Bürger.
"Verdachtsunabhängige Rasterfahndung"
„Das ist eine verdachtsunabhängige permanente Rasterfahndung. Durch automatisiertes Profiling ist jeder Reisende der Gefahr ausgesetzt, aufgrund von unüblichem Verhalten weiteren Überwachungsmaßnahmen ausgesetzt oder in der Reisefreiheit massiv eingeschränkt zu werden“, so Ehrenhauser. Als unübliches Verhalten reiche dabei etwa bereits die Barzahlung einer Flugreise aus.
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