Max Schrems: "Das Internet bricht nicht zusammen"
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Safe Harbour ist ungültig. Das Urteil hat für die gesamte Internet-Branche weitreichende Auswirkungen. Insgesamt haben mehr als 4100 US-Unternehmen ein „Safe Harbour“-Zertifikat (gehabt), darunter neben Facebook auch Yahoo, Google oder Microsoft.
„Für Österreich gibt es unmittelbar keine Auswirkungen. Sollte ein Fall mit USA-Bezug an die Datenschutzbehörde herangetragen werden, wird diese im Einzelfall prüfen, ob die Datensicherheit entsprechend den europäischen und den strengeren österreichischen Vorgaben gesichert ist“, hieß es dazu aus dem Bundeskanzleramt. Laut der WKÖ sollen sich in Österreich rund 100 Firmen "direkt" auf das Abkommen stützen.
"Kein Sonderstatus mehr"
„Das Internet bricht nicht zusammen, auch wenn dies in den vergangenen Tagen von einigen Lobbyvertretern erzählt wurde“, sagt Schrems im Gespräch mit der futurezone. „Der Datentransfer wird dann zunächst im Einzelfall geprüft. Nur wenn die USA wieder einen Sonderstatus haben möchten, müssen sie sich bei weiteren Verhandlungen mit der EU-Kommission daran halten, was der EuGH vorschreibt - und der hat ziemlich klare Ansagen gemacht in seiner Urteilsbegründung“, so Schrems.
„Ansonsten haben sie sowie China oder Russland eben keinen Sonderstatus mehr. Es gibt aber noch immer zahlreiche alternative Lösungswege, Daten von der EU in die USA zu transportieren. Der Beschluss macht nur klar, dass nationale Datenschutzbehörden die Möglichkeit haben, den Datentransfer individuell zu prüfen."
Schrems hofft darauf, dass die Verhandlungen zwischen EU-Kommission und den USA jetzt aufgrund des EuGH-Urteils auf ganz andere Füße gestellt werden. Die EU-Kommission kündigte am Dienstag an, die Verhandlungen mit den USA weiterführen zu wollen.
"Es geht um die Grundrechte"
Facebook – das Unternehmen, das die Grundlage für die Klage von Max Schrems der irischen Datenschutzbehörde und dafür, dass das Verfahren vor dem EuGH landete, bildete – lehnte sich am Dienstag unterdessen zurück und fühlte sich „nicht betroffen“. „Bei dem Fall geht es gar nicht um Facebook.“ Dem entgegnet Schrems: „Facebook kommt insgesamt elf Mal in dem Urteil vor. Das Urteil ist außerdem ein klarer Aufruf der irischen Datenschutzbehörde, Facebooks Praktiken zu untersuchen.“
Das US-Unternehmen argumentierte zudem, dass es wie „viele Tausende andere europäische Unternehmen“ viele verschiedene Methoden verwende, um Daten von den EU legal in die USA zu transferieren.
"Massenüberwachung bleibt"
Auch da hat Schrems freilich etwas anzumerken „Im Urteil geht es auch um die Grundrechte der Europäer abseits von Safe Harbour. Illegale Massenüberwachung bleibt illegale Massenüberwachung und damit muss sich auch Facebook auseinandersetzen“, sagt Schrems. Für den Datenschützer ist klar: „Facebook versucht, das Urteil runterzuspielen.“
Dadurch ist aber - nicht nur für Facebook, sondern alle US-Firmen, die in Europa tätig sind - fraglich, ob die Methoden und Klauseln, die jetzt eben alternativ zum Einsatz kommen, nicht ebenfalls (früher oder später) vom Urteil betroffen sind. Auch diese Methoden sind ja von der US-Massenüberwachung betroffen, die der EuGH kritisiert hat und durch die eben "kein angemessenes Schutzniveau" mehr für den Datentransfer garantiert ist.
"Rechtsanwalt kontaktieren"
Die WKÖ empfiehlt betroffenen Unternehmen zu eruieren, auf welcher Rechtsgrundlage der Austausch sensibler Daten mit den USA derzeit abgewickelt wird. Die IT-Riesen wie Facebook, Microsoft und Google haben diese "Hausaufgabe" wohl bereits erledigt, aber kleine Unternehmen haben hier noch Nachholbedarf. Die EU-Kommission kündigte auch an, den Firmen dabei helfen zu wollen. Die österreichische Datenschutzbehörde hingegen teilt auf ihrer Website mit, das Unternehmen bei Unklarheiten ihren Rechtsanwalt kontaktieren sollen.
Die irische Datenschutzbehörde wurde vom EuGH unterdessen dazu verdonnert, Facebooks Umgang mit den Nutzer-Daten genauestens zu überprüfen. "Die irische Behörde hat bisher nicht viel unternommen, daran wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern", gibt sich Schrems pessimistisch.
"Einer von vielen kleinen Schritten"
Der Datenschutzaktivist bekam unterdessen am Dienstag auch prominente Glückwünsche: „Gratuliere, Max Schrems, du hast die Welt in eine bessere verwandelt", schrieb ihm der US-Whistleblower Edward Snowden. Schrems reagierte prompt darauf: Das Lob empfinde es als große Ehre. „Es bedeutet mir sehr viel. Ich hoffe, dass dies einer von vielen kleinen Schritten ist, um Dinge zu bewegen.”
Kommentare