Netzpolitik: Was die neue Regierung vorhat
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Das neue Regierungsprogramm (PDF), auf das sich SPÖ und ÖVP am Donnerstag geeinigt haben, enthält neben Plänen der großen Koalition zu Pensionen, Bildung, Beschäftigung und Entbürokratisierung auch netzpolitische Vorhaben. Wie auch beim Regierungsprogramm insgesamt gilt: Vieles bleibt allgemein, große Würfe sucht man vergebens. Dringende Fragen, wie etwa die Netzneutralität, werden gar nicht erwähnt, in anderen Bereichen, etwa beim Urheberrecht oder dem Datenschutz bleibt man vage oder verweist auf EU-weite Initiativen. Die Pläne im Detail:
Datenschutz
Das geltende Datenschutzrecht entspreche den aktuellen Anforderungen nicht mehr, heißt es in dem Papier. Maßnahmen zu einer Modernisierung des Datenschutzes sollen aber auch nicht wirklich getroffen werden. Man wolle die Ressourcen der Datenschutzbehörden optimal einsetzen und aufwändige bürokratische Registrierungsverfahren auf das notwendige Maß reduzieren, steht im Regierungsprogramm. Immerhin will die Regierung EU-Richtlinien zum Datenschutz “vorantreiben”. Auch um ein Abkommen zwischen EU und USA, unter Berücksichtigung der Datensicherheit, will sich die große Koalition bemühen.
Informationsfreiheit
Konkrete Schritte plant die Koaltion bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses, nachdem eine entsprechende Initiative kurz vor dem Ende der vergangenen Legislaturperiode mehr oder weniger kommentarlos in der Versenkung verschwand. Unter dem Punkt “Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis” ist im Regierungsprogramm zu lesen, dass das Amtsgeheimnis, unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Datenschutz, durch eine verfassungsgesetzlich angeordnete Pflicht aller Staatsorgane, Informationen vom allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, ersetzt wird. Auch ein Grundrecht auf Zugang zu Informationen, dem alle Organe der Gesetzgebung und Verwaltung sowie Unternehmungen, die vom Rechnungshof kontrolliert werden, unterliegen, soll geschaffen werden.
Ob es einen Informationsfreiheitsbeauftragten geben wird, wie ihn etwa die Initiative Transparenzgesetz.at forderte, wird nicht explizit erwähnt. Ein Begutachtungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses soll im ersten Halbjahr 2014 vorgelegt werden.
Urheberrecht
Beim Thema Urheberrecht gibt sich die neue Regierung ambitioniert, aber auch vage. Als Herausforderung wird eine “Gesamtstrategie für geistiges Eigentum und die Verbesserung der Einkommenssituation von Künstlern” formuliert. In diesem Zusammenhang kommt auch eine Reform des Urheberrechts zur Sprache. Eine vom Justizministerium in der vergangenen Legislaturperiode geplante Novelle wurde im Frühjahr weitgehend abgesagt, bzw. beschränkte sich auf die Umsetzung von EU-Vorgaben. Streitpunkte waren neben der Rechtsdurchsetzung bei Urheberrechtsvergehen, die Ausweitung von Abgaben auf Speichermedien (“Festplattenabgabe”). Konkret heißt es im Regierungsprogramm, dass bei der Urheberrechtsreform der Datenschutz sowie die Interessen von Kunstschaffenden, Konsumenten und in Österreich tätigen Unternehmen besonders berücksichtigt werden sollen.
Ein Urhebervertragsrecht, das Künstlern gegenüber Rechtevewertern mehr Rechte einräumt, soll einer Bedarfsanalyse unterzogen werden, auch Sonderregelungen für digitale Publikationen von Sammelbeständen werden geprüft. Die “Festplattenabgabe” wird nicht erwähnt. Auch ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger, wie es in der vergangenen Legislaturperiode zur Diskussion stand, kommt in dem Papier nicht vor. Als Zeitplan für die Umsetzung einer Urheberrechtsreform wird im Regierungsprogramm das Jahr 2014 angegeben.
Floskeln zur “digitalen Zukunft”
Gänzlich in Floskeln verliert sich der Passus zur Gestaltung der “digitalen Zukunft”. Die Bundesregierung setze sich für eine “digitale Offensive” - insbesondere die flächendeckende Verfügbarkeit von Hochleistungs-Breitband-Infrastruktur (Festnetz und oder Mobilfunk) ein. Auch Maßnahmen zur Schließung der “digitalen Kluft” sollen ergriffen werden.
Im Kapitel “Industriestandort stärken, Finanzierungen erleichtern”, ist davon zu lesen, dass die IKT-Strategie weiterentwickelt werden soll. Start-ups dürfen auf “mehr Risikokapital” hoffen. Maßnahmen der Förderbank AWS sollen ausgeweitet, der Gründerfonds ausreichend dotiert werden.
Cybersicherheit
Im Regierungsprogramm besonders hervorgehoben wird die “Cyber-Thematik”. Dieser komme eine “wachsende Bedeutung” zu. Daher kommt die Cyber-Thematik wohl auch an zahlreichen Stellen in unterschiedlichen Ausprägungen vor.
So soll das Außenministerium eine kohärente “Cyber-Außenpolitik” unter Einbeziehung des Bundeskanzleramts, des Innenministeriums und des Verteidigungsministeriums entwickeln. Die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts und auch zivilen Organisationen soll dazu vertieft werden.
Vor allem kritische Infrastrukturen sollen geschützt werden, die “Cyber-Sicherheit” soll gestärkt werden, da die Nutzung des “Cyber-Raums” immer mehr zum “vitalen Aktionsraum für Staat, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft” werde, wie es in dem Papier heißt. Dazu will die neue alte Koalition ein gesamtstaatliches Konzept entwickeln.
Zur Unterstreichung der Wichtigkeit dieses Themas für die neue Bundesregierung soll dafür auch ein eigenes Bundesgesetz zur “Cyber-Sicherheit” geschaffen werden. Zudem sollen die Tatbestände und Sanktionen im “Cyber-Strafrecht” evaluiert und angepasst werden, denn die “Cyber-Kriminalität” soll erfolgreich bekämpft werden. Gleich an zwei Stellen sollen Kompetenzzentren eingerichtet werden, im Innenministerium ist ein “Cyber Security Center” geplant, im Verteidigungsministerium ein “Cyber Defence Center”.
Open Data
Die Bundesregierung hat zudem festgehalten, dass sie die Verwaltungsreform durch E-Government vorantreiben möchte. Dazu sollen in erster Linie die bisherigen Anstrengungen weiter forciert werden. Dazu gehört, namentlich genannt auch Open Government Data. Auch “neue Impulse aus der Welt der neuen sozialen Netze” sollen dafür aufgegriffen werden. Das Ziel der Regierung ist es, Verwaltungsprozesse über Behördengrenzen hinweg effizienter und flacher zu gestalten und die “Distanz zum Bürger” zu verringern.
Alles in allem bleibt das Regierungsprogramm viele Antworten schuldig. Ob SPÖ und ÖVP ihre vollmundigen Ankündigungen vor der Nationalratswahl, die von der futurezone in der Serie “Fünf Fragen zu …” zu den Themengebieten Überwachung und Datenschutz , Netzneutralität und Internet, Urheberrecht und Informationsfreiheit und Open Source abgefragt wurden, auch einlösen wird, wird wohl erst im Verlauf der nächsten fünf Jahre überprüft werden können.
Kommentare