Russische Geheimagenten schüchterten Apple und Google ein
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Unter Berufung auf Insiderquellen berichtet die Washington Post von erfolgreichen Versuchen der russischen Regierung, zwei der größten Technologieunternehmen der Welt auf Schiene zu bringen. Nachdem der Oppositionelle Alexei Nawalny eine App veröffentlicht hat, mit der Gegenkandidaten für Politiker von Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin gefunden werden sollten, haben Geheimagenten Top-Manager von Apple und Google bedroht. Daraufhin wurde die App tatsächlich aus App Store und Google Play entfernt.
"Die Uhr tickt weiterhin"
Das Ganze soll sich u.a. im September 2021 zugetragen haben. Eine Google-Managerin wurde damals von Agenten des FSB (Nachfolger des KGB) in ihrer Wohnung aufgesucht. Sie teilten ihr mit, Nawalnys App solle innerhalb von 24 Stunden entfernt werden, andernfalls lande sie im Gefängnis. Die Angestellte flüchtete daraufhin in ein Hotel, wo sie unter falschem Namen ein Zimmer bezog. Die Agenten besuchten sie auch dort und teilten ihr mit, die Uhr ticke weiterhin. Innerhalb weniger Stunden war die App aus Googles Angebot verschwunden. Bei Apple habe es sich ähnlich zugetragen.
Während bereits bekannt war, dass Russlands Regierung Druck auf die US-Unternehmen ausgeübt hat, um die Entfernung der Nawalny-App zu erzwingen, war bisher nicht klar, was genau dabei vorgegangen war.
Wie die Washington Post beschreibt, war das Vorgehen ein Musterbeispiel für eine der einfachsten Einschüchterungstaktiken von Putins Regierung. Dennoch zwang es zwei der einflussreichsten Unternehmen der Welt in die Knie. Möglich sind solche Aktionen in Russland nur, weil der Staat westliche Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, Vertretungen im Land zu stationieren. In den USA wird es das "Geisel-Gesetz" genannt.
Systematische Unterdrückung
Die erfolgreiche Einschüchterung von Apple und Google sei eine von vielen Maßnahmen gewesen, die die russische Regierung seit Monaten vorantreibt, um kritische Stimmen zu unterdrücken und die Bevölkerung unter Kontrolle zu bringen. "Jeder bedeutungsvolle, praktische Weg für Dissens wird systematisch abgeschaltet", sagt Pavel Chodorkowski, Gründer des Institute for Modern Russia in New York und Sohn des jahrelang in Russland inhaftierten Oligarchen Michail Chodorkowski.
Seit der Invasion der russischen Armee in der Ukraine haben US-Unternehmen zahlreiche Sanktionen über Russland verhängt, vor allem im Online-Bereich. Google ist mit der Blockade russischer Staatsmedien auf YouTube federführend. In den vergangenen Jahren hat man sich aber allzu leicht von der russischen Regierung einwickeln lassen und ist teilweise allzu große Kompromisse eingegangen, um das eigene Geschäft nicht zu gefährden, lautet nun die Kritik.
Schwerer Schlag für Nawalny
Apple hat u.a. iPhones so vorkonfiguriert, dass Kreml-treue Dienste von Nutzer*innen mit nur einem Klick aktiviert werden konnten, darunter etwa VKontakte. Ein neues Sicherheitswerkzeug namens Private Relay, dass Internetverkehr vor Geheimdiensten verschleiern soll, wurde in Russland deaktiviert.
Putin-Gegner Nawalny fühlt sich jedenfalls von Apple und Google im Stich gelassen. "Das war ein schwerer Schlag für unsere Unterstützer*innen. Sie [Apple und Google] haben Putin wirklich geholfen."
Kommentare