Netzpolitik

"Städte müssen mit Technologie auch experimentieren“

Wie Städte mit neuen Technologien umgehen war eines der großen Themen beim GovTech-Pioneers im Palais Wertheim in Wien. Sollen Städte einfach alles an neuen Technologien ausprobieren, oder sollen sie sich doch immer zuerst um die Bewohner kümmern? „Beides“, sagt Carrie Bishop, Chief Digital Services Officer für San Francisco, im Gespräch mit der futurezone. „Man muss beim Entwickeln von Lösungen immer die Perspektive der Bewohner im Blick haben. Aber wenn wir nicht mit neuen Technologien experimentieren dürfen, dann können wir das Potential nicht erkunden.“

Prototyp und Finanzierung

In San Francisco gehe man folgendermaßen an die Sache heran, so Bishop: Zuerst werden Probleme definiert, die gelöst werden müssen. Dann werden diese mit einem Innovation Officer besprochen. Dieser bringt Start-ups zusammen und dann wird gemeinsam experimentiert. Am Ende werden die Ergebnisse im Zuge eines „Demo Days“ der Öffentlichkeit präsentiert und dabei Städte mit Start-ups zusammengebracht. Gerade diese Woche habe man wieder ein solches Event abgehalten, erzählt die Digitalverantwortliche für San Francisco.

„Wir haben das Problem, dass in San Francisco leistbare Wohnungen rar sind. Gemeinsam mit einem Start-up von Google wurde ein Prototyp entwickelt, um das Problem zu lösen. Die Stadt investiert jetzt in die Weiterentwicklung dieser Lösung. Das ist ein guter Weg, Start-ups zu integrieren“, sagt Bishop.

Es fehlen die Tech-Talente

In San Francisco haben man freilich ein „ganz spezielles“ Problem. Aufgrund der Nähe zum Silicon Valley sei es extrem schwierig, Technologie-Talente zu finden. „Wir müssen hier mit Google und anderen Tech-Unternehmen konkurrieren und wir können keine Vergünstigungen oder Gratis-Verpflegung bieten. Am ehesten kommen Menschen zu uns, die bereits so viel Geld verdient haben, dass sie ihre Dienste und ihr Wissen gerne für das Gemeinwohl zur Verfügung stellen möchten“, sagt Bishop.

Im Gegensatz zu Europa werden US-Städte aber weniger zentralisiert verwaltet, meint Bishop. Daher habe man es oft einfacher, derartige Ideen umzusetzen. „Dieser Unterschied in der Verwaltung ist jetzt aber nicht per se gut oder schlecht. Das möchte ich nicht bewerten“, so die Digital-Expertin für die öffentliche Verwaltung.

Inklusive Technologien

Dass neue Technologien wie Blockchain, Bitcoin oder Künstliche Intelligenz bald dazu führen werden, dass sich die Rolle von ganzen Staaten verändern wird, wie Tim Draper in seiner Eingangskeynote des GovTech-Festivals gesagt hat, glaubt Bishop nicht. „Es klingt zwar interessant, aber Regierungen sind noch weit entfernt von den Dingen, die Draper beschrieben hat. Es ist aber auch schwierig, vorherzusehen, welche Technologie am Ende wirklich einen großen Einfluss auf Regierungen hat.“

Für die Stadt San Francisco setze man vor allem auf „inklusive Technologien“, meint Bishop. „Egal, was man verdient, welche Nationalität man hat, das spielt keine Rolle. Wir möchten, dass alle Services für alle Menschen zur Verfügung stehen und nicht für eine kleine Gruppe der Gesellschaft. Das passiert jedoch in der Regel häufig, dass, wenn neue Technologien eingesetzt werden, Menschen damit ausgeschlossen werden. Darauf achten wir bei der Entwicklung, dass das bei uns in der Stadt nicht passiert.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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