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FERNSEHEN

Vom Röhren-TV zur Nano-Röhre

Sie waren Grundstein für alle flachen TV-Geräte: Ende der 90er-Jahre kamen die ersten Plasma-Fernseher in den Handel, 2001 folgte auf der CES in Las Vegas das erste Modell für HDTV. Lange Zeit waren Plasmas die erste Wahl für hochauflösendes Fernsehen und wurden erst 2006 von LCD-Modellen abgelöst. Nun ereilt Plasma das gleiche Schicksal wie den Vorgängern, den Röhren-Apparaten. Samsung, Panasonic und LG fahren die Produktion zurück und nutzen die freigewordnenen Fertigungslinien für kommende Projekte. Offiziell wird wird an Plasma zwar noch festgehalten, die Forschungsleiter der Konzerne haben insgeheim damit jedoch abgeschlossen. Denn die Technologien der Zukunft erlangen nach und nach Serienreife.

Die meisten Ressourcen werden aktuell in die Verbesserung von LCDs, die in Flat-TVs, Notebooks und Handys verwendet werden, gesteckt. Durch den Einsatz von Licht emittierenden Dioden (LED) anstelle von Kaltkathodenröhren als Hintergrundbeleuchtung konnten in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt werden. Die Bildschirme wurden dünner, kontrastreicher und vor allem energieeffizienter. Nun wird daran gearbeitet, die Leuchtdioden weiter zu schrumpfen. LG hat dafür bereits den Marketing-Begriff "NanoLED" erfunden. Sie verbrauchen sind ob ihrer geringen Größe flexibler einsetzbar. Erste Geräte kommen bereits 2011.

Kohlenstoffröhrchen
Auch der Nachfolger von LEDs steht schon fest. So testet Samsung, weltweiter Marktführer bei Bildschirmen, bereits eine neue LCD-TV-Generation: Sie basiert auf "Carbon Nanotubes" (CNT), Kohlenstoffnanoröhrchen. Diese, mit freiem Auge nicht erkennbaren Teilchen reduzieren weiter den Stromverbrauch und heben die Bildqualität. Durch sie wird die Hintergrundbeleuchtung besser dimm- und regulierbar. Laut Samsung-Ingenieuren können LEDs in Flat-TVs aktuell in rund 500 Zonen gruppiert werden, um den Grad der Hintergrundbeleuchtung zu regulieren. Bei CNT sind bis zu 10.000 Zonen möglich. Dadurch steigt der Kontrast und soll LCDs endlich auf den Level von Plasma-Schirmen heben. Die Technologie ist bereits Nahe an der Marktreife, jedoch müssen noch Patentfragen geklärt werden. Erste Geräte werden für Anfang 2012 erwartet.


Organische Leuchtdioden
Bereits seit 2004 wird eine neue Technologie als Nachfolger von LCDs gehandelt: Bei Displays mit organischen Leuchtdioden (OLED) entfällt die Hintergrundbeleuchtung. Sie strahlen von selbst, wodurch der Stromverbrauch sinkt. Durch ihre Leuchtkraft wirkt das Bild zudem kräftiger, schärfer und kontrastreicher. Ihre schnelle Reaktionszeit weit unter einer Millisekunden und entsprechend erhöhter Hertz-Zahl ermöglicht zudem, 3-D besser und einfacher umzusetzen. Endete die Größe von OLED-Bildschirmen bisher bei 20 Zoll, sollen laut David Jung, Sprecher von Samsungs Forschungsabteilung, 2013 erste Geräte mit Diagonalen über 40 Zoll starten - und sich somit als TV eignen. OLED wird Samsung zufolge die bisherigen Display-Technologien jedoch nicht verdrängen. LED, CNT werden im unteren und mittleren Preissegment positioniert sein, OLED in der teuren Oberliga.


Hologramme als Fernsehen der Zukunft
Für 2015 erwartet Samsungs stellvertretender Forschungschef Chung Seong-eun schließlich den ersten Prototyp eines holografischen TV-Geräts. Dabei werden Akteure und Szenen dreidimensional in den Raum projiziert. Wie das genau funktionieren soll, verrät der Forscher nicht. Jedoch kann man davon ausgehen, dass es ähnlich funktioniert wie jene holografischen Lösungen, die Cisco bereits im Einsatz hat.

Die technischen Hürden sind sicherlich zu meistern, doch wird diese Art von "Bildschirm" nach gänzlich neuen Inhalten verlangen. So wie aktuell Filme für 3-D-TVs fehlen, wird es auch holografischem Fernsehen anfangs an Material mangeln. Die Neuartigkeit der Darstellung wird Film-Studios und TV-Sender nur zögerlich darauf reagieren lassen. Nicht nur, dass es an Erfahrungswerten fehlt und hohe Start-Investitionen nötig werden, könnten auch die großen Übertragungsdaten abschrecken. Chung Seong-eun rechnet mit deutlich höheren Datenströmen als wie bei HD und 3-D. Trotzdem gibt es bereits Pläne für holografisches Fernsehen: Im Zuge der (gescheiterten) Bewerbung für Fußball-WM 2022 wollten japanische TV-Stationen das Turnier holografisch übertragen. 200 3D-HD-Kameras rund um das Spielfeld sollten das Geschehen einfangen.

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(Benjamin Sterbenz)


Hintergrund:
Ein Treiber für die Entwicklung neuer Bildschirm-Technologien sind internationale Richtlinien zur Energieeffizienz. So müssen etwa in der EU ab Dezember 2011 TV-Geräte - so wie Weißware - mit einem Energieeffizienz-Siegel gekennzeichnet werden. Derzeit schaffen im Handel erhältliche Geräte nur die Klasse A. Die Klassen A+ und A++ sind mit gegenwärtigen Technologien nicht zu erreichen. Mit Bildschirmen auf CNT- und OLED-Basis wollen Display-Hersteller die Vorgaben erfüllen.

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Ein Pickerl für den Flat-TV

Seit 2004 gibt es Flat-TV auf Basis von OLED. 2013 sollen erste Modelle mit großer Diagonale kommen.

Formel-Eins-Rennfahrer Lewis Hamilton real (li.) und als Hologramm projiziert.

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Benjamin Sterbenz

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