Was an Apps nicht gebraucht wird, sollte man deinstallieren
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Netzpolitik

Wie Menstruations-Apps Daten mit Facebook teilen

Früher haben Frauen Stricherl auf einem Kalender gemacht, um ihre Periode zu tracken, heutzutage tragen viele diese Daten bequem in einer App ein. Einen genauen Überblick über ihre Periode zu haben, ist für die meisten wichtig. Neben natürlicher Verhütung geht es dabei vor allem um eine genaue Kenntnis des eigenen Zyklus. „Wann sind meine fruchtbaren Tage?“ stellt für viele Frauen die wichtigste Frage dar - und zwar sowohl wenn sie schwanger werden wollen, als auch, wenn sie das nicht wollen.

Doch die Apps, die Frauen zum Tracken ihrer Menstruation verwenden können, wollen oft viel mehr Daten, als nur das klassische Stricherl, wann die Regel stattfindet. Gesammelt werden von den Anwendungen häufig Daten über den Gesundheitszustand, das Sex-Leben sowie die Stimmung der Anwenderinnen. Viele dieser Daten sind so sensibel, dass man sie mit niemand anderem teilen würde - oder würdet ihr eurer Mutter, oder eurem Arbeitgeber sagen, wann ihr das letzte Mal ungeschützten Sex hattet? Doch genau das wollen die Apps wissen. Coding Rights hat ausführlich dokumentiert, was für heikle Daten von den Menstruations-Apps gesammelt werden.

Wer teilt die Daten mit Facebook?

Die britische Non-Profit-Organisation Privacy International hat einen ausführlichen Test darüber gemacht, wie Menstruations-Apps mit den Daten ihrer Nutzerinnen umgehen und mit wem sie diese teilen - und insbesondere welcher Anbieter diese mit Facebook teilt. Genauer untersucht haben sie die beliebten Apps: Period Tracker by Leap Fitness Group, Period Tracker Flo by Flo Health, Period Tracker by Simple Design Ltd, Clue Period Tracker by Biowink, Maya by Plackal Tech, MIA by Mobapp Development Limited, My Period Tracker by Linchpin Health, Ovulation Calculator by Pinkbird, Period Tracker by GP International LLC, Mi Calendario by Grupo Familia.

Dabei ist rausgekommen, dass Period Tracker by GP International LLC keine Daten mit Facebook teilt, alle anderen untersuchten Apps sehr wohl. Besonders negativ aufgefallen sind die Apps Maya by Plackal Tech und MIA by Mobapp Development Limited.

Besonders viele heikle Daten

Die Maya App, die bisher von rund fünf Millionen Menschen runtergeladen und installiert worden ist, teilt bereits mit Facebook, wenn man die App nur öffnet - und zwar ohne dass man zuvor etwas angekreuzt oder Nutzungsbestimmungen zugestimmt hat. Dabei ist die App besonders datenhungrig und Frauen können etwa angeben, wann die Brüste spannen, wann der Blutdruck zu hoch ist, wann sie besonders viele Hautunreinheiten haben, ob sie unter Verstopfung leiden, wann unter Schlaflosigkeit leidet, etc. Zudem lässt sich eintragen, ob Frauen die Pille nehmen und wie sie sich dabei fühlen: Sexy, romantisch, ängstlich oder ruhig zum Beispiel. Weiters lässt sich eintragen, wann die Nutzerinnen zum letzten Mal Sex gehabt hat und ob dieser ungeschützt oder geschützt stattgefunden hat. All diese Daten werden bei dieser App automatisiert an Facebook übertragen.

Verstoß gegen EU-Gesetze

Das Unternehmen hinter dieser App sitzt in Indien. Laut Privacy International ist es mehr als fraglich, ob die Firma diese Daten in dieser Ausführlichkeit sammeln, geschweige denn sie in Europa mit Dritten teilen darf. Doch diese App ist nicht die einzige, die datenschutzrechtlich extrem bedenklich ist und überschießend Daten sammelt.

Auch die Apps My Period Tracker by Linchpin Health mit mehr als einer Million Downloads, die App Ovulation Calculator by Pinkbird mit mehr als 500.000 Downloads und die App Mi Calendario by Grupo Familia mit mehr als einer Million Downloads übertragen Daten bereits an Facebook, wenn man die App nur öffnet. Damit wird ganz klar die EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) verletzt und die Unternehmen verstoßen gegen die EU-Gesetzgebung.

Hersteller verantwortlich

Privacy International will damit aufzeigen, dass sich die Anbieter von Menstruations-Apps nicht an die Regeln halten. „Nicht die Nutzerinnen sollen sich darüber sorgen müssen, mit wem die App, die sie ausgewählt haben, die Daten teilen, sondern die Verantwortung soll bei den Unternehmen liegen, ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen“, erklärt die NGO in einer Zusammenfassung der Analyse.

Die Hersteller müssten bereits bei der Entwicklung daran denken, was für einen Schaden sie Menschen damit zufügen könnten und Datensammlungen limitieren - vor allem von sensiblen Daten. Stattdessen werden die Daten wahrscheinlich absichtlich so detaillreich erhoben - und so fleißig mit Facebook geteilt.

Daten über Schwangere sind viel wert

Daten über schwangere Frauen sind nämlich Gold wert: Unternehmen zahlen bis zu 1,50 US-Dollar für Daten von Schwangeren, während Daten zu anderen Personen nur rund 10 Cent wert sind. Das Vermerken vom Ausbleiben der Periode in der App könnte zumindest ein Indiz dafür sein, dass eine Frau schwanger ist und das ungefähre Geburtsdatum zu kennen, ist gleich noch einmal ein paar Cent mehr wert. Schwangere sind bei Werbefirmen eine besonders beliebte Zielgruppe.

„Letztlich fehlt es an Zyklus-Apps, die mit offener und freier Software gebaut sind, und deren Sicherheit und Genauigkeit ohne weiteres nachgeprüft werden können. Gerade was den Bereich Gesundheit betrifft, gibt es hier praktisch keine vernünftigen Angebote“, sagte etwa die Berliner Forscherin Marie Kochsiek über Menstruations-Apps.

"Drip" als Alternative

Frauen, die derartige Apps nutzen, sollten vor der Nutzung von Menstruations-Apps nachsehen, was für Daten die App sammelt und mit wem sie diese teilt. An der Liste von Privacy International können sich alle, die ihre Periode digital aufzeichnen wollen, zumindest grob orientieren, welche App halbwegs privatsphärefreundlich bleibt. Wirklich datenschutzfreundlich ist aber keine auf der Liste der NGO. Wenn Frauen auf ihre Privatsphäre Wert legen, bleibt ihnen dann wirklich nur der Weg zurück zur Stricherlliste?

Kochsiek lieferte die Idee für eine Zyklus-App, die Open-Source ist, die von Programmiererinnen des Bloody Health Collective nun umgesetzt wird. Sie entwickeln "drip". Die Beta-Version von "drip" gibt es bereits für Android-Telefone, die iPhone-Version lässt noch auf sich warten. Bei "drip" bleibt die Privatsphäre von Frauen vollständig gewährleistet, jede kann selbst entscheiden welche Daten sie über sich eingibt. Diese werden mit keinen Drittfirmen geteilt. Das Projekt wird von Mozilla und der Open Knowledge Foundation gefördert und ist eine echte Alternative zu den Datenkraken.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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