Grund für das Aus von Google Plus ist unter anderem die geringe Nutzerzahl
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Aus und vorbei: Warum Google+ gescheitert ist

Als Google Ende Juni 2011 praktisch ohne Vorwarnung sein soziales Netzwerk Google+ startete, war die Überraschung - und auch die Erwartungshaltung groß. Doch schon nach kurzer Zeit entpuppte sich der vermeintliche "Facebook"-Killer als riesige Online-Wüste mit Hunderten Millionen registrierten Usern, die aber weder viel Zeit auf der Plattform verbrachten, geschweige denn diese mit persönlichen Inhalten zum Leben erweckten.

Dass selbst Google den Erfolg eines bereits etablierten Marktkonkurrenten nicht einfach kopieren kann, musste der Internetkonzern recht bald einsehen. Zunächst wurde noch versucht, die Userzahl und die Interaktion über eine erzwungene Kopplung an beliebte Dienste wie YouTube und Google Photos in die Höhe zu treiben. Das scheiterte ebenso wie einige der halbgaren Neustarts, die den Community-Aspekt stärker in den Fokus rücken wollten.

Endgültig aus und vorbei

Am heutigen 02. April 2019 ist nun endgültig Schluss. Google dreht Google+ ab und beginnt mit der Löschung sämtlicher Inhalte. Wer Fotos und andere Daten sichern will, muss sich beeilen. Mit etwas Glück sind die eigenen Daten noch nicht unter denen, die als erstes gelöscht werden. Spätestens in einigen Tagen und Wochen wird es aber zu spät sein. Einige Funktionen des Netzwerks sollen für Unternehmen als Kollaborationsplattform intern weiter genutzt werden.

Wenig überrascht über das unrühmliche Ende von Google+ ist man bei der Wiener Marketingagentur Ambuzzador, die dem sozialen Netzwerk interessanterweise schon zum Start 2011 einen schweren Stand vorhergesagt hatte. "Das Hauptproblem von Anfang an war, dass Google+ keinen Kernnutzen für User und Communities bot, mit dem sich die Plattform als einzigartiges Angebot etablieren hätte können", erklärt Ambuzzador-Geschäftsführerin Sabine Hoffmann im futurezone-Interview.

Im Marketing und in der digitalen Kommunikation von Firmen habe Google+ deshalb schon viele Jahre keine Rolle mehr gespielt. Firmen hätten Inhalte nur mehr dort gepostet, um für die Suchmaschine besser berücksichtigt zu werden, sagt Hoffmann. Dass Google+ gescheitert sei führt die Werbestrategin auch auf die starren Strukturen zurück, die Google rund um den Start des Netzwerks bereits hatte.

Zu viel Konzern, zu wenig Start-up

"Ich habe im Jahr 2014 sowohl die Firmenzentralen von Google als auch Facebook besucht. Google war damals ein etablierter Player, der sehr professionell agierte, aber bereits wenig bis gar keinen Start-up-Spirit versprühte. Facebook hingegen war viel offener und agierte damals noch uneingebildet. Sie waren den Communities persönlich viel näher als Google, eben weil sie selber ja noch eine waren. Bei Google hingegen hatte man das Gefühl: Zu viel Konzern, zu wenige Nähe zum Markt und den Communities, die man mit Google+ aber eigentlich erreichen wollte", erklärt Hoffmann.

Diese Professionalisierung, die bei Google mit der Optimierung des eigenen Geschäftsmodell sowie der Verwertung von Userdaten einhergegangen sei, mache aktuell auch Facebook zu schaffen. "Facebook muss definitiv aufpassen, dass es den Fokus auf die Nutzer und Communities nicht verliert. Andererseits haben sie das Ganze durch geschickte Zukäufe von Instagram und WhatsApp, die wieder eigene Communities mitbrachten, entschärft. Auch so etwas hat Google verabsäumt", sagt Hoffmann.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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