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Facebooks Ray-Ban Stories: Smarte Sonnenbrille im Test

Die Kameralinsen in der Brille lassen sich aus der Entfernung kaum erkennen

Vor wenigen Tagen brachte Facebooks Mutterkonzern Meta seine vernetzte Sonnenbrille Ray-Ban Stories auch in Österreich auf den Markt. Die Brille kostet 329 Euro und kommt in den Ray-Ban-Designs Round, Wayfarer und Meteor.

Sie wird als “Smart Glasses” vermarktet. Die futurezone hat die Brille in der Wayfarer-Variante getestet.

Was können die Ray-Ban Stories?

Die Brille ist mit 2 Kameras ausgestattet, mit denen man Fotos und kurze Videoclips aus der Perspektive der Träger*innen machen kann. Dank kleiner Lautsprecher in den Bügeln kann man mit der Brille über das per Bluetooth verbundene Smartphone auch Musik hören. Mikrofone ermöglichen, dass man die Brille als Freisprecheinrichtung nutzen kann.

Verwaltet und übertragen werden die aufgenommenen Fotos und Videos über eine dazugehörige App. Insgesamt 35 30-Sekunden-Clips oder 500 Fotos lassen sich auf dem internen Speicher ablegen, bevor er voll ist. 

Wer sich erwartet hatte, dass man per Augmented-Reality-Feature irgendetwas in das Sichtfeld eingeblendet kommt, wird enttäuscht. Gleichzeitig hat das Fehlen von Displays im Bereich der Gläser auch den Vorteil, dass es sich, abgesehen vom Innenleben des Rahmens, um ein gewöhnliches Brillengestell handelt. Das heißt, man kann beim Optiker auch optische Gläser einsetzen lassen, falls man eine Sehschwäche hat.

Ray-Ban Stories

Der erste Eindruck

Nimmt man die vernetzte Ray-Ban erstmals in die Hand, wirkt sie relativ wuchtig. Das liegt in erster Linie an den ungewöhnlich groß bemessenen Bügeln, in denen ein Großteil der Elektronik, wie etwa die Akkus, untergebracht ist. Das führt dazu, dass die Bügel knapp einen halben Zentimeter dick und an ihrer höchsten Stelle 1,7 Zentimeter hoch sind.

Die Kameras selbst sind aus der Entfernung kaum als solche zu erkennen. Um Datenschutzbedenken zu entkräften, hat Facebook darum eine LED in die Brille integriert. Fotografiert oder filmt man, leuchtet jene weiß auf. 

Ebenfalls eher ungewöhnlich ist das mitgelieferte Etui. In jenem wird die Brille über 2 Kontakte im rechten Brillenscharnier aufgeladen. Das Case selbst wird per USB-C an die Steckdose angeschlossen und verfügt über einen eigenen Akku. Man kann die Brille also mehrmals in dem Etui aufladen, ohne, dass das Etui selbst dazu an die Steckdose muss.

Für mich überraschend war, wie gut sich die Brille - zumindest in der uns zur Verfügung gestellten Wayfarer-Version - dennoch macht, wenn man sie erstmal aufgesetzt hat. Selbst bei Menschen mit kleinem Kopf, die im Rahmen des Tests ebenfalls die Brille ausprobiert haben, machte das Gestell im Gesicht immer eine gute Figur. Die breiten Bügel fallen dann plötzlich gar nicht mehr auf. Hier lohnte sich wohl die Zusammenarbeit mit der Luxottica-Gruppe, die die Ray-Ban-Marke besitzt und als weltgrößter Brillenhersteller eine gewisse Erfahrung mit Rahmendesigns hat. 

Bedienung

Innen am linken Bügel ist ein Ein-Aus-Schalter vorhanden, rechts oben befindet sich der Auslöseknopf für die Kamera. Die Außenseite des rechten Bügels reagiert auf Berührungen. Streicht man mit dem Finger nach vorne, wird die Musikwiedergabe lauter, nach hinten wird sie leiser. Tippt man mit dem Finger seitlich auf den Rahmen, wird die Musik pausiert bzw. die Wiedergabe fortgesetzt. 

Alternativ kann man die Brille per Sprachbefehle steuern. Zum Einsatz kommt hier der hauseigene Facebook Assistant, der derzeit aber nur in Englisch verfügbar ist. Falls man tatsächlich in der Öffentlichkeit per Sprachbefehl ein Foto machen möchte, muss man also sagen: “Hey Facebook, take a Picture”. Das funktioniert gut - sogar wenn man sich in einer etwas lauteren Umgebung befindet. 

Fotografieren, Filmen und die App

Das Filmen und Fotografieren aus der Ich-Perspektive mit Brille macht jedenfalls Spaß und eröffnet völlig neue Möglichkeiten, wenn man nicht immer das Handy rauskramen muss. Besonders beim Spazierengehen oder Radfahren machen die Schnappschüsse Laune.

Die Ernüchterung kommt beim Betrachten der Fotos (2592 x 1944 Pixel) und Videos. Die Qualität ist eher bescheiden und kann bei weitem nicht mit derer aktueller Smartphones mithalten. 

Bei Sonnenschein tut sich die Brille mit der Abwechslung zwischen Licht und Schatten schwer. Wird es etwas dunkel oder befindet man sich in Innenräumen, bekommen die Fotos und Videos ein hässliches Bildrauschen. Stimmen die Lichtverhältnisse einigermaßen, bleiben immer noch die zumeist verwaschenen Farben und verschwommene Details.

Testfotos Ray-Ban Stories

Ähnliches gilt für Videoclips, dort fällt es aber etwas weniger auf. Mit einer Auflösung von 1184 x 1184 Pixel und 30 FPS sind die Videos in der Regel eher unbeeindruckend. In der App kann man weder Foto- noch Videoauflösung oder Bildformat anpassen. Die Länge der Clips ist aktuell auf 30 Sekunden beschränkt. Im April soll ein Update kommen, das 60-sekündige Clips ermöglicht. 

In der dazugehörigen Facebook-View-App kann man die Fotos und Videos noch bearbeiten und mit Effekten versehen. Auch kann man aus den Clips Collagen erstellen, um sie dann direkt über Facebook, Instagram oder jede andere Plattform zu teilen. 

Hier 2 Testclips, die ich mit der Brille aufgenommen habe:

Warum die Brille 2 Kameras und 2 Aufnahme-LEDs hat, ist mir nicht ganz klar. Aufgenommen wird nur mit dem rechten Objektiv. Denkbar wäre, dass Facebook künftig noch per Update eine Funktion ergänzt, mit der man mit den 2 Kameras 3D-Videos aufnehmen kann. Das ist allerdings reine Spekulation.

Musik und Freisprecheinrichtung

Über die Lautsprecher in den Bügeln kann man Musik hören oder telefonieren. Da es keine klassischen Kopfhörer sind, nimmt man sehr viel von Geräuschen der Umgebung wahr. In der Praxis ist das draußen tatsächlich nicht unangenehm. 

Dafür, dass es sich um Mini-Lautsprecher in Brillenbügeln handelt, klingen die Ray-Bans wirklich gut. Einen Vergleich selbst mit billigsten Kopfhörern halten sie bei der Audioqualität aber dennoch nicht stand. Das liegt vor allem am fehlenden Bass.

Sind die Umgebungsgeräusche sehr laut (etwa an einer stark befahrenen Straße), kriegt man von der Musik aufgrund der geringen Lautstärke fast gar nichts mit. Befindet man sich in einer leisen Umgebung, ist es aber gleichzeitig laut genug, dass Außenstehende auch wissen, was man gerade hört. Man braucht also wirklich die perfekte Situation, um mit den Ray-Bans sinnvoll Musik hören zu können.

Immerhin funktioniert die Freisprecheinrichtung gut. Die Gesprächspartner*innen verstehen einen beim Telefonieren zumeist gut. 

Schwierigkeiten in der Praxis und Akkulaufzeit

Abgesehen vom Schwächeln bei den Kernfunktionen, konnte mich die Brille auch im Praxiseinsatz oft nicht überzeugen. Das beginnt zb. schon beim Einschalten. So dauert es ab dem Moment, wo man den Schalter umlegt, 30 Sekunden bevor zb. die Musikwiedergabe gestartet werden kann. Gerade, wenn man Bluetooth-Ohrhörer gewohnt ist, die sich nach 2 oder 3 Sekunden verbinden, ist das zu lange. 

Als etwas enttäuschend empfand ich im Test auch die Akkulaufzeit. Nach 3 Stunden mit 30 Fotos, 30 Videoclips und insgesamt vielleicht 2 Stunden Musikgenuss, war der Akku auf unter 20 Prozent gefallen. 30 Minuten im Etui bringen den Akkustand immerhin wieder auf mindestens die Hälfte zurück.

Pro und Contra

Pro

  • Sieht fast aus wie eine normale Brille
  • Angenehmes Tragegefühl

Contra

  • Foto- und Videoqualität bestenfalls mittelmäßig
  • Audio-Funktion etwas sinnlos 
  • Akkulaufzeit

Fazit

Eines der Hauptprobleme an Wearables war immer, dass sie seltsam aussehen, wenn man sie trägt. Genau dieses Problem hat die Ray-Ban Stories nicht. Obwohl sie in der Hand sehr klobig wirkt, sehen sie im Gesicht wie eine normale Brille aus.

Ihr Problem liegt woanders, nämlich, dass die smarten Funktionen weit hinter meinen Erwartungen zurückbleiben. Die Fotos sind in den meisten Fällen nicht gut genug, um über den Gimmick-Faktor hinauszugehen. Die Lautsprecher in den Bügeln sind eine nette Idee, aber wenn man sich ehrlich ist, hat heutzutage schon so gut wie jeder Mensch irgendwelche Bluetooth-Ohrhörer, zu denen er*sie viel lieber greifen wird. Dazu kommt die eher maue Akkulaufzeit der Brille. 

Ich finde es immer gut, wenn Unternehmen neue Gerätekategorien ausprobieren. Metas erster Versuch mit der smarten Brille kann mich aber dennoch nicht überzeugen. Ich habe bereits jetzt immer Geräte mit, die alles, was die Brille macht, noch besser können. Und der Umstand, dass ich Kameras im Gesicht habe, ist kein Killer-Feature.

Ich hoffe dennoch, dass Facebook dran bleibt und eine optisch vergleichbar dezente Brille bringt - diesmal aber mit einem Killer-Feature wie Augmented Reality. Wenn das Unternehmen es schafft genau diese Brille herzustellen und mir ins Sichtfeld etwa Navigationsanweisungen beim Radfahren einzublenden, reden wir von einem völlig neuen Usecase, den mir kein anderes Gerät bieten kann.

Aktuell muss man jedoch schon einen äußerst ausgeprägten Early-Adopter-Trieb haben, damit man rechtfertigen kann, mindestens 329 Euro für die Ray-Ban Stories auszugeben. 

Preis und Verfügbarkeit

Ab 329 Euro für das Basisgestell. Die Brille ist mit polarisierten Gläsern (ab 359 Euro), Transitions-Gläsern (409 Euro) und Korrektionsgläsern (Preis variiert) erhältlich. Die Ray-Ban Stories ist in ausgewählten Ray-Ban Stores, auf Ray-Ban.com und unter @rayban auf Instagram erhältlich.

Technische Daten laut Hersteller

  • Style
    • Wayfarer, Shiny Black
  • Größe
    • Durchmesser: 50/150, 49,6g
  • Kamera
    • Dual 5MP Kameras
    • Fotos: 2592 px X 1944 px
    • Videos: 1184 px X 1184 px @ 30 FPS
  • Audio
    • 2x Mikro Lautsprecher
    • 3 Beamforming Mikrofon Audio Systeme
  • Drahtlos
    • Bluetooth 5.0
    • 802.11 ac WiFi 2.45/5 Ghz
  • Speicher
    • Bis zu 30 30-sekündige Videos oder über 500 Fotos
  • Prozessor:
    • Ein optimierter Snapdragon Prozessor
  • Wasserfestigkeit
    • Das Produkt ist nicht dafür ausgelegt, Wasserspritzern, Untertauchen oder längerem Kontakt mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten standzuhalten
  • Batterie
    • Eine vollständig aufgeladene Brille hält bei mäßiger Nutzung* bis zu 6 Stunden
    • 70 Minuten im Ladeetui sorgen für 100-prozentige Aufladung
    • Schnellaufladung der Brille auf 50 Prozent erfolgt in 30 Minuten im Ladeetui
    • Voll aufgeladenes Etui ermöglicht dem*der Benutzer*in drei zusätzliche Aufladungen

Mäßige Nutzung definiert als: Mäßige Nutzung bedeutet eine Stunde Audio, 30 Minuten Anrufe, 10 Fotos und 10 Videos, die aufgenommen und importiert wurden, mit eingeschalteter Kommandofunktion

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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