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HP Spectre Folio im Test: So gut riecht kein anderes Notebook

Man muss sich schon was einfallen lassen, um am Notebook-Markt aufzufallen. Ein Aluminium-Gehäuse zieht kaum noch Blicke auf sich, wenn es nicht gerade violett, gold oder neongrün ist. Und der früher populäre Carbon-Look wirkt heutzutage eher angeberisch, anstatt als Indikator für ein Premium-Gerät.

HP hat sich deshalb für sein Convertible für ein anderes, hochwertiges Material entschieden: Leder. Ich habe das HP Spectre Folio 13-ak0020ng (1900 Euro) getestet und beschnuppert.

Gehäuse statt Hülle

Leder zum Schutz von Gadgets ist eigentlich nichts besonders. Handy-, Tablet- und Notebook-Hüllen aus gegerbter Tierhaut gibt es schon seit einer Weile. Nur ist es beim Spectre Folio nicht bloß eine Hülle, sondern Teil des Gehäuses.

Das Leder umschließt teilweise das Display und die Tastatur. Es ist nicht komplett bündig, da Anschlüsse und der Convertible-Klappmechanismus freiliegen müssen. Es ist aber so geschickt gemacht, dass auf den ersten Blick die Illusion entsteht, dass das Gehäuse aus Leder besteht, statt nur mit Leder überzogen zu sein.

Das Kunststück ist gelungen, Verarbeitungsmängel oder unschöne, unförmige Übergänge konnte ich nicht finden. Es ist zudem eine gute Entscheidung von HP, dass das Firmenlogo an der Ober- und Unterseite nur dezent gestanzt ist. Auf dem ersten Blick ist das Notebook so nicht als solches zu erkennen – es könnte ein edles Notizbuch sein. Dazu trägt auch der Stifthalter für den HP Pen bei. Umso größer ist der Wow-Effekt, wenn man es das erste Mal aufklappt.

Es handelt sich, wie bei diesem Preis zu erwarten ist, um echtes Leder. Entsprechend gut riecht das Notebook. Das ist eine deutliche Steigerung zum Klebstoffgeruch des Microsoft Surface Laptops. Die einzige Akzentfarbe im Lederlook des Spectre Folio sind die vier Nähte am Displaydeckel. Diese verstärken den Klappmechanismus. Dieselbe Nahtfarbe findet sich noch einmal an der Innenseite des Stifthalters.

Zum Knicken

Aufgrund des massiv wirkenden und durchgängigen Ledergehäuses fragt man sich zu Beginn, wie das Spectre Folio vom Notebook zum Convertible wird. Der Trick ist der Knick. Dieser befindet sich mittig im Lederbezug.

Ist das Spectre Folio aufgeklappt, kann man den Display-Unterteil nach vorne schieben. So kann man es in einer Position einrasten lassen, bei der nur das Touchpad frei ist. Dies ist für beengte Platzverhältnisse praktisch, wie etwa im Flugzeug. Wenn man den Winkel anpassen will, kann man es in diesem Modus auch auf den Kopf stellen.

Das Display lässt sich flach auf die Tastatur legen. Dadurch bekommt das Spectre Folio einen Tablet-Formfaktor. Allerdings ist das Gerät mit 1,47 kg eher schwer, weshalb man es im Tablet-Modus nicht lange in der Hand halten möchte. Das Aufstellen im Zelt-Modus ist ebenso möglich, wenn man das Display nicht ganz auf die Tastatur legt und das Convertible so aufstellt.

Perfekt ist das Ganze aber nicht. Im herkömmlichen Notebook-Modus ist der maximale Aufklappwinkel bei etwa 30 Grad. Für das Tippen am Schreibtisch ist das ausreichend. Habe ich das Gerät aber am Schoß, etwa um bei Konferenzen oder Vorträgen mitzuschreiben, hätte ich gerne den Bildschirm mehr aufgeklappt.

Positiv ist die Steifigkeit des Klappmechanismus. Das Display wackelt bei Berührungen und Erschütterungen weniger nach, als bei anderen Modellen. Das Einrasten in den verschiedenen Modi wird durch starke Magneten sichergestellt. Sollte man Kleingeld in der Tasche haben, in der das Notebook transportiert wird, kann es durchaus passieren, dass Cent-Münzen an der Außenseite des Spectre Folio hängenbleiben.

Leder macht dick

So schön und gutriechend das Leder auch ist: Es macht dick. Die Ränder des Displays wären nicht so dramatisch breit, durch das Ledergehäuse kommen aber 8 Millimeter seitlich und 1 Zentimeter oben hinzu. Der Klapp-Mechanismus vergrößert zudem den dicken Displayrand unten durch noch mehr nicht-nutzbare Bildschirmfläche.

Den so vergrößerten Formfaktor, in Kombination mit dem hohen Gewicht, muss man in Kauf nehmen, wenn man den Lederlook haben will. In dieser Produktkategorie zahlt man üblicherweise hohe Preise, damit das Notebook möglichst kompakt und leicht ist.

Vorbildlich ist, dass es drei USB-C-Anschlüsse gibt (1x DisplayPort, 2x Thunderbolt). Ein USB-C-auf-USB-A-Adapter wird mitgeliefert. Ansonsten gibt es noch einen Kopfhörer-Anschluss. Ebenfalls im Lieferumfang enthalten ist ein USB-C-Netzteil mit geflochtenem Kabel und der HP Pen. Der HP Pen Stift wird ebenfalls per USB-C aufgeladen.

Tastatur und Touchpad

Die Tasten sind hintergrundbeleuchtet. Es stehen zwei Helligkeitsstufen oder das Ausschalten der Beleuchtung zur Auswahl. Die Abstände der Tasten sind angenehm groß. Die Tasten sind sehr flach. Um das auszugleichen, ist der Widerstand beim Drücken eine Spur höher als bei anderen Notebooks. Es tippt sich akzeptabel, aber bei anderen Notebooks fühlt es sich besser an. Die Lautstärke beim Tippen ist angenehm gering – lediglich die Leertaste ist ein wenig lauter.

Das Touchpad ist, gemessen an der Gesamtgröße des Spectre Folio, eher klein. Multitouch-Gesten sind deshalb eher schwieriger, bzw. besteht immer die Gefahr, dass man dabei das Touchpad mit den Fingern verlässt. Außerdem gibt es eine kurze Verzögerung bei der Eingabe von Multitouch-Gesten. Diese gibt es nicht, wenn man dieselbe Geste am Touchscreen macht.

Wer lieber klickt als tippt, wird mit dem Touchpad wenig Freude haben. Das Klicken geht relativ streng. Die Zone für den Rechtsklick ist klein, was aufgrund der ohnehin schon kleinen Größe des Touchpads nervig ist.

Der mitgelieferte HP Pen ist angenehm groß. Auch die Taste am Stift ist gut zu erreichen. Die Präzision ist in Ordnung. Der Druck, bis die erste Berührung am Display erkannt wird, ist eine Spur zu hoch. Dies merkt man etwa, wenn man versucht, besonders fein am Bildschirm zu zeichnen.

Display und Lautsprecher

Der 13,3 Zoll große Touchscreen hat die FullHD-Auflösung 1.920 x 1.080 Pixel. Auch wenn 16:9-Displays immer noch der Standard sind, bevorzuge ich bei Arbeitsgeräten mittlerweile andere Formate, wie das 3:2-Verhältnis von Microsofts Surface Laptop.

Die Darstellung des Displays ist gut, was Farbsättigung und Kontrast angeht. In der Werkseinstellung sind die Farben eine Spur zu kühl, was aber mit der Displaykalibrierung behoben werden kann. Die vertikalen Blickwinkel sind relativ stabil. Bei horizontalen Veränderung wird die Darstellung nur etwas dunkler, man erkennt aber den Inhalt immer noch gut. Die Spiegelung des Displays ist eher stark. Hier reicht die maximale Helligkeit nicht aus, um ausreichend gegenzusteuern.

Die lange Lautsprecherleiste wird zwar mit dem Bang & Olufsen-Schriftzug geschmückt, eine entsprechende Audioqualität erhält man aber nicht. Es gibt keinen Bass und der Klang ist zu scharf. Bei hohen Lautstärken wird es nur noch schlimmer und in den anderen Display-Modi klingt der Sound entweder dumpf oder scheppernd.

Leistung und Laufzeit

Das von mir getestete Spectre Folio war das Modell 13-ak0020ng. Dieses hat eine Intel Core i7-8500Y CPU, 16 GB RAM und eine 1 TB SSD. Das ist mehr als ausreichend für den Arbeitsalltag und auch für Bild- und Videobearbeitung geeignet, solange man es nicht übertreibt. Der Bremser ist der integrierte Graphics 615-Chip. Aktuelle Games oder aufwendigere Grafik- und Videobearbeitungen, sind nur eingeschränkt möglich.

Dafür gibt es aber keine Lärmbelästigung. Das Spectre Folio verzichtet nämlich auf einen aktiven Lüfter. Fast schon überraschend, kommt es dennoch zu keiner starken Temperaturentwicklung. Die Befürchtung, dass der Lederbezug einen Hitzestau im Gerät auslöst, erfüllt sich nicht. Die stärkste Wärmeentwicklung gibt es im Bereich der Lautsprecherleiste – mit der man üblicherweise nicht in Berührung kommt.

Das nicht ganz so helle Display und die Nutzung der lüfterlosen CPU, ermöglicht eine lange Akkulaufzeit. Den Arbeitstag samt Überstunden hält das Spectre Folio locker durch. Und selbst danach wäre noch genug Akku für Feierabend-Netflix vorhanden. Im Test war eine Laufzeit von 10 bis 12 Stunden mit Multimedia-Nutzung möglich. Bei reiner Arbeitsnutzung, also hauptsächlich Textverarbeitung, Browser, E-Mail, sind vermutlich sogar 12 bis 14 Stunden Laufzeit drin.

Fazit

Das Spectre Folio ist schön zum Ansehen, Angreifen und Anriechen. Für die elegante Lederbekleidung muss man aber Kompromisse eingehen. Das kleine Touchpad ist nicht optimal und der Preis ist hoch. Selbst in der günstigsten Ausstattungsvariante kostet es 1700 Euro. Auch ist aufgrund des Leders das Gerät größer und schwerer als vergleichbare Notebooks mit 13,3-Zoll-Bildschirm.

Wer ein Gerät mit der möglichst besten Mischung aus Portabilität und Leistung für das mobile Arbeiten sucht, wird mit anderen Notebooks und Convertibles glücklicher werden – die oft auch günstiger sind. Dazu gehört etwa das HP Spectre X360 13 oder der Microsoft Surface Laptop 2. Wenn man aber das gewisse Extra (und Ledergeruch) mag, ist das Spectre Folio konkurrenzlos am Convertible-Markt.

 

Technische Daten auf der Website des Herstellers

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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