© Gregor Gruber

Phablet

Huawei P8 max im Test: Ein Smartphone für Riesen

Die Größe von Smartphones ist ein heikles Thema. Während so mancher Smartphone-Veteran immer noch von der “perfekten Größe des iPhone 3GS” schwärmt, wollen auch viele Nutzer ihr Phablet nicht mehr missen. Die goldene Mitte gibt es durchaus, allerdings ist diese in den letzten Jahren konstant größer geworden. Vor einigen Jahren galten 4,7 Zoll noch als die perfekte Bildschirmdiagonale, mittlerweile haben sich alle auf 5,3 Zoll geeinigt.

Doch immer wieder gibt es Smartphones, die diese Grenzen ignorieren und für neue Maßstäbe sorgen. 2013 sorgte etwa Samsung mit dem Galaxy Mega für Aufsehen - der 6,3 Zoll große Bildschirm hatte nicht in jeder Hosentasche Platz. Und auch Sony reizte 2013 die Grenzen der Phablet-Kategorie aus und veröffentlichte mit dem 6,44 Zoll großen Sony Xperia Z Ultra sein bislang größtes Smartphone. Der chinesische Smartphone-Aufsteiger Huawei ließ es sich da nicht nehmen und legte mit dem Huawei P8 max noch einmal ordentlich nach: Stolze 6,8 Zoll (rund 17 Zentimeter) misst der Bildschirm des Smartphone-Riesen in der Diagonale. Ist das noch ein Smartphone oder bereits ein Tablet? Die futurezone hat sich mit dem alles andere als unscheinbaren Riesen in die Öffentlichkeit gewagt.

Huawei versucht es nicht zu verstecken: Das P8 max ist ein aufgeblasener Ableger des Flaggschiffs P8. Der Sprung ist jedoch gewaltig. Während der Bildschirm des P8 geradezu schlanke 5,2 Zoll misst, ist das P8 max mit 6,8 Zoll fast schon ein kleines Tablet. Um den Unterschied zu verdeutlichen: Das P8 max nimmt eine Grundfläche von 170 Quadratzentimetern ein, knapp 63 Prozent mehr als das P8 (104,5 Quadratzentimeter). Doch der wuchtige Eindruck aus der Ferne täuscht. Trotz des Riesenformats lässt sich das P8 max erstaunlich angenehm halten und bedienen.

Vor allem das eigentlich wuchtige Gewicht von 228 Gramm wird gut versteckt. Der Schwerpunkt wurde relativ angesetzt. Das erleichtert die Bedienung spürbar, da man das Smartphone meist an der Unterseite festhält. Überraschenderweise lässt sich das Smartphone sowohl mit einer als auch zwei Händen bedienen. Die einhändige Bedienung ist allerdings durch die schiere Größe stark eingeschränkt. Mit dem Daumen können nur knapp zwei Drittel des knapp 15 Zentimeter langen Displays abgedeckt werden. Leider bietet Huawei auch keinerlei Software-Tricks an, mit denen sich das Smartphone einfacher bedienen lassen würde - ungewöhnlich, da Huawei in anderen Smartphones, beispielsweise dem Ascend Mate 7, einen Modus für einhändige Bedienung implementiert hat.

Hässliches Extra

Das Design des P8 wurde weitestegehend beibehalten. Das Unibody-Gehäuse des Smartphones besteht aus gebürstetem Aluminium, das lediglich an der Rückseite durch einen schmalen Kunststoffstreifen unterbrochen wird. Dieser dürfte für die Antennen notwendig sein. Die Kanten wurden mit einer Fase entschärft, die für eine hochwertige Optik sorgt. Auch die geringen Spaltmaße sowie der relativ kleine Rahmen rund um den Bildschirm hinterlassen einen positiven Eindruck. Eine “Dreingabe” trübt das Bild jedoch etwas: Huawei hat eine Schutzfolie auf das Display geklebt, die anhand der Aussparungen für die Frontkamera und den Lautsprecher deutlich sichtbar ist. Eine nette Idee, optisch aber wenig ansprechend. Zudem ist ohnedies Gorilla Glass 3 verbaut, das vor leichten Kratzern schützen sollte.

Wer an der Unterseite nach dem microUSB-Anschluss sucht, sucht am falschen Ort. Dort sind lediglich die Öffnungen für den etwas enttäuschenden Lautsprecher zu finden. Die Anschlüsse - sowohl für den Kopfhörer als auch das microUSB-Kabel - sind gesammelt oben links zu finden. Die Power-Taste wurde glücklicherweise an das Format angepasst und ist groß genug, um blind ertastet zu werden. Auch die Lautstärkewippe wurde etwas breiter ausgeführt und hochwertig verarbeitet. Das Huawei P8 max kommt mit zwei Slots, in die Speicher- und SIM-Karten (microSD, microSIM) eingelegt werden können. Dabei ist es dem Nutzer überlassen, ob er das Smartphone mit zwei SIM-Karten oder einer SIM-Karte und einer SD-Karte verwenden möchte.

Da das P8 max allerdings mit mindestens 24,7 Gigabyte an internem Speicherplatz ausgeliefert wird, sollte es keinen akuten Bedarf für eine Speichererweiterung geben.

Das P8 max setzt im Gegensatz zu seinem kleinen Bruder auf ein LTPS-Panel (Low Temperature Polycrystalline Silicon), das im direkten Vergleich mit den weit verbreiteten IPS-Panelen deutlich weniger Energie verbraucht sowie heller und kontrastreicher ist. Der einzige bekannte Nachteil: Die Lebensdauer von LTPS-Panelen ist deutlich geringer. Optisch kann der LC-Bildschirm jedoch voll überzeugen. Der Bildschirm setzt trotz seiner rekordverdächtigen Größe lediglich auf Full HD (1920 mal 1080 Bildpunkte). Die Pixeldichte von 324 ppi reicht jedoch für eine scharfe Darstellung aus, einzelne Pixel sind kaum mit freiem Auge erkennbar.

Das LTPS-Panel glänzt vor allem bei der Farbdarstellung, da die Farben einen natürlichen Eindruck erwecken und im Gegensatz zu vielen AMOLED-Panels nicht überzeichnet wirken. In der Voreinstellung sind sie jedoch relativ kalt. Huawei gibt dem Benutzer aber glücklicherweise die Möglichkeit, die Farbtemperatur mit einem Schieberegler einzustellen. Bei den Schwarzwerten kann man nicht mit den AMOLED-Panelen mithalten, die hohe Helligkeit sorgt aber dennoch für gute Kontrastwerte. Die Blickwinkelabhängigkeit ist hervorragend, auch aus steilen Winkeln bleibt der Bildschirminhalt unverfälscht erkennbar. Lediglich der stark spiegelnde Bildschirm schränkt die Lesbarkeit gelegentlich ein.

Huawei verbaut im P8 max den Octacore-Chip Kirin 935, der von seiner hauseigenen Chip-Schmiede HiSilicon entwickelt wurde. Der 64-Bit-Chip kann zwar ordentliche Leistung vorweisen, mit den aktuellen High-End-Chips von Qualcomm und Nvidia kann man aber nicht mithalten. Vor allem die relativ lahme Mali-GPU (T628 MP4) und der etwas langsamere Arbeitsspeicher (LPDDR3 statt LPDDR4) lassen den Kirin in einigen Benchmarks zurückfallen. Im Alltag fällt das jedoch kaum auf. Sowohl CPU als auch GPU sorgen für ausreichend Leistung, um die relativ verspielte Emotion-Oberfläche flüssig darzustellen sowie um aktuelle 3D-Spiele ohne Ruckler wiederzugeben.

3DMark (Ice Storm Extreme, v1.2): 5.826 Punkte
AndroBench (Version 4.0.1, sequentielles Lesen/Schreiben): 147,09 / 113,43 MB/s
AnTuTu (v6.0.1): 48.413 Punkte
PCMark (v1.1): 4.282 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 13.168 Punkte

Zudem erweist sich der Chip als energiesparend - man kann allerdings auch auf relativ große Reserven zurückgreifen. Huawei reizt die Größe des Smartphones aus und verbaut einen rekordverdächtigen 4.360-mAh-Akku im P8 max. Wer nun auf eine Woche Laufzeit hofft, wird jedoch enttäuscht. Im Test überstand das Smartphone meist zwei Tage, bei leichter Nutzung kam man auch zweieinhalb Tage ohne Laden aus. Ein “Ultra-Energiesparmodus” reduziert die Funktionalität des Smartphones auf Telefonie und SMS, um den Akku auch bei geringem Ladestand voll auszureizen. Huaweis Software hilft dem Nutzer dabei, mögliche Stromfresser ausfindig zu machen. Fällt eine App durch hohen Energieverbrauch im Hintergrund auf, wird der Benutzer benachrichtigt. Zudem kann eine App Empfehlungen abgeben, wie der Akkuverbrauch optimiert werden kann, beispielsweise durch Deaktivieren von GPS und Vibration oder dem Reduzieren des Display-Timeouts.

Fans von Androids Stock-Launcher wird beim P8 max ein eisiger Schauer über den Rücken laufen: Huawei setzt auf Android 5.1.1 (ein Update auf Android 6.0 ist in Vorbereitung), das mit dem hauseigenen Launcher Emotion UI versehen wurde. Die Android-Oberfläche des chinesischen Herstellers ist für Android-Nutzer gewöhnungsbedürftig, da sie auf eine App-Liste verzichtet. Stattdessen werden alle installierten Apps automatisch auf dem Homescreen platziert - wie man es bereits von Apples iOS kennt. Gewöhnungsbedürftig, doch dieser Modus hat auch seine Vorteile. So wird man als Nutzer fast dazu gezwungen, seine Apps in Ordnern zu kategorisieren und aufzuräumen. Typisch für eine chinesische Android-Oberfläche: Es ist relativ einfach möglich, die Optik des Betriebssystems nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Huawei bietet passend dazu auch einen Theme-Store an, in dem Nutzer ihre selbst erstellten Designs, Schriftarten, Hintergrundbilder und Klingeltöne anbieten können. Mit Ausnahme der Google-Apps und der werbefreien WPS Office Suite wird auf Apps von Drittherstellern verzichtet. Huawei hat lediglich einige hauseigene Apps vorinstalliert, die den Alltag erleichtern sollen, beispielsweise eine Backup-, eine Wetter- sowie eine Memo-App. Als praktisch erwies sich auch der Telefonmanager, mit dem rasch der interne Speicher bereinigt oder Anrufsperren eingerichtet werden können.

Huawei setzt beim P8 max auf den gleichen Kamera-Sensor wie im Huawei P8. Eine gute Entscheidung, denn das P8 fiel bereits im Vergleichstest mit anderen Smartphone-Kameras positiv auf. Der 13-Megapixel-Sensor erzielt dank einer lichtstarken Optik (f/2.0) und einem optischen Bildstabilisator auch bei schwachen Lichtverhältnissen gute Aufnahmen mit geringem Rauschen. Im direkten Vergleich mit dem P8 ließ sich daher auch kein Unterschied bei den Aufnahmen erkennen - ganz im Gegensatz zum Handling. Denn auch wenn das P8 max ohne Zweifel ein Smartphone ist, beim Fotografieren hat man hin und wieder das Gefühl, ein Tablet in Händen zu halten. Aufgrund des hohen Gewichtes ist man geradezu dazu gezwungen, das Smartphone mit beiden Händen zu halten, wenn man eine ruhige Aufnahme erzielen möchte. Dabei passierte es jedoch immer wieder, dass ein Finger auf der Linse landete, da diese im oberen linken Eck platziert wurde.

Abgesehen davon ist vor allem die Kamera-App gut gelungen und glänzt durch zahlreiche Modi und Einstellungen. So kann die Belichtungskorrektur direkt beim Fokus vorgenommen werden, ISO, Weißabgleich und andere Optionen verstecken sich aber leider weiterhin in den Tiefen der Menüs. Wie bem P8 besteht auch hier die Möglichkeit, “Lichtmalerei” mit Langzeitbelichtung und Stativ durchzuführen sowie Zeitraffer-Aufnahmen zu machen. Bei der Video-Aufnahme ist man auf Full HD mit 30 Bildern pro Sekunde beschränkt - die Bildrate kann jedoch nicht frei bestimmt werden.

Das Huawei P8 max ist vieles, aber nicht dezent. Wenn man sich mit diesem Riesen-Smartphone in der Öffentlichkeit blicken lässt, sind einem die Blicke der Nahestehenden sicher. Doch wer das P8 max als ein Smartphone für Angeber abstempelt, tut dem Exoten Unrecht. Denn die Größe hat auch Vorteile im Alltag: Neben einer konkurrenzlos guten Akkulaufzeit ließen sich vor allem Comics, Webseiten und eBooks deutlich angenehmer auf dem 6,8-Zoll-Display lesen. Im Grunde genommen ist das P8 max das erste Gerät, das die Bezeichnung Phablet - eine Kreuzung aus Smartphone und Tablet - wirklich verdient. Denn das P8 max hat durchaus das Potenzial, ein kleines Tablet zu ersetzen, dabei aber auch die Funktionen eines Smartphones zu übernehmen.

Der Preis von 599 Euro (UVP) erscheint jedoch in Anbetracht der gebotenen Leistung zu hoch. Das P8 max ist in dieser Größenklasse aber weitestgehend konkurrenzlos. Lenovos Phab Plus, das auf das gleiche Format setzt, dürfte es wohl nicht nach Österreich schaffen. Wer sich bereits mit sechs Zoll zufrieden geben kann, bekommt für rund 450 Euro bereits das von Motorola gefertigte Nexus 6, das zudem mit aktuellen Android-Updates versorgt wird. Sony bietet mit dem C5 Ultra (399 Euro) ebenfalls einen relativ günstigen Einstieg in die Phablet-Welt an.

Modell:
Huawei P8 Max
Display:
6,8 Zoll IPS LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 324 ppi)
Prozessor:
Octacore-SoC (HiSilicon Kirin 935)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
32/64 GB intern, microSD-Kartenslot (belegt SIM-Kartenslot)
Betriebssystem:
Android 5.1.1 (Upgrade auf Android 6.0 geplant)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (a/b/g/n/ac), LTE
Akku:
4.360 mAh
Kamera:
13 Megapixel (Rückkamera, Dual-LED-Blitz, f/2.0, optischer Bildstabilisator), 5 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
182,7 x 93 x 6,8 mm, 228 Gramm
Preis:
599 Euro (UVP)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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