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iPhone Xs Max im Test: Kein Grund, um vom Note 9 zu wechseln

Nachdem sich mein Kollege Martin dem iPhone Xs angenommen hat, wurde mir das Vergnügen zuteil, das Xs Max zu testen. Während er ein langjähriger iPhone-User ist (ich glaube nicht, dass er jemals freiwillig länger als fünf Minuten ein Android-Handy in der Hand hatte), bin ich ein Haupt-Android- und opportunistischer iPhone-Nutzer. Deshalb lasse ich in diesem Test das iPhone Xs Max gegen das derzeit vermutlich beste Android-Smartphone antreten: das Samsung Galaxy Note 9.

Der Vergleich ist angebracht: Das Xs Max ist Apples aktuelles Spitzenmodell mit dem größten Display, auf Samsung-Seite ist dies das Note 9. Beide haben OLED-Displays, versprechen lange Laufzeit durch große Akkus und sind teuer. Während das Note 9 mit 128 GB Speicher 999 Euro kostet (UVP, bei Online-Händlern ab 870 Euro), kostet das Xs Max mit 64 GB Speicher 1.249 Euro. Mit 512 GB gibt es das Note 9 um 1249 Euro (UVP). Das Xs Max kostet in dieser Speichergröße 1.649 Euro – um 400 Euro mehr.

Design

Das Xs Max ist zweifelsohne ein hübsches Gerät. Besonders die Übergänge zwischen Metallrahmen und Glas sind beinahe nahtlos, während sie beim Note 9 merklich sicht- und fühlbar sind.

Was dafür beim Note 9 besser gelöst ist, ist der Rand links und rechts zwischen Display und Rahmen. Durch das gebogene Display wirkt dieser dünner. Im direkten Vergleich sehen diese Ränder beim iPhone Xs Max fast schon dick aus, obwohl sie kaum größer sind. Dafür ist aber der Rand unten angenehm dünn, im Vergleich zum Note 9.

Der Notch

Beim iPhone X war ich noch angetan vom Notch als Designelement. Beim iPhone Xs Max nervt er mich. Im Vergleich zu anderen Android-Handys, die seitdem erschienen sind, wirkt er riesig und wie ein Störfaktor, der ins Display rein ragt.

Nerv-Grund Nummer zwei: Es ist nicht möglich dauerhaft die Akkuladung in Prozent anzeigen zu lassen, weil neben dem Notch kein Platz dafür ist. Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen: Das Xs Max hat ein 6,5 Zoll großes Display und trotzdem keinen Platz für maximal vier Zeichen mehr (100%). Natürlich hätte man das Lösen können, indem man statt dem Batterie-Icon eine Prozentzahl anzeigen lässt, aber das würde der Philosophie widersprechen: „Wir wissen besser, was der Kunde will, als der Kunde selbst.“ Wer den Akkustand in Prozent sehen will, muss nach unten wischen, um die Schnelleinstellungen zu öffnen.

Handhabung

Obwohl das Xs Max ein paar Gramm mehr wiegt als das Note 9, fühlt es sich leichter in der Hand an. Das liegt auch daran, dass es gut einen Millimeter dünner ist – wenn man die hässlich hervorstehende Kamera nicht dazurechnet. Solange man das Xs Max in der Hand hält, ist die schlanke Linie angenehm. Wenn man aber tippen will, wenn es am Tisch liegt, wackelt es durch die hervorstehende Kamera.

Die runden Kanten lassen das Xs Max angenehmer in der Hand liegen als das Note 9. Ein Störfaktor in der Haptik ist, dass das Xs Max hohl klingt, wenn man mittig auf das Display tippt. Auch an der Rückseite ist das so. Das beeinträchtigt die Funktion zwar nicht, aber ich will nicht, dass ein 1.249 Euro teures Smartphones „hohl“ klingt bzw. sich so anfühlt.

An die Homebutton-lose Bedienung per Wischgesten habe ich mich schnell gewöhnt. Das im Homescreen halb nach oben wischen, um die geöffneten Apps anzuzeigen, geht mir aber zu langsam. Und das die Wischgeste (vom oberen Rand nach unten) für die Benachrichtigungsleiste und die Schnelleinstellungen dieselbe ist, nur einmal rechts am Display und einmal mittig oder links, ist ungewohnt.

Siri statt ausschalten

Sowohl Apple als auch Samsung versuchen, ihre Sprachassistenten zu pushen. Samsung ist dabei so extrem, dass es eine eigene Hardware-Taste für Bixby gibt, deren Umbelegung oder Deaktivierung von Seiten des Herstellers nicht vorgesehen ist. Apple geht für Siri zwar nicht ganz so weit, leistet sich aber einen ähnlichen Fauxpas.

Wird beim iPhone Xs Max die Standby-Taste lange gedrückt, öffnet sich Siri. Es ist eine der intuitivsten Steuerungsoptionen bei Smartphones - seit es Smartphones gibt - dass durch das Langedrücken der Standby-Taste das Gerät ausgeschaltet wird. Natürlich kann man argumentieren, dass man als Handysüchtiger das Smartphone sowieso nicht ausschaltet. Dennoch: really, Apple?

Deaktiviert man in den Einstellungen den Start von Siri durch Drücken der Seitentaste, passiert übrigens gar nichts mehr, wenn man die Standby-Taste lange drückt. Will man das Xs Max ausschalten, muss man die Standby-Taste und eine der Lautstärken-Tasten lange gedrückt lassen. Screenshots werden nach wie vor durch kurzes Drücken der Lauter-Taste und der Standby-Taste gemacht.

Display

Das Xs Max verwendet, wie auch das Note 9, ein OLED-Display. Beim Xs Max ist die maximalle Helligkeit höher, wodurch die Darstellung auch etwas sauberer wirkt. Im direkten Vergleich scheint das Note 9 einen leichten Grauschleier zu haben – im Alltagsgebrauch fällt dieser nicht auf.

Dafür hat das Note 9 aber eine etwas kontrastreichere und gesättigtere Darstellung. Bei manchen Fotos sind dadurch mehr Details am Note 9 sichtbar als beim Xs Max. Beim Max schauen dafür Hauttöne von Menschen authentischer aus. Insgesamt gefällt mir das Xs-Max-Display besser, da auch beim Browsen und Lesen von E-Mails die sauberere Darstellung angenehmer ist. Ein „echtes“ Weiß wie bei den neueren LC-Display-iPhones gibt es aber nicht: Das Xs Max hat einen leichten Gelbstich.

Schade ist, dass Apple den OLED-Bildschirm des Xs Max nicht nutzt, um eine Always-On-Display-Funktion anzubieten. Da es auch keine Benachrichtigungs-LED gibt, muss man das iPhone immer anstubsen oder in die Hand nehmen um zu sehen, ob man eingehende Nachrichten, Mails oder Anrufe verpasst hat. Kein Wunder also, dass iPhone-User in Minutentakt ihr Handy in die Hand nehmen, wenn es neben ihnen auf dem Tisch liegt. Die Alternative ist, die Benachrichtigung durch den LED-Blitz zu aktivieren, oder sich im App Store nach Workarounds umzuschauen.

Leistung

Obwohl die Kapazität des Akkus beim Xs Max deutlich geringer ist als beim Note 9, wirkt sich das kaum auf die Laufzeit aus. Der Akku ist um gut 20 Prozent kleiner, dennoch habe ich bei gleicher Nutzung am Ende des Tages noch 20 bis 40 Prozent Restladung beim Xs Max, genau wie mit dem Note 9.

Abgesehen von Benchmarks ist das Xs Max auch im Alltagsgebrauch eine Spur schneller als das Note 9. So öffnen manche Apps bis zu 1,5 Sekunden schneller und auch das Wechseln von der Haupt- zur Frontkamera ist eine Spur schneller. Mails in den jeweiligen First-Party-App-Mailprogrammen werden beim Xs Max ebenfalls flotter geöffnet.

Bei der Zusatzausstattung punktet wiederum das Note 9. Es hat den Stylus und der interne Speicher kann mit einer SD-Karte erweitert werden. Alternativ kann der MicroSD-Slot für eine zweite SIM-Karte genutzt werden. Das Xs Max unterstützt ebenfalls zwei SIM-Karten, allerdings ist eine davon eine fest verbaute eSIM, die vom Provider bespielt werden muss. Und für wen es relevant ist: Das Note 9 hat noch eine 3,5mm-Audiobuchse.

Kamera

Sowohl das iPhone Xs Max als auch das Note 9 setzen auf eine Doppel-Kamera mit einer normalen Weitwinkel-Kamera und einer Kamera im Telebereich, deren Brennweite in etwa einem optischen 2-fach Zoom entspricht. Wie üblich haben beide Hersteller die Kameras so optimiert, dass die Darstellung auf den jeweiligen Displays am besten aussieht. Dennoch lassen sich deutliche Unterschiede erkennen – sowohl auf den jeweiligen Geräten, als auch auf einem „neutralen“ Computerbildschirm.

Das Note 9 setzt auf eine sehr authentische Darstellung und einen Weißabgleich, der zu einem neutralweiß neigt. Dadurch können manche Fotos kalt aussehen. Das Xs Max geht in die andere Richtung. Die Fotos sind teilweise brutal übersättigt und tendenziell überbelichtet. Dadurch können Details verloren gehen. Der Weißabgleich geht stark zu warmen Farben. Auf dem Computerbildschirm fallen diese unnatürlichen Aufnahmen besonders stark auf. Am Xs Max sehen die Fotos zwar gut aus, aber wer Wert auf natürliche Ablichtungen legt, wird damit nicht glücklich werden.

Bei Nachtaufnahmen schneidet das Note 9 deutlich besser ab. Die Fotos sind weniger blass, schärfer und detailreicher. Das Bildrauschen ist beim Note 9 etwas größer, was aber angesichts der allgemein höheren Qualität nicht störend auffällt.

Porträts

Die Frontkamera beim Xs Max sättigt die Hautfarbe bei Porträts unnatürlich stark, während sie beim Note 9 ein wenig zu blass ist. Dafür sieht das weiße in den Augen beim Note 9 schöner aus. Bei Details und Schärfe gibt es keinen klaren Sieger, da, je nach Aufnahmesituation, hier mal das Xs Max und mal das Note 9 besser abgeschnitten hat.

Was beim Xs Max deutlich besser funktioniert ist der Porträt-Modus mit der Hauptkamera, der bei Samsung Live-Fokus heißt. Beim Xs Max ist der Spielraum beim maximalen und minimalen Abstand zum Motiv größer – beim Note 9 ist das ein echtes Ärgernis. Der künstliche Unschärfeeffekt ist beim Xs Max präziser. Er lässt zwar in den hohen Einstellungen auch Teile des Motivs verschwinden, die eigentlich auf derselben Bildebene sind, aber er ist bei Weitem nicht so ungenau wie beim Note 9.

Fazit

Danke, aber nein danke. Das iPhone Xs Max ist ein tolles Gerät, kann mich aber nicht dazu bringen, vom Note 9 zu wechseln. Dazu fehlen mir ein paar Features und das Wenige, was das Xs Max besser macht, kann nicht die Nachteile und den höheren Preis wettmachen. Wer allerdings nicht von einem Android-Spitzenmodell sondern einem Einsteiger- oder Mittelklasse-Gerät zum Xs Max wechselt, wird begeistert sein.

Geht es darum von einem iPhone 8 Plus oder 7 Plus umzusteigen: Ihr habt meinen Segen. Die längere Akkulaufzeit und das bessere Rahmen/Display-Verhältnis sprechen für das Xs Max – sofern man die mindestens 1.249 Euro dafür ausgeben will. Wer noch ein wenig Geduld hat, sollte den Test des Xr abwarten. Dessen Größe liegt mit 6,1 Zoll zwischen Xs und Xs Max und der Preis ist mit 849 Euro (64 GB) deutlich günstiger.

 

Technische Daten des iPhone Xs Max auf der Website des Herstellers

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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