Die Kamera in Taschenlampenform
Die Kamera in Taschenlampenform
© Thomas Prenner

Lytro-Kamera im Test: Innovatives Spielzeug mit Tücken

Lytro-Kamera im Test: Innovatives Spielzeug mit Tücken

Die Lytro ist die erste Lichtfeldkamera für den nicht-wissenschaftlichen Einsatz. Sie wurde 2012 vorgestellt und kurz darauf in den USA auf den Markt gebracht. Seit Sommer 2013 ist die Kamera auch in Österreich und Deutschland erhältlich.

Das Unternehmen hinter der Kamera wurde 2006 von Ren Ng gegründet. Der Australier mit malaysischen Wurzeln forschte bereits jahrelang an der US-Universtität Stanford an den Lichtfeldkameras (auch plenoptische Kameras genannt) und machte in diesem Fachgebiet auch seinen Doktor.

Die Technik

Das besondere an der Technik der Lytro ist es, dass nicht nur die Position und Intensität von Lichtstrahlen aufgenommen wird, sondern auch aus welcher Richtung sie einfallen. Im Falle der Lytro funktioniert das mithilfe eines Gitters aus Linsen, das vor dem lichtempfindlichen CMOS-Sensor sitzt. Dadurch werden eine Reihe von Einzelbildern erzeugt und im Nachhein mit einer speziellen Software zusammengesetzt.

Diese Technik ermöglicht es, mit entsprechender Software den Schärfebereich eines Fotos im Nachhinein zu bestimmen. Das birgt eine Reihe von Vorteilen: Stellt man im ersten Moment falsch scharf, kann man das einfach im Nachhinein korrigieren. Dadurch, dass die Kamera vor dem Auslösen nicht fokussiert, lassen sich außerdem Fotos ohne viel Verzögerung machen.

Bauweise und Verarbeitung

Laut den Machern soll die Lytro eine Kamera sein, wie man sie bislang noch nicht gekannt hat. Dieser Aussage muss man schon aufgrund der eigenwilligen Bauweise zustimmen. So erinnert die Lytro mehr an eine Taschenlampe als an ein Gerät zum Fotografieren. Mit einer Größe von 41 x 41 Millimeter und einer Länge von 112 Millimeter bei einem Gewicht von 214 Gramm liegt die Lytro dennoch gut in der Hand.

Der vordere Teil besteht aus gebürstetem Aluminium, der hintere Teil ist gummiert. Die Bedienung der Kamera ist simpel und schnell erklärt. Eingeschaltet wird die Lytro über einen Knopf an der Unterseite des Gehäuses, oben findet sich der Auslöser. Die Lytro verfügt über einen achtfachen optischen Zoom, den man über einen berührungsempfindlichen Regler an der Oberseite bedient. Hier hätte man sich vielleicht eine andere Lösung überlegen sollen, denn im Alltag kommt es durch die Positionierung des Reglers immer wieder vor, dass man den Zoom unabsichtlich betätigt.

Mit dem Rechner verbindet man die Lytro über ein gewöhnliches microUSB-Kabel, über das sie auch geladen wird. Der entsprechende Anschluss liegt an der Unterseite und wird durch eine Gummiabdeckung geschützt. Die Kamera hat keinen Slot für Speicherkarten, sämtliche Fotos werden direkt auf dem internen Speicher abgelegt, der je nach Modellvariante acht oder 16 Gigabyte beträgt. Stativgewinde ist keines vorhanden.

In Sachen Verarbeitung kann man die Lytro nicht kritisieren. Das Gehäuse macht einen äußerst widerstandsfähigen und sauber gebauten Eindruck. Auch widrige Außenbedingungen, wie etwa Regen, hat die Lytro im Test gut und ohne Schaden überstanden.

Das Display

Weniger positives lässt sich über das rückseitige Display der Lytro sagen. Hier wurde vonseiten des Herstellers übertrieben gespart, denn die Anzeige ist schlichtweg furchtbar. Nicht nur, dass das Display aufgrund der Bauweise mit einer Diagonale von 1,46 Zoll (3,7 Zentimeter) winzig ist, auch die Qualität der Anzeige lässt zu wünschen übrig. Die Auflösung beträgt lediglich 128 x 128 Pixel, was dazu führt, dass man jedes einzelne Pixel erkennen kann.

Ähnlich schlecht sieht es bei den Betrachungswinkeln aus. Schaut man nicht gerade auf das Display, sondern etwas von oben oder von unten, wird die Anzeige sofort zu dunkel und Farben werden verfälscht. Dieser Umstand stört im Alltag mit der Lytro außerordentlich, da gerade die eigenwillige Bauweise immer wieder dazu einlädt, aus etwas exotischeren Blickwinkeln zu fotografieren und die Kamera etwa besonders hoch oder besonders tief zu halten. Erkennen kann man dann auf dem Display der Lytro allerdings meist nichts mehr.

Im Gegensatz zu der eher katastrophalen Anzeige bietet der Touchscreen eine positive Überraschung: Er arbeitet nach dem kapazitiven Prinzip und reagiert in den meisten Situationen präzise und zuverlässig.

Die Bedienung

Die Bedienung der Lytro ist überwiegend intuitiv. Einschalten, auslösen und Zoomen muss der Fotograf über die dedizierten Tasten, weitere Einstellungen werden über den Touchscreen erledigt. Der kleine Touchscreen reicht aus, um genug Raum für die wenigen Einstellungen zu haben, die die Lytro bietet. Streicht man auf dem Touchscreen von unten nach oben öffnet sich ein Menü, über das man Zugriff auf die Optionen hat.

Mit Wischbewegungen nach links und rechts kann man die Leiste mit den Optionen verschieben. Ganz links findet sich ein WLAN-Symbol, mit dem sich die Lytro mit einem iOS-Gerät verbinden kann (dazu später mehr). Der zweite Punkt bietet die Möglichkeit, zwischen Standard- und Kreativmodus zu wählen. Zweiteres lässt den Anwender manuell Fokuspunkte setzen, was das Nachfokussieren verbessern soll. Außerdem hat man lediglich in diesem Modus Zugriff auf den vollen achtfachen Zoom, während man im Standardmodus maximal um den Faktor 3,5 vergrößern kann.

Der dritte Punkt der Einstellungen der Lytro zeigt an, wie viel Speicher auf der Kamera noch verfügbar ist, der vierte gibt Auskunft über die Akkuladung. Über den letzten Menüpunkt kann man außerdem noch einen Selbstauslöser (2-10 Sekunden) aktivieren.

Wie lange der Akku der Lytro hält, hängt sehr stark davon ab, wie man sie bedient. Bei intensiver Nutzung der WLAN-Funktion hielt die Lytro im Test einen Rundgang mit knapp 180 Fotos durch. Verzichtet man auf das WLAN-Feature kann man in etwa mit doppelt so vielen Auslösungen rechnen, bis die Kamera wieder an die Steckdose muss.

Die Software

Konventionelle Foto-Software kann mit den Bildern, die die Lytro produziert, standardmäßig nichts anfangen. Um die Bilder zu übertragen und nachzubearbeiten ist eine spezielle Software notwendig, die für Mac und Windows (7 und 8, ausschließlich 64bit) mit der Kamera mitgeliefert wird. Die Software ermöglicht es, die Bilder von der Kamera zu kopieren und zu katalogisieren. Auch das naträgliche Verändern des Fokuspunktes ist mit der Software natürlich möglich. Außerdem kann man den Bildern einen “Perspective-Shift"- verleihen und sie anschließend zur offiziellen Lytro-Plattform hochladen. Von dort kann man sie auf verschiedenen Online-Netzwerken teilen oder auch per iframe in seine Webseite oder seinen Blog einbinden.

WLAN und App

Obwohl alle Lytro-Modelle seit Marktstart in den USA mit WLAN-Adapter ausgeliefert werden, wurde die entsprechende Funktion erst im Sommer freigeschalten. Über den WLAN-Adapter lassen sich die geschossenen Fotos direkt an ein iOS-Gerät mit entsprechender Lytro-App übertragen und anschließend auf die Lytro-Online-Plattform hochladen. Die App befindet sich derzeit noch in einer frühen Phase und ist vermutlich aus diesem Grund noch etwas schwerfällig zu bedienen. Sie neigt immer wieder dazu, abzustürzen. Gerade aufgrund des schlechten Displays der Kamera ist die App unterwegs dennoch ein wertvoller Begleiter.

Die Fotos

Aufgrund ihrer Technik und der Art der Fotos, die die Lytro produziert, ist es schwierig, die Qualität mit Fotos konventioneller Kameras zu vergleichen. Am Papier liefert die Lytro hier jedenfalls ein weniger gutes Bild ab. Exportiert man die Fotos als JPG haben sie lediglich eine Auflösung von 1080 x 1080 Pixel, was gerade einmal 1,2 Megapixel entspricht.

Auch bei Kontrast, Schärfe und Farbdarstellung liegt die Lytro bestenfalls auf Höhe aktueller Kompakt- oder Smartphone-Kameras. Dennoch macht es Spaß mit der Lytro zu fotografieren und die Grenzen der Technik auszuloten. An jene stößt man etwa dann, wenn die zu fotografierenden Objekte zu weit auseinander stehen, so, dass selbst die Lichtfeldtechnologie nicht ausreicht, um den Fokus zu verschieben.

Besonders die nachträgliche Verschiebung der Perspektive lädt aber dennoch immer wieder zum Ausprobieren und zum Spielen mit verschiedenen Winkeln und Motiven ein. Einige mehr Testfotos gibt es hier zu sehen.

Fazit

Die Lytro ist etwas komplett Neues und das sieht man ihr bereits von Außen an. “Wir ändern die Spielregeln”, sagte Firmengründer Ren Ng bereits von einigen Monaten im Interview mit der futurezone.

Die Technik weiß jedenfalls auch in der Praxis zu beeindrucken. Spätestens dann, wenn man seine Fotos erstmals auf einem Rechner betrachtet und realisiert, wie groß die Möglichkeiten für den Fotografen sind, wenn man mit der Schärfe einen entscheidenden Teil seiner Fotos nachjustieren kann.

Trotz dieser Möglichkeiten wird mit der Lytro aber nicht jeder Schnappschuss ein Erfolg. An grundlegende Kompositionstechniken der Fotografie muss man sich dennoch halten, um ein ansprechendes Bild zu schießen, was dazu führt dass der Reiz des Knipsens nicht verloren geht. Die Tatsache, dass die Auflösung der Fotos nur sehr klein ist, ist zwar ärgerlich, trübt die Experimentierfreude mit der Lytro anfangs aber kaum. Nach ein paar Hundert oder Tausend Fotos hinterlässt die Bildqualität jedoch einen bitteren Nachgeschmack.

Auch wenn das Konzept für ein positives Erlebnis sorgt, hätten die Macher der Lytro bei der Kamera mehr auf Details achten sollen. Besonders das Display, das im Alltag immer wieder für Frust sorgt, trübt die Freude über die neue Technik in vielen Situationen. Auch ein Slot für eine SD-Karte und ein auswechselbarer Akku hätten der Lytro gut getan. Insgesamt überzeugt das Konzept, bei der Ausführung gibt es Luft nach oben.

Die erste Consumer-Lichtfeldkamera ist in erster Linie ein Spielzeug und ein Vorgeschmack darauf, was Fotografen in Zukunft erwarten können. Von einem perfekten Produkt ist die Lytro noch weit entfernt. Der Einblick in die Foto-Zukunft ist allerdings sehr kostspielig: Mit acht Gigabyte Speicher kostet die Lytro in Österreich 479 Euro, die 16-Gigabyte-Variante schlägt mit 579 Euro zu Buche.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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