Realme X50 Pro 5G im Test: Fast ein Flaggschiff-Killer
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Mit Realme macht sich ein neuer Handyanbieter in Österreich breit, der vor allem mit vergleichsweise günstigen Preisen locken will. Nachdem ich das Mittelklasse-Phone Realme 6 getestet habe - das im Test übrigens besonders gut weggekommen ist - ist nun das Spitzenmodell Realme X50 Pro 5G an der Reihe.
Anders als das Realme 6 positioniert sich das X50 Pro 5G als Flaggschiff und versucht es daher mit Konkurrenzmodellen im hochpreisigen Segment aufzunehmen. Ich habe mir angesehen, wie sich das Realme-Spitzenmodell gegen die Flaggschiffe anderer Anbieter schlägt.
Auf dem Papier hat das Realme X50 Pro 5G alles, was ein Smartphone-Spitzenmodell im Jahr 2020 haben muss, um in dieser Liga mitspielen zu können: OLED-Screen mit 90 Hz, Snapdragon 865-Prozessor, eine vierfache Kamera mit bis 64 MP und einen Akku, der sich besonders schnell laden lassen soll.
Die Frage ist: Kann die Top-Ausstattung auch in der Praxis überzeugen, oder gibt es ob des vergleichsweise niedrigen Preises doch schwerwiegende Kompromisse hinzunehmen?
Verarbeitung und Formfaktor
Die Verarbeitung des Realme X50 Pro ist hervorragend, daran gibt es gar nichts auszusetzen. Das Aluminiumgehäuse fühlt sich richtig hochwertig an und legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein hochpreisiges Smartphone handeln muss.
Der Formfaktor ist zeitgemäß und fügt sich nahtlos in die Riege der Flaggschiffgeräte. Nimmt man es in die Hand, wirkt es jedoch etwas klobiger, als man es von anderen Highend-Geräten gewohnt ist. Ein Blick auf die Maße zeigt, dass es zwar tatsächlich um gut einen Millimeter dicker ist, als etwa das Samsung Galaxy S20+, aber nicht wesentlich dicker ausfällt als die meisten anderen Spitzenmodelle. Das Gewicht für ein Smartphone in dieser Größenordnung ist mit 205 Gramm recht hoch.
Display
Beim Bildschirm handelt es sich um einen 6,44 Zoll großen Super-AMOLED, der mit 1080 x 2400 Pixeln auflöst und damit auf eine Pixeldichte von 409 ppi kommt. Darüber hinaus hat das Display eine Bildwiederholfrequenz von 90 Hz.
Die Auflösung beziehungsweise die Pixeldichte ist deutlich niedriger als bei manch anderem Spitzenmodell. Allerdings ist der Unterschied bei der Auflösung mit freiem Auge nicht auszumachen. Das Display kann mit seinen Helligkeitswerten und seiner Farbdarstellung überzeugen.
Die Inhalte am Screen werden zwar mit 90 Hz deutlich flüssiger dargestellt als mit den standardmäßigen 60 Hz, so wirklich vom Hocker gehauen hat es mich jedoch nicht. Verglichen mit anderen Bildschirmen, die ebenso eine höhere Bildwiederholfrequenz haben, zählt der Screen des Realme X50 Pro zu den schwächeren.
Das Design der Vorderseite ist zeitgemäß und wirkt recht modern. Das Display ragt von Rand bis Rand und wird lediglich von einem schmalen Rahmen eingefasst. An den Rändern ist das Display nicht abgerundet. Im oberen rechten Eck befindet sich ein längliches Kameraloch für die Selfie-Kamera.
Vier Kameras hinten, zwei Kameras vorne
Bei den Kameras auf der Rückseite vertraut Realme auf folgendes Setup: 64 MP (f/1,8); 12 MP (f/2,5) mit zweifachen, optischen Zoom; 8 MP (f/2,3) Ultraweitwinkelobjektiv und einem 2 MP Tiefensensor.
Nimmt man mit dem Realme X50 Pro 5G die ersten Bilder auf, zeigt sich die Schwäche des vermeintlichen Flaggschiff-Killers: Zwar wären die Fotos im Mittelklassesegment als gut bis hervorragend zu bezeichnen. Um im Highend-Bereich mitspielen zu können, reicht die Bildqualität allerdings nicht.
Mit anderen Spitzenmodellen verglichen, wirkt die Farbdarstellung bei den meisten Bildern zumindest leicht verfälscht. Oft sind weite Teile des Fotos falsch belichtet oder werden zu dunkel dargestellt. Außerdem können die Fotos nicht durch Farbstärke beeindrucken: Sie wirken größtenteils blass, ausgewaschen und irgendwie langweilig.
Auffallend ist auch, dass die Aufnahmen im Weitwinkel-Modus deutlich schlechter sind, als jene im Standard-Modus: Im Weitwinkel fotografierte Bilder sind noch einmal deutlich blasser.
Auch im Nachtmodus zeigt das Realme X50 Pro Schwächen. Auf dem kleinen Smartphone-Bildschirm wirken die Nachtaufnahmen zwar einigermaßen brauchbar, schaut man sie aber auf einem etwas größeren Screen an, werden einige Mängel evident. Beispielsweise verschwimmen die Details im Night-Mode komplett.
Fotoqualität und Selfie-Kamera
Im Porträtmodus tut sich die Software meist schwer, den Vorder- vom Hintergrund zu unterscheiden. Dies fällt vor allem ins Gewicht, wenn man ein Gesicht fotografiert. Hier werden oft schon abstehende Haare, Kapuzen, Kopfhörer oder Kopfbedeckungen unscharf dargestellt, wodurch das Bild völlig die Natürlichkeit verliert. Bei anderen, leichter erkennbaren Objekten, kann die Software besser zwischen Vorder- und Hintergrund unterscheiden.
Im Videobereich sind 4K-Aufnahmen mit 60 fps möglich. Die Zeitlupenfunktion ermöglicht Clips mit 960 fps. Mit der Frontkamera sind Slomo-Selfies mit 120 fps in 1080p möglich. Herkömmliche Videos mit der Selfie-Kamera werden mit 30 fps in 1080p aufgenommen.
Die Selfie-Kamera auf der Vorderseite ist in einem länglichen Kameraloch untergebracht: Zur Verfügung stehen 32 MP (f/2,5) sowie 8 MP (f/2,2) für Ultraweitwinkelaufnahmen. Auch bei der Selfie-Kamera fallen die Schwächen der Software auf, auch hier hauptsächlich beim Porträtmodus.
Der Weitwinkel bei der Selfie-Kamera ist praktisch, wenn man mehr Menschen auf das Bild bringen oder einen Hintergrund in Szene setzen will. Allerdings werden bei Weitwinkelaufnahmen Objekte oder Menschen, die sich am Rand des Fotos befinden, merklich verzerrt dargestellt.
SD-Karte, Wasserschutz, Bluetooth, WLAN und Lieferumfang
Betrachtet man die Spezifikationen des Realme X50 Pro etwas genauer, werden im Vergleich zu anderen Flaggschiff-Smartphones einige Einschränkungen deutlich. So lässt sich beispielsweise im Dual-SIM-Slot keine SD-Karte einlegen. Auch sonst gibt es keine Möglichkeit, eine microsSD-Karte zu verwenden.
Das Gerät ist weder wasserfest noch gegen Spritzwasser geschützt. Auch bei den unterstützten 5G-Bändern gibt es einige Einschränkungen und eine Kabelverbindung mit dem X50 Pro lässt sich zwar per USB-C, allerdings lediglich per USB 2.0 aufbauen.
Dafür sind sämtliche Bluetooth-Audio-Codecs (auch aptX HD) sowie WLAN-Standards (Wi-Fi 802.11 a/b/g/n/ac/ax) auf dem neusten Stand. Eine Verbindung über Bluetooth 5.1 ist möglich. Kopfhöreranschluss gibt es keinen.
Im Lieferumfang sind weder Kopfhörer noch ein USB-C-3,5mm-Klinken-Adapter enthalten. Dafür ist eine passende Schutzhülle aus Gummi beigelegt.
Fingerprint und Gesichtserkennung
Der Fingerprintsensor sitzt unter dem Display und funktioniert einwandfrei. Auch mit der Gesichtserkennung ist das Smartphone im Bruchteil einer Sekunde entsperrt.
Da an der Frontseite keine Tiefensensoren oder Ähnliches untergebracht sind, greift die Gesichtserkennung lediglich auf ein Selfie zurück. Das bedeutet, dass sie als weniger sicher gilt und daher auch nicht als Bestätigung zum Bezahlen beziehungsweise als Passwortersatz verwendet werden kann.
Laute Lautsprecher mit Schwächen
Die Lautsprecher des Smartphones können mit einer ordentlichen Lautstärke überzeugen. Weniger überzeugen können sie allerdings mit ihrer Klangqualität, vor allem bei der Musikwiedergabe. Dabei wirkt der Sound irgendwie hohl und unvollständig.
Anders sieht es bei der Wiedergabe von TV-Inhalten, Interviews oder Podcasts aus. Hier fallen die Schwächen in der Audioqualität nicht so drastisch auf, sodass man beispielsweise eine TV-Show richtig laut und mit passabler Soundqualität am Smartphone schauen kann.
Software
Als Betriebssystem kommt Android 10 zum Einsatz. Darüber hat Realme seine Benutzeroberfläche realme UI 1.0 gelegt. Diese ist leichtgewichtig und orientiert sich wohltuenderweise stark am Stock-Android. Bloatware ist kaum vorhanden und auch sonst halten sich die Veränderungen bei der Benutzeroberfläche in Grenzen.
Speicher und Leistung
Das getestete Modell verfügte über 12 GB Arbeitsspeicher und 256 GB Speicherplatz. Zusammen mit dem Snapdragon 865 zeigten sich bei sämtlichen Anwendungen keinerlei Leistungseinbußen: Alle Apps starteten umgehend und ohne Verzögerungen. Auch bei aufwendigeren Spielen wie "Call of Duty: Warzone" oder PUBG waren keine Schwächen auszumachen.
Akku
Der Akku hat eine Kapazität von 4.200 mAh. Damit kommt man - wie bei den meisten anderen Smartphones auch - bei durchschnittlicher Nutzung und Screentime leicht über den Tag. Am Abend beziehungsweise über Nacht oder am nächsten Morgen wird man dann allerdings den Weg zur Steckdose suchen müssen.
Ist das Realme X50 Pro 5G einmal mit dem Netzstecker verbunden, zeigt sich ein Highlight des Geräts: Es kann nämlich mit 65 Watt geladen werden und sticht damit die Konkurrenz weitgehend aus.
In nur 5 Minuten wird das Smartphone damit von einem auf 22 Prozent aufgeladen. Insgesamt 10 Minuten an der Steckdose und der Akku zeigt bereits 40 Prozent. Danach flacht sich die Ladekurve leicht ab. In insgesamt 35 Minuten ist das Gerät von einem auf 100 Prozent geladen.
Kabellos kann das Realme X50 Pro nicht geladen werden. Ebenso ist ein Reverse-Charging von anderen Smartphones oder Kopfhörern nicht möglich.
Fazit
Wie eingangs erwähnt, kommt das Realme X50 Pro 5G mit nahezu allen Spezifikationen, die man von einem Highend-Smartphone erwartet. Im Vergleich mit anderen Spitzenmodellen sind bei genauerer Betrachtung dann aber doch einige Einschränkungen auszumachen.
Die größte Schwäche des X50 Pro 5G ist jedoch die Kamera. Die Fotoqualität ist immer noch mehr als brauchbar und wäre für ein Mittelklasse-Gerät sogar hervorragend. Verglichen mit anderen Flaggschiffen beziehungsweisen anderen Geräten in der Preisklasse, kann das Realme-Smartphone aber einfach nicht mithalten.
Um tatsächlich eine ebenbürtige Alternative zu Spitzenmodellen anderer Hersteller bieten zu können, würde das Realme X50 Pro 5G noch einen Feinschliff benötigen.
Mit 749,90 Euro (UVP) bewegt sich das Realme X50 Pro 5G im Preisbereich des Samsung Galaxy S20, das zum Marktstart allerdings 899 Euro gekostet hat und nicht 5G-fähig ist. Möglich also, dass der Preis des Geräts bald zurückgeht und es dadurch doch noch zu einem richtigen Flagship-Killer wird - zumindest vom Preis her.
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