© ESA-Manuel Pedoussaut

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Ariane-6-Start verschoben: Wann die neue ESA-Rakete abheben soll

Der Jungfernflug der neuen europäischen Rakete Ariane 6 wird sich weiter verzögern. Sie soll nun im 4. Quartal 2023 das erste Mal abheben, teilte ESA-Chef Josef Aschbacher in einem Pressegespräch mit. Ursprünglich sollte sie noch heuer erstmals abheben.

Ein Grund für die Verzögerung wurde bisher nicht genannt. Um das neue Datum einzuhalten, müsse man noch einige Meilensteine schaffen, erklärt Aschbacher. Dazu zählen die Heißlauftests der Antriebe beider Raketenstufen und der Qualifikationstest des gesamten Launchsystems. Diese Leistungen müssen laut Aschbacher bis zum 1. Quartal 2023 erbracht werden, um den neuen Termin einzuhalten.

Ariane 6

Tests in Kourou und Lampoldshausen

Erst vor wenigen Tagen wurde die Rakete erstmals vollständig zusammengesetzt. In ihrem neu gebauten Startkomplex am Weltraumbahnhof Kourou, Französisch-Guyana (mehr dazu hier), wartet die 63 Meter hohe und 5,45 Meter breite Rakete nun auf ihren ersten kombinierten Test. Dafür wurde die Rakete mit einem Satellitenmodell beladen. 

Wann diese nächsten Tests stattfinden werden, wurde nicht bekannt gegeben. Die beiden Antriebe müssen zudem am Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen (Baden-Württemberg) noch mindestens 3 Mal erprobt werden.

Technische Details

  • Größe: 54 bis 63 Meter
  • Raketenstufe 1: Vulcain 2.1, 140 t Wasserstoff-Sauerstoff-Treibstoff
  • Raketenstufe 2: Vinic, 31 t Wasserstoff-Sauerstoff-Treibstoff
  • Raketenstufe 3: P120C Feststoffbooster

Bauteile aus Österreich

Wie bei allen europäischen Raumfahrtprojekten kommen auch beim Bau der Ariane 6 Komponenten aus vielen Mitgliedstaaten zum Einsatz, auch aus Österreich. Beyond Gravity (ehemals Ruag Space) liefert den Hitzeschutz, mit dem das Triebwerk Temperaturen bis zu 1.500 Grad stand hält. Magna Steyr liefert wie bei der SLS der NASA die Tankbedruckungsleitungen. Von TTTech stammen die Chips, die alle 50 Subsysteme der Rakete verbinden und so für eine sichere Kommunikation aller Komponenten sorgen.

Die erste Version der Trägerrakete ist die leichtere Ariane 62. Gebaut wurde sie von der französischen ArianeGroup in Frankreich und Deutschland, betrieben wird sie wie alle europäischen Raketen von Arianespace. Die zweite Version, Ariane 64, soll später starten und mit 4 statt 2 Feststoffboostern mehr als das Doppelte an Nutzlast transportieren können. 

Unterschiede Ariane 62 und 64

  • Anzahl der Booster
    2 bei A62, 4 bei A64
  • Nutzlast
    Geostationärer Orbit: 4.500 kg (A62) / 11.500 kg (A64)
    Lower Earth Orbit: 11.300 kg / 20.600 kg 
    Mond: 3.000 kg / 8.500 
  • Größe Nutzlastverkleidung
    wahlweise 14 (A62) oder 20 Meter (A62/A64)
  • Startmasse
    530 t / 850 t

Günstiger, aber nicht wiederverwertbar

Eine große Kritik an der neuen Rakete ist, dass die Komponenten nicht wiederverwertbar sind. SpaceX setzt in den USA schon längst wiederverwertbare Booster ein. Die ESA arbeitet aber an dem wiederverwertbaren Triebwerk Prometheus und an einer Trägerrakete, deren Demonstrator Themis 2020 in Auftrag gegeben wurde. 

Allerdings hat man sich bei der Konzeption von Ariane 6 vor allem auf Kostenreduktion konzentriert, etwa durch eine effizientere Montage. Bisher wurden 3,9 Milliarden Euro für die Entwicklung der Rakete ausgegeben. Das beinhaltet die P120-Feststoffbooster, die auch von der neuen kleinen Rakete Vega-C genutzt werden. Diese absolvierte im August erfolgreich ihren Jungfernflug (futurezone berichtete).

Wie Daniel NeuenschwanderESA-Direktor für Raumfahrzeugträger, erklärte, arbeitet man bereits an einem Update dieser Booster. Ursprünglich sollten sie P120C+ heißen, nun werden sie wohl P160 benannt. Sie sollen 3 Tonnen mehr Last ins All bringen können als ihre Vorgänger.

Testflug für "Bikini"-Raumschiff

Für ihren Jungfernflug wird die Ariane 62 mit 80 kg an Experimenten und 800 kg an Nutzlast beladen. Natürlich sind darunter keine millionenschweren Projekte, denn das Grundrisiko eines fehlerhaften ersten Starts besteht immer. Daher werden hauptsächlich Testsatelliten, CubeSats, Sensoren und Messgeräte an Bord sein (hier eine genaue Liste).

Ebenfalls eingeladen wird das Raumschiffmodell "Bikini" der französisch-deutschen Firma The Exploration Company. Es ist eine passive Vorversion des wiederverwertbaren, modularen Raumschiffs "Nyx", dessen erster Testflug für 2024 geplant ist. Das kommerzielle Raumschiff soll Nutzlasten und "möglicherweise auch Menschen" in den Erdorbit und auf den Mond bringen können.

Kommerzielle Flüge im Fokus

An zukünftigen Aufträgen mangelt es nicht. Wie Arianespace-CEO Stéphane Israël mitteilt, sind bereits 29 Flüge geplant. Die Nutzlast dafür ist zu 75 Prozent kommerziell und zu 25 Prozent institutionell. 

Ariane 6 soll neue Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo ins All bringen. Damit will Europa eine Alternative zum US-amerikanischen GPS aufbauen. Außerdem hat Amazon-Chef Jeff Bezos bereits 18 Flüge mit der Ariane 6 gebucht, um Internet-Satelliten für seinen Starklink-Konkurrenten Kuiper ins All zu schießen.

Zeitdruck für Ariane 6

Europas aktuelle Trägerrakete Ariane 5 wird nur noch 3 Starts absolvieren, bevor sie in den wohlverdienten Ruhestand geschickt wird. Laut Israël wird der letzte Start im Frühjahr 2023 stattfinden. 

Ursprünglich war Russlands Sojus als Ersatzrakete eingeplant, sollte Ariane 6 nicht rechtzeitig fertig werden. Da die Zusammenarbeit mit Russland beendet wurde, gibt es aber keine Ausweichmöglichkeit, was den Druck erhöht, den Termin einzuhalten. Gelingt der Jungfernflug und die Platzierung der Nutzlast läuft so exakt wie geplant ab, kann ihr erster richtiger Flug dann bereits nach 4 Monaten stattfinden, sagt Neuenschwander. 

Zeitgleich suchen 5 Projekte wie das europäische Teleskop EUCLID, die MTG-Wettersatelliten von Eumetsat und EarthCARE-Satelliten nun eine neue Transportmöglichkeit. Sie sollten eigentlich mit Sojus starten. Ob das Ariane 6 übernimmt, muss noch entschieden werden, sagt Israël. Neben Vega-C kämen dafür auch internationale Raketen infrage. Spekuliert wird, dass SpaceX einige der Aufträge übernehmen wird.

Ariane 6 könnte Menschen transportieren 

Ob man auch in bemannte Raumfahrt investiert, will Europa 2023 entscheiden. Für die Möglichkeit, Menschen ins All zu bringen, war die Ariane 6 eigentlich nicht ausgelegt, weshalb man bisher davon ausging, dafür eine völlig neue Raketengeneration entwickeln zu müssen. Möglicherweise kann die Ariane 6 aber doch eine Crew ins All schießen.  

Denn erst kürzlich hat die ArianeGroup mit Susie (Smart Upper Stage for innovative Exploration) eine wiederverwertbare, modulare Oberstufe für die Ariane 64 präsentiert. Sie würde anstelle der Nutzlastverkleidung oben auf der Rakete sitzen und könnte je nachdem, was gerade gebraucht wird, Nutzlast und Personen transportieren (futurezone berichtete).

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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