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Vorbereitung eines Crash-Versuchs, bei dem ein am Prüfschlitten montierter Impaktor gegen eine am Crashblock befestigte Batterie prallt

© Lunghammer/TU Graz

Science

Autobatterien im Crash-Test

Wer ein Elektroauto fahrt, hat heute meist ein Hunderte Kilogramm schweres Paket mit Chemikalien unter sich, das unter ungünstigen Umständen ziemlich heiß werden kann. Brandgefahr und Langlebigkeit von E-Auto-Batterien sind genau die Themen, die im neuen Battery Safety Center Graz (BSCG) erforscht werden sollen. Die TU Graz und der Antriebsentwickler AVL haben es gemeinsam gegründet und am Freitag offiziell eröffnet.

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Projektpartner: Harald Kainz (Rektor TU Graz), Helmut List (CEO AVL), Robert Fischer (GF Engineering und Technik Antriebssysteme AVL), Hermann Steffan (Institutsleiter VSI) und Jörg Moser (Leiter BSCG)

Extreme Anforderungen

"Brennende Batterien werden im Straßenverkehr künftig öfters vorkommen", meint Harald Kainz, der Rektor der TU Graz, bei der Eröffnung. "Deshalb ist es gut, Vorsorge treffen zu können." Im Forschungszentrum sind unterschiedliche Prüfstände vorhanden, um die Auswirkungen mechanischer Verformungen von Batterien auszutesten. Außerdem wurden drei große Klimakammern errichtet, in denen die Alterung von Batterien auf beschleunigte Weise simuliert werden kann. Insgesamt sind rund neun Millionen Euro in das Projekt geflossen.

Die Kombination aus unterschiedlichen Möglichkeiten, um die Robustheit von Batterien praktisch zu überprüfen und die Ergebnisse mit jenen von Computersimulationen zu vergleichen, sei europaweit einmalig, heißt es bei der Eröffnung. "Die Anforderungen an E-Auto-Akkus werden immer extremer. Leistung und Energiedichte werden ständig erhöht", erklärt Robert Fischer, Leiter der Abteilung Engineering und Technik bei AVL. "Wenn man an die Grenzen gehen will, braucht man Praxistests. Im BSCG können wir komplette Batterien an die Wand knallen und schauen, was passiert."

Das Thema Elektromobilität mache heute über 50 Prozent der Entwicklungsarbeit bei AVL aus, meint CEO Helmut List. Seit zehn Jahren arbeite man daran. AVL-Technologie stecke heute in vielen bekannten E-Auto-Modellen, etwa dem Jaguar i-Pace und dem Audi e-tron, aber auch in Plug-In-Hybriden. Sicherheit stehe dabei immer im Vordergrund. An der TU Graz werde an der Sicherheit von Batterien seit acht Jahren geforscht, erzählt Hermann Steffan, der Leiter des Instituts für Fahrzeugsicherheit. Er gibt Beispiele dafür, welche Aspekte für das BSCG besonderes relevant sind.

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Bedienpult der Klimakammern, von wo aus das Altern von Batterien individuell programmiert und unterschiedliche Umgebungstemperaturen simuliert werden können

Anschwellende Akkus

"Wenn Batterien geladen oder entladen werden, ändert sich ihr Volumen. Dieses so genannte 'Swelling' muss bestmöglich gehandhabt werden, weil es die Alterung der Batterien beeinflusst." Sei die Konstruktion von Batterien auf das Swelling gut abgestimmt, seien Akkus prinzipiell sehr langlebig. "Es gibt Teslas mit fast einer Million Kilometer auf dem Tacho, die immer noch mit ihrer ursprünglich eingebauten Batterie fahren, und die hat immer noch 85 Prozent der Originalleistung."

Ein großes Thema seien auch Schäden an der Batterie, die sich im Laufe der Zeit bilden. "Wenn die zu groß werden, kann es zu einer Eigenbrandentwicklung kommen", meint Steffan. "In China sind in Garagen Systeme für Elektroautos vorgeschrieben, die die Temperatur des Akkus genau überwachen und schon bei geringen Anstiegen Alarm auslösen. Das ist ja kein Scherz, wenn in einem Parkhaus ein Fahrzeug zu brennen beginnt."

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In den Klimakammern am BSCG werden Batteriesysteme während des Lade- und Entladevorgangs auf Herz und Nieren geprüft

Aufprall mit 100 km/h

Wichtig ist klarerweise auch die Crash-Sicherheit von Batterien. Auf einem dynamischen Prüfstand kann ein Aufprall mit über 100 km/h nachgestellt werden. Das 300-fache der Erdbeschleunigung wirkt dabei auf die Testobjekte. Robustheit und Gewicht müssen sich in neuen E-Auto-Akkus aber in Balance halten. "Bei der Konstruktion der Fahrzeuge hat man im Moment das Problem, dass 20 bis 30 Prozent des Gewichts auf die Einhüllung der Batterien entfallen. Sie verhindern es auch, dass man komplexe Batteriegeometrien bildet." Finde man dafür Lösungen, könne man Batterien in weiteren Hohlräumen im Auto unterbringen und so die Reichweite erhöhen.

Im BSCG werden künftig alltäglich Batterien brennen. Explosionen seien aber eher selten zu erwarten, sagt Steffan. "Man stellt sich das gerne anders vor, aber noch einer Schädigung eines Akkus dauert es normalerweise ein paar Minuten, bis es zu einem 'Thermal Runaway' (eine sich selbst beschleunigende Überhitzung) und einer Entzündung kommt." Während man Batteriebrände früher nur auf freiem Feld provozierte, seien sie heute gut beherrschbar. "Wir haben eigene Bereiche, wo Batterien ausbrennen können und nachbehandelt werden. Die thermischen Testkammern im Labor können innerhalb von Sekunden komplett unter Wasser gesetzt werden."

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BSCG-Team (v.l.): Leiter Jörg Moser, Christian Ellersdorfer, Stefan Grollitsch, Michael Krenn (hinten stehend), Christian Trummer und Jörg Moser (links) und Ajla Purkovic

Viel zu tun

Durch die rasch voranschreitende Batterieentwicklung komme viel Arbeit auf das BSCG zu. Momentan zeichne sich etwa bei Bauformen ein Zweikampf zwischen zylindrischen Zellen und päckchenförmigen Pouch-Zellen ab. Auch von herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus abweichende Formen können in Graz getestet werden - etwa Feststoffakkus, auf denen große Hoffnungen ruhen. Der Elektromobilität insgesamt bescheinigen die Projektpartner eine rosige Zukunft. "2030 werden möglicherweise 30 Prozent aller Autos einen Elektroantrieb haben", meint etwa Helmut List. "Die genaue Zahl ist für die Forschung aber nicht so wichtig", sagt Fischer. "Egal ob von einem Elektroauto 30.000 oder 300.000 Autos gebaut werden, es sollte nicht abbrennen."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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