Young female doctor is consulting a senior patient

Durch bessere Kommunikation soll die Zusammenarbeit leichter werden

© Getty Images / Eva-Katalin/iStockphoto

Science

Ein Kommunikationstool für alle in der mobilen Pflege

An der mobilen Gesundheitsversorgung sind viele Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen beteiligt. Neben den Klient*innen müssen Angehörige, Pflegedienste, Ärzt*innen und Organisationen wie Krankenhäuser oder Versicherungen miteinander kommunizieren. Informationen werden auf verschiedenen Kanälen ausgetauscht. Das ist zeit- und ressourcenaufwendig und außerdem fehleranfällig. Im Forschungsprojekt "Linked Care", das von der FH Campus Wien geleitet wird, soll eine Lösung dafür gefunden werden.

Schnittstellen ausbauen

"Das Ziel von Linked Care ist, dass Betroffene und Angehörige mit Menschen in Pflege- und Betreuungsberufen, sowie therapeutischen Berufen online sicher und niederschwellig direkt zusammenarbeiten", sagt Projektleiterin Elisabeth Haslinger-Baumann, die an der FH Campus Wien das Kompetenzzentrum für Angewandte Pflegeforschung leitet. "Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Schnittstellen ausgebaut werden, damit Doppelerhebungen und Informationsverlust vermieden werden."

Um den Alltag von Ärzt*innen und mobilen Pfleger*innen nicht noch komplizierter zu machen, sollen bereits vorhandene Instrumente zur digitalen Dokumentation weiter genutzt und Schnittstellen geschaffen werden. Dazu zählt etwa auch, die Software für Arztpraxen und Apotheken zu berücksichtigen, sowie eine Integration in die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) zu ermöglichen. Für Klient*innen und Angehörige und die Gesundheitsberufe soll eine möglichst einfach zu benutzende Online-Plattform kreiert werden.

Zugriff von allen Seiten

Über Linked Care sollen alle an der Pflege, Betreuung und Therapie von Personen Beteiligten Informationen beisteuern und abrufen können. Haslinger-Baumann schildert ein praktisches Beispiel: "Eine Pflegerin dokumentiert etwa die Gefahr einer Dehydratation oder eine erhöhte Thrombosegefahr. Der behandelnde Hausarzt kann daraufhin frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten. Umgekehrt könnten ärztliche Anweisungen direkt an Pflegepersonen oder die 24-Stunden-Betreuer*innen weitergegeben werden."

Im Forschungsprojekt soll ermittelt werden, wie die digitale Dokumentation in der Gesundheitsversorgung derart gestaltet werden kann, dass Klient*innen einerseits in ihrer Lebensführung gestärkt werden und andererseits auf ihre Verletzbarkeit Rücksicht genommen wird. "Wir wollen eine Balance schaffen zwischen Empowerment und Vulnerabilität", meint die Projektleiterin. "Ethik ist ein Riesenthema bei unserem Projekt. Linked Care soll einen Nutzen bringen." Dass bei Klient*innen etwa Traumatisierungen entstehen durch Informationen, die sie einsehen können, ohne dazu spezifische Erläuterungen zu erhalten, solle auf jeden Fall vermieden werden.

Verbindung mit Telemedizin

In die vernetzte Kommunikation von Linked Care soll auch Telemedizin eingebunden werden. Darunter seien nicht nur Videotelefonate zwischen Klient*innen und Ärzt*innen zu verstehen, sondern der gesamte Austausch von Gesundheitsdaten, erklärt Haslinger-Baumann. "Man könnte etwa Blutdruckmessgeräte an das System anbinden. Nach Freigabe könnten diese Daten dann von Ärzt*innen oder Pflegepersonen eingesehen werden."

Die Corona-Krise habe der Telemedizin insgesamt einen deutlichen Schub verliehen. Die Pandemie habe aber auch gezeigt, dass bestimmte Länder beim Austausch und der Analyse von Gesundheitsdaten wesentlich weiter als andere sind. Die Projektleiterin nennt hier etwa Australien, Neuseeland, Israel oder Schweden. "In Australien sind Telehealth oder Telenursing aufgrund der weiten Distanzen gängige Praxis. Da kann man etwa Sprechstunden per Videotelefonie buchen. Das ist viel elaborierter als bei uns." In Österreich fehle ein System, wie es in Linked Care vorgesehen ist, derzeit noch.

13 Projektpartner

Linked Care ist das Leitprojekt der von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ins Leben gerufenen Pflegechallenge. Das Projekt läuft bis 2025. Bis dahin soll eine Bedarfserhebung stattfinden, die Kommunikationsplattform soll aufgebaut, getestet und evaluiert werden. "Für jede der 3 großen Zielgruppen muss Linked Care eine Erleichterung darstellen, also für Betreute und ihre Angehörigen, für Fachkräfte aus Pflege, Therapie und Medizin sowie für Dienstleistungsunternehmen wie Versicherungen und Krankenhäuser", sagt Haslinger-Baumann.

Umgesetzt werden soll das alles von einem heterogenen Konsortium von insgesamt 13 Partnern. Neben der FH Campus Wien sind die Universität Wien und die Fachhochschule Technikum Wien die wissenschaftlichen Partner. Dazu kommen 5 technische Partner (CareCenter Software, Loidl-Consulting & IT Services, Compugroup Medical, Österreichischer Apotheker-Verlag, Steszgal Informationstechnologie) und 5 Endnutzer*innen (Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit, Johanniter Österreich Ausbildung und Forschung, Wiener Rotes Kreuz, Volkshilfe Gesundheits- und Soziale Dienste Oberösterreich und Volkshilfe Wien).

Derzeit befindet sich das Projekt Linked Care in der umfangreichen Nutzer*innenerhebung, um feststellen zu können, wie der Ist-Stand der Dokumentation in der mobilen Gesundheitsversorgung ist und wo die Schnittstellen und Medienbrüche verortet sind.

 

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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