Forscher fordern verschärfte Corona-Maßnahmen und ernten Kritik
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Seit 16. März sind in Österreich die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Kraft. Die Regelungen geben einen Abstand zwischen Personen von mindestens einem Meter vor. Soziale Kontakte sollen auf ein Minimum reduziert werden und das Betreten öffentlicher Orte ist äußerst eingeschränkt. Nun sprechen sich Wissenschaftler für eine weitere Verschärfung dieser Maßnahmen aus. Notwendig sei etwa die Einführung einer Schutzmaskenpflicht im öffentlichen Raum und ein striktes Durchsetzen des "Social Distancing", appelliert der Quantenphysiker Hanns-Christoph Nägerl von der Uni Innsbruck in einem Offenen Brief an Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP).
Die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen würden "nur halbherzig umgesetzt und eingehalten". Es drohe eine Katastrophe, die neben dem wirtschaftlichen Schaden unendlich viel menschliches Elend bedeuten werde, so Nägerl, der auf APA-Anfrage betont, dass seine Aktion mit dem Quantenphysiker Jörg Schmiedmayer von der Technischen Universität (TU) Wien und dem Mathematiker Norbert Mauser von der Uni Wien akkordiert ist und hofft, dass "viele Kollegen darauf reagieren werden".
Maskenpflicht längst überfällig
Mauser betont in einem Mail, dass Ärzte und Pfleger "Übermenschliches leisten, da dürfen die Maßnahmen für alle ruhig verschärft werden". Er kritisiert, dass die Regierung noch keine Nachschärfung der Maßnahmen verkündet habe, "insbesondere die längst überfällige Masken-Pflicht".
Die Wissenschaftler sehen in den asiatischen Ländern ein Vorbild, etwa beim Tragen von Schutzmasken. Dies mache die Ansteckung schwieriger und verlangsame damit die Ausbreitung, "und noch wichtiger, es führt uns zu Bewusstsein, dass wir die Aufgaben haben andere zu schützen", so Schmiedmayer.
Kontrolle durch Wachpersonal
Nägerl fordert weiters, dass Wachpersonal etwa in Supermärkten darauf achtet, dass "Social Distancing" eingehalten und Verstöße bestraft werden. Für den Physiker sollte auch eine allgemeine Ausgangssperre, wie sie in Wuhan durchgesetzt wurde, "ernsthaft in Betracht gezogen werden" - nur so könne die Pandemie in den Griff bekommen werden. "Lieber ein kurzer und schmerzhafter Shutdown, als eine ewige Litanei, die uns wirtschaftlich und menschlich viel teurer kommen wird", so Nägerl.
Auch der Mathematiker Peter Markowich von der Uni Wien meint in einem Mail an den Wissenschaftsminister, dass "wir bereits zu viel Zeit verloren haben", und appelliert an ihn, entsprechend auf die Bundesregierung einzuwirken.
Büros könnten im April wieder öffnen
Florian Aigner von der TU Wien kritisiert gegenüber der futurezone den offenen Brief. Mathematiker und Physiker seien keine Experten für Epidemien. Forscher der TU Wien hatten vergangenem Donnerstag ein Computermodell vorgestellt, demzufolge bei einer positiven Entwicklung in naher Zukunft größere Schutzmaßnahmen in Büros in einem möglichen Szenario sogar wieder gelockert werden könnten.
Fokussierte Maßnahmen zum Schutz von Risikopatienten könnten langfristig aber wirksam sein. Das läge allerdings auch in der Verantwortung von Einzelpersonen: "Die Menschen sollen vernünftig handeln, weiterhin Sicherheitsabstand halten und Räume mit Menschenansammlungen meiden", sagt Popper gegenüber der futurezone. Das Computermodell zeige vor allem die Auswirkungen breit aufgestellter Maßnahmen. Wie sich eine Maskenpflicht auswirken würde, könnte man nicht berechnen.
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