„Kinder kriegen von Smartphones Hörner“: Vorsicht vor Panikmache
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„Hörner wachsen auf dem Schädel junger Menschen. Smartphones sind schuld, legt eine Studie nahe“. So titelte die Washington Post einen unlängst veröffentlichten Artikel. Was folgte waren Artikel anderer Medien, mit Varianten wie „Kinder kriegen von Smartphones Hörner“ und „Handys lassen bei Teens Hörner wachsen“.
Die Studie gibt es tatsächlich, auch die hornartigen Verformungen. Dass die Studie aber Smartphones als Versucher ausmacht, stimmt allerdings nicht.
Australische Studie
Die Studie stammt aus Australien und wurde im Jahr 2016 gemacht. Die Medizinforscher werteten 1.200 Röntgenbilder aus, die alle von der Universitätsklinik von Queensland gemacht wurden. So wurde sichergestellt, dass sie vergleichbar waren. Bei einem Drittel der untersuchten Personen war eine knöcherne Verformung am Schädel feststellbar.
Diese befindet sich am Hinterkopf, mittig an der Stelle zum Übergang zur Wirbelsäule. Es ist eine Art hornartige Verformung. Betroffene können an dieser Stelle einen Vorsprung fühlen. Von außen sind diese Hörner nicht sichtbar. Auf den Röntgenbildern können sie aber bis zu 30mm lang sein.
Besonders häufig war diese Verformung bei den jungen Personen in der Studie festzustellen. 41 Prozent der 218 untersuchten 18- bis 30-Jährigen, hatte diese Verformung. 2018 untersuchten die Forscher noch vier 13- bis 16-Jährigen mit solchen Hörnern. Dabei stellten sie fest, dass es keine genetischen Indikatoren gab, die zu der Verformung führen hätten können.
Stille Post
Ein aktueller BBC-Artikel mit dem Titel „Wie das moderne Leben das Skelett verändert“ griff diese Studie auf, der dann wiederum von der Washington Post aufgegriffen wurde. Während die Washington Post noch mit „research suggests“, also „legt Studie nahe“, titelte, entfiel dieser Zusatz bei einigen Artikeln anderer Medien. Dieser verbreiteten sich dann rasant über die sozialen Netze.
Die Forscher sind in ihrer Studie von 2016 aber deutlich vorsichtiger mit der Schuldzuweisung. Die Verformung könne als Warnzeichen gesehen werden, um Symptome zu vermeiden, die im höheren Alter durch eine schlechte Haltung entstehen. Dies könne mit den wachsenden Bedenken von Forschern zusammenhängen, dass sich die erhöhte Nutzung von Handheld-Technologien von früher Kindheit an schlecht auf die Haltung auswirke.
In der Studie von 2018 sind die Forscher etwas konkreter. „Wir stellen die Hypothese auf, dass die Verformungen vielleicht mit anomalen Haltungen zu tun haben, die mit der längeren Nutzung von Hand-Held-Technologien, wie Smartphones und Tablets, in Verbindung gebracht werden.“ Die Stichworte sind hier „Hypothese“ und „vielleicht“. Diese Hypothese könnte als Anstoß genutzt werden, um weitere Forschungen in diese Richtungen anzustellen.
Handynacken und BlackBerry-Daumen
Dass schlechte Haltungen und dauerhafte, mechanische Belastungen Probleme verursachen kann, ist bekannt. Rückenschmerzen wurden mit dem Einzug des Computerarbeitsplatzes zur Volkskrankheit. Der „Mausarm“ und „Handynacken“ können tatsächlich zu schmerzhaften Verspannungen führen.
Demgegenüber stehen andere Panik machende Geschichten, wie der „Smartphone Pinky“. Dabei teilten User Fotos ihres kleinen Fingers, der nach außen gebogen war, in sozialen Netzen. Sie behaupteten, dass das Halten des Smartphones Schuld an dieser Verformung ist. Davor gab es den „BlackBerry-Daumen“ und „Krebs durch Mobilfunk“ erlebt gerade dank 5G ein Revival.
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