
Die Forscher beleuchten verschiedene Obst- und Gemüsesorten im Labor und ermitteln, wie sich unterschiedliche Beleuchtungsfarben auf die Haltbarkeit auswirken.
Gegen Verschwendung: Licht soll verdorbenes Gemüse verhindern
Rund 19 Kilogramm Lebensmittel wirft jeder von uns durchschnittlich pro Jahr weg. Oft schaffen es die Produkte aber gar nicht bis nach Hause, sondern verderben bereits im Lager, Lkw oder Supermarkt. Im letzten Quartal 2024 entsorgten heimische Geschäfte mindestens 13.520 Tonnen Lebensmittel. Ein großer Teil davon fällt auf Obst und Gemüse.
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Dieser Verschwendung will man entgegensteuern. Seit Ende 2023 müssen Supermärkte deswegen dem Klimaschutz- bzw. Landwirtschaftsministerium melden, wie viel sie entsorgen. Neben der Politik suchen auch andere nach Lösungen. Das Beleuchtungsunternehmen Lumitech Lighting Solution GmbH aus Jennersdorf (Burgenland) hatte die Idee, dass eine angepasste LED-Beleuchtung den Verderb im Supermarkt bremsen könnte.
Fleisch wird weniger schnell grau
„Die Firma hat bereits eine spezielle Beleuchtung entwickelt, die das Vergrauen von Fleisch und Wurstwaren zeitlich verzögert. In die Vitrinen wird dafür ein spezielles Licht integriert. Dadurch sieht die Ware länger frisch aus“, erklärt Christian Krutzler von Joanneum Research in Pinkafeld.
Er leitet das Projekt „LED4foods“, das Effekte von Licht auf Obst und Gemüse untersucht. Auch Lumitech und das Institut für Lebensmittelchemie der TU Graz sind an dem Projekt beteiligt, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert wird.

Angepasste Beleuchtung in der Vitrine bewirkt, dass Fleisch- und Wurstwaren langsamer grau werden.
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Neuland Supermarkt
Aus wissenschaftlichen Studien weiß man bereits, dass Licht den Verderb von Lebensmitteln verlangsamen kann. Bisher konzentrierte man sich allerdings vorrangig auf die Lagerung und den Transport. „Konkret für die Anwendung im Supermarkt findet man wenig, da betreten wir Neuland“, erklärt Krutzler. Zum einen gehe es darum, mit Licht zu verhindern, dass Organismen wachsen und die Produkte verderben.
Andererseits soll das Licht auch die Alterung verzögern. „Wenn Radieschenblätter verwelken, ist es kein wirklicher Verderb, sondern ein Alterungsprozess. Verrunzelte Radieschen bleiben aber auch im Regal liegen“, sagt er.

Kunden verschmähen Radieschen mit welkem Grün, auch wenn dieses die wenigsten essen.
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Datenlücke beim Abfall
Bisher lief beim Projekt nicht alles, wie erhofft. „Wir wollten rausfinden, welche Produkte das größte Problem darstellen. Das war eigentlich nicht möglich“, meint Krutzler. „Was uns überrascht hat: Beim Obst und Gemüse können wir die Tonnen finden, die weggeworfen werden. Aber wenn man wissen will, wie viel davon Bananen oder Erdbeeren sind, ist das sehr schwierig rauszufinden.“ Die Supermärkte würden diese Zahlen ungern hergeben. Trotz dieser Datenlücke machen sie nun in einer kontrollierten Testumgebung Beleuchtungsversuche mit verschiedenen Obst- und Gemüsearten – auf gut Glück.
An der TU Graz erheben Experten für Lebensmittelchemie genaue Daten: Sie beobachten, was passiert, wenn man Bananen, Radieschen oder Erdbeeren mit Licht in verschiedenen Farben bestrahlt. „Wir werden die Produkte jeden Tag herausnehmen und abwiegen“, sagt Krutzler. Neben dem Gewicht werden auch Festigkeit, pH-Wert und Zuckergehalt sowie Verfärbungen dokumentiert. Die Ergebnisse vergleichen sie dann mit Ware, die unter typischer Supermarktbeleuchtung gelagert wird.
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Im Supermarkt wird Obst und Gemüse bereits jetzt beleuchtet.
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Infos
LED
Sogenannte Leuchtdioden (LED) sind Halbleiter, die Licht aussenden. Im Unterschied zu herkömmlichen Leuchtmitteln lässt sich das Farbspektrum ihres Lichts genau einstellen und kontrollieren. Diesen Effekt wollen sich die Forscher zunutze machen. Es soll genügen, bei den Lampen nur den zugrunde liegenden Chip auszutauschen.
Farbspektrum
Das Farbspektrum von Licht umfasst alle sichtbaren Wellenlängen, die von etwa 380 nm (Violett) bis 780 nm (Rot) reichen. UV-C-Licht (200–280 nm) tötet Bakterien, Viren und Pilze ab. Blaues Licht (400–500 nm) soll das Wachstum hemmen, während man rotes Licht in der Biotechnologie teils sogar verwendet, um das Wachstum von Mikroorganismen anzuregen.
Am effektivsten wäre wohl UV-Licht, das auch in der Medizin zur Desinfektion verwendet wird. Es würde aber ein Gesundheitsrisiko für die Besucher darstellen, weil es Augenschädigungen hervorrufen kann.
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Die Forscher beschränken sich deswegen großteils auf Licht im sichtbaren Bereich. „Es gibt Hinweise, dass blaues Licht im Gegensatz zu UV-C-Licht Mikroorganismen zwar nicht tötet, aber deren Wachstum hemmt“, erklärt Krutzler.

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Nur Birnen austauschen
„Falls wir einen positiven Effekt nachweisen können, dann wäre das ein Produkt, das am Markt einschlagen könnte“, sagt Krutzler. „Man müsste in den Supermärkten nichts umbauen, sondern tauscht einfach die Birnen aus.“
Er glaubt daran, dass sie entsprechende Effekte entdecken. Aber selbst wenn die Ergebnisse am Ende überzeugen, müssten die Supermärkte mitmachen. „Wenn wir rausfinden, dass wir ein Licht brauchen, bei dem die Tomate dann nicht mehr schön rot ausschaut, könnte die Marketingabteilung noch immer sagen, dass sie das nicht wollen.“
Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
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