"Mini-Antonow" kann Europalette voller Waren ausliefern
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Lieferdrohnen sind eine praktische Idee, wenn es darum geht, bestimmte Waren spontan und schnell an entlegene Orte zu bringen. Im Normalfall können auf diese Weise aber maximal ein paar Kilogramm schwere Gegenstände transportiert werden. Ein Team aus Lehrenden und Studierenden des Studiengangs Aerospace Engineering an der FH Wiener Neustadt tüftelt seit 2017 an einem Konzept, wie man auch schwere Lasten ohne Besatzung durch die Luft bewegt. Nun erfolgte der erste Flug eines Prototypen.
Trogon braucht Startbahn
Die Drohne Trogon ist ein Starrflügler, sieht also wie ein kleines Flugzeug und benötigt eine Start- und Landebahn, um abzuheben. Die Bauweise erlaube es, höher, schneller und weiter als Helikopter zu fliegen und auch größere Lasten zu transportieren, erklärt Projektleiter Markus Trenker. In die Drohne soll künftig eine ganze Europalette voller Waren passen. Die Idee ist, die gesamte Schnauze des Fluggeräts hochzuklappen und die Fracht von vorne hinein zu schieben, ähnlich wie bei Frachtflugzeugen des Typs Antonow.
Die "Miniatur-Antonow" soll laut Trenker 500 Kilogramm Nutzlast befördern können. Das maximale Abfluggewicht von Trogon liegt samt Zuladung bei ungefähr zwei Tonnen. Angetrieben durch einen Propeller am Heck soll Trogon bis zu 350 km/h schnell fliegen und eine Reichweite von 1.500 Kilometer haben. Am Plan hat die Lieferdrohne eine Flügelspannweite von 14 Meter. Bisher gebaut und getestet wurde ein Modell, das ein Viertel der Größe aufweist. Nach vielen Berechnungen, Simulationen und Design-Anpassungen ist dieser Prototyp bzw. "Demonstrator" erwiesenermaßen flugfähig.
Offenheit bei Antrieb
Hilfe bei der Konstruktion des Prototypen hat das Team der FHWN von einem Modellbauklub in Wiener Neustadt erhalten. Angetrieben wird das Fluggerät von einem konventionellen Verbrennungsmotor. Für die Zukunft sei man aber "für alles offen", wie Trenker erklärt. Ob Trogon etwa mit Elektromotor fliegen könne, hänge davon ab, wie leicht Batterien künftig gebaut werden können. Das Fluggerät soll aus Materialien konstruiert werden, wie sie in der Luftfahrt üblich sind, etwa Aluminium und faserverstärkten Kunststoffen.
Eine Herausforderung bei der Konstruktion war es, neben den Flügeln auch den Rumpf so zu gestalten, dass er Auftrieb erzeugt. Das Volumen für den Frachtraum bedingt eine etwas kugelige Form. Alternativ wäre auch ein so genannter "Blended Wing Body" möglich gewesen, bei dem der Rumpf nahtlos in den Flügeln verschwindet. "Aber da ist es schwer, eine Europalette hinein zu bekommen. Die Flügel wären dann auch sehr dick geworden und hätten viel Luftwiderstand erzeugt", sagt Trenker.
Autonomes Fliegen testen
Mit dem Trogon-Prototypen will die FHWN nun erstmal ausgiebig Testflüge durchführen. Das Fluggerät wird derzeit noch per Fernbedienung manuell gesteuert. Mit dem Modell will das Team aber auch die Möglichkeiten des autonomen Fliegens austesten. Dabei soll es dann selbstständig einem vordefinierten Flugpfad folgen.
Ob auf das Modell später eine weitere Trogon-Version in Originalgröße folgt, sei derzeit noch unklar. "Das hängt davon ab, wo die finanziellen Mittel dafür herkommen", meint Trenker. An eine Kommerzialisierung des Konzepts sei momentan noch gar nicht zu denken. "Als FH entwickeln wir Konzepte, was in Zukunft möglich sein wird. Das Ganze wirklich zu bauen und zertifizieren zu lassen, ist eher Aufgabe von Vertretern der Luftfahrtindustrie."
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