Was wurde aus der Drohnenzustellung?
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2013 ließ Amazon-Gründer Jeff Bezos aufhorchen. In „vier bis fünf Jahren“, so der Billionär damals, würde Amazon mit Drohnen Pakete an seine Kundschaft ausliefern. Knapp 10 Jahre später ist klar: Bezos‘ Prognose hat sich nicht bewahrheitet. Weder in den USA noch in Europa können Smartphones, Bücher oder Schuhe flächendeckend über einen Drohnenlieferservice bestellt werden.
Dabei galt „Prime Air“, wie Amazon seinen Drohnenlieferdienst nennt, als vielversprechend. In unter 30 Minuten sollen Pakete mit bis zu 2,3 Kilogramm ausgeliefert werden. Vor 3 Jahren stellte der Versandhändler sogar eine Drohne offiziell vor und erhielt wenig später die Zulassung der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde. Das Unternehmen hat bislang mehr als 2 Milliarden US-Dollar in das Projekt gesteckt und ein Team von über 1.000 Angestellten aufgestellt.
Amazon-Drohnen kommen nicht vom Fleck
Trotzdem gibt es immer noch kein genaues Startdatum für die Amazon-Drohne – weder in den USA noch in Österreich. „Die einzige Lösung, die es wert ist, eingeführt zu werden, ist eine sichere und zuverlässige“, schreibt Amazon auf seiner Website. „Wir sind aktiv am Fliegen und Testen, und es wird Zeit und noch mehr harte Arbeit erfordern, bis der Betrieb skalierbar ist.“
Schuld an den Verzögerungen sind laut Recherchen von Time Magazine, Wired und Bloomberg firmeninterne Querelen. Führendes Personal sei häufig entlassen worden, worunter die Unternehmenskultur gelitten habe. Sicherheitsvorkehrungen wären ebenfalls zu kurz gekommen. Auf einem Testgelände seien innerhalb von 4 Monaten 5 Drohnen abgestürzt, die eigentlich für öffentliche Tests vorgesehen gewesen wären.
Keine Zustelldrohnen in Österreich in den nächsten Jahren
Amazon ist aber nicht der einzige Versandhändler, der mit Drohnen liefern möchte. 2013 begann DHL mit der Entwicklung seines „Paketkopters“. Die Zustellungsdrohne wurde in ersten Tests vor allem für Auslieferungen von Medizin verwendet, dürfte aber wohl für immer am Boden bleiben. Wie DHL vergangenes Jahr bekanntgab, stellt es das Projekt ein.
„Der Paketkopter war für uns in erster Linie ein reines Forschungsprojekt, um herauszufinden, für welche Bereiche und unter welchen technischen und wirtschaftlichen Bedingungen dieses Transportmittel eine geeignete Alternative zur klassischen Paketzustellung darstellen könnte“, hielt DHL gegenüber der futurezone fest. „Alle Forschungsprojekte seien abgeschlossen“, so der Lieferdienst weiter. Ein Regelbetrieb für die Paketzustellung in Österreich oder Deutschland sei derzeit nicht geplant.
Der Expresslieferdienst UPS hält hingegen noch an der Idee der Drohnenzustellung fest. Allerdings beschränkt sich das Unternehmen derzeit mit seinem Vorhaben auf die USA: „Während weitere Drohnenanwendungen geprüft werden, liegt der Schwerpunkt von UPS derzeit auf Anwendungen in den Vereinigten Staaten“, sagt UPS der futurezone. Wann Drohnenzustellungen in Österreich und Deutschland möglich sein werden, sei noch offen.
Österreichische Post sieht "keine breite Anwendung"
Ähnlich antwortet die österreichische Post. Für sie ist der flächendeckende Einsatz von Paketdrohnen hierzulande nicht denkbar. „Prinzipiell beobachten wir das Thema genau, wir sehen aber nicht, dass es eine breite Anwendung findet“, verrät das Unternehmen der futurezone.
Man müsse bedenken, dass in Österreich pro Tag mehr als 100.000 Pakete zugestellt werden. „Der Himmel wäre schwarz“, so die Post AG in Bezug auf den Einsatz von Drohnen. 2017 hatte sie in Kooperation mit der TU Graz die automatisierte Paketzustellung erprobt. Per unbemanntem Fluggerät lieferte die Post Pakete in abgelegene Berggebiete. Solche spezifischen Anwendungsbereiche, „vor allem im B2B-Bereich“, seien laut dem Unternehmen eher realistisch.
Neue Akteure überholen Versandhändler
Während sich in Europa viele herkömmliche Lieferdienste von der Drohnenzustellung abzuwenden scheinen, gibt es in anderen Teilen der Welt neue Akteure, die den Markt zu erobern versuchen. Wing, ein Unternehmen der Google-Mutter Alphabet, bietet in der australischen Stadt Logan Drohnenlieferungen in Vororte an. Die Drohnen fliegen automatisch und werden nur von Pilot*innen überwacht. Mit einer Seilwinde setzt sie dann Pakete vor den Häusern ab. Eigenen Angaben zufolge habe sich bislang kein einziger Unfall zugetragen. Mittlerweile ist Wing auch in Finnland und den USA vertreten.
Ein weiterer Akteur, der in den Vereinigten Staaten vor allem Amazon Konkurrenz macht, ist Walmart. Seit November liefert der US-amerikanische Einzelhandelskonzern in einigen Filialen im Bundesstaat Arkansas Produkte per Drohne an seine Kund*innen.
Blutkonserven und Impfstoff per Drohne
Die westliche Welt will die Lieferdrohne für ein breites Publikum fit machen. Währenddessen wird sie anderswo für lebensrettende Transporte eingesetzt. Vor allem in infrastrukturschwachen Regionen in Afrika gibt es vielversprechende Ansätze, wichtige Güter mit unbemannten Fluggeräten zu versenden. So transportieren in Ruanda Drohnen des kalifornischen Start-ups Zipline Blutkonserven zwischen Spitälern hin und her. Und auch Covid-19-Impfstoffe werden auf diese Weise in Ghana an Krankenhäuser verschickt.
Zipline beschränkt sich allerdings nicht auf lebensrettende Transporte. Denn es ist unter anderem auch für Walmarts Drohnenversand verantwortlich.
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