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Neues Corona-Testgerät: Nur wer richtig riecht, kommt rein

In Eingangsbereichen von Büros, Fabriken, Geschäften und öffentlichen Gebäuden findet man seit Beginn der Corona-Krise Geräte, die per Wärmebildkamera die Körpertemperatur messen. Ist sie zu hoch, wird man aufgefordert, das Eintreten zu unterlassen.

Dem oberösterreichischen Unternehmer Meinhard Schwaiger waren diese Tests zu ungenau. Er hat daraufhin ein Gerät entwickelt, dass die Körpertemperatur von Menschen besonders präzise messen und zusätzlich ihren Geruchssinn testen kann. Dadurch soll sehr rasch klar werden, ob eine mögliche COVID-19-Infektion vorliegt oder nicht.

Das Gerät trägt den Namen iCQT, was für "interactive COVID-19 Quick Test" steht und wird von Schwaigers Firma AMX Automation Technologies gemeinsam mit der Innsbrucker PACT Group vertrieben. In den Eingangsbereichen mehrerer Unternehmen, darunter Industriebetriebe und Verkaufslokale, ist das Gerät bereits im Einsatz.

Temperatur im Augenwinkel

Die Idee zu iCQT kam Schwaiger, als er sich zu Beginn der Corona-Pandemie die Frage stellte, wie man infizierte Personen davon abhalten könnte, ein Gebäude zu betreten. "Temperaturkontrollen in Eingangsbereichen mittels Wärmebildkameras gab es auch bald. Aber das Messergebnis ist oft falsch, weil die Temperatur irgendwo im Gesicht gemessen wird", sagt Schwaiger zur futurezone.

Nach intensiven medizinischen Recherchen stand für Schwaiger fest, dass die Temperatur im Gesicht leicht durch Umgebungstemperatur oder Sonneneinstrahlung beeinflusst werden kann. An einer Stelle jedoch könne mit geringsten Abweichungen die Körperkerntemperatur erfasst werden: An den inneren Augenwinkeln. "Dieser Bereich ist sehr gut durchblutet und von der Umgebung relativ unbeeinflussbar."

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An den inneren Augenwinkeln herrscht ziemlich genau die selbe Temperatur wie im Inneren des Körpers

Plötzlicher Riechverlust

Die Vermarktung eines Geräts, dass diesen Bereich ins Visier nimmt, hielt Schwaiger aber für schwierig. "Es gibt so viele Temperaturmessgeräte am Markt. Wir hätten dann nur in einen extremen Wettbewerb eintreten können." Durch Beratungen mit einer Virologin, die schon im Februar 2020 Corona-Patienten in Tirol untersucht hat, kam die Idee, eine Überprüfung des Geruchssinns zu inkludieren.

Seit Beginn der Krise wurden bereits zahlreiche Studien zur Störung des Geruchssinns als Indikator für eine Erkrankung durchgeführt - mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Zusammengefasst komme aber heraus, dass 80 bis 90 Prozent aller COVID-19-Infizierten eine Geruchs- und Geschmacksstörung aufweisen.

Hals-Nasen-Ohren-Arzt Christian A. Müller von der MedUni Wien, der auf diesem Gebiet forscht, setzt den Wert bei 60 bis 80 Prozent an. Der futurezone erklärt er: "Wenn der Geruchssinn plötzlich wegfällt, ist das in diesen Tagen so gut wie immer auf eine Coronavirus-Infektion zurückzuführen."

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Riechtest-Bedienung am Touchscreen. Darunter ist die Wärmebildkamera, die aus dieser Position besser die Augenwinkel erfasst

Duftkärtchen

Das iCQT testet den Geruchssinn, indem ein kleines Kärtchen ausgegeben wird, von dem der Nutzer eine Klarsichtfolie abzieht und daran riecht. Auf dem Bildschirm werden ihm verschiedene Düfte angezeigt, von denen er den zutreffenden auswählt. Als Düfte wurden solche ausgesucht, die ein Großteil der Bevölkerung eindeutig identifizieren kann, etwa Zitrone, Orange, Schokolade, Kaffee, Essig und Minze.

Wird ein Geruch falsch erkannt, kann der Nutzer einen zweiten Versuch starten. "Ist das Ergebnis abermals falsch, gilt der Test als nicht bestanden", sagt Schwaiger. "Sie müssen dann von einer COVID-19-Infektion ausgehen. Die Person wird angehalten, sich einem Antigen-Test oder PCR-Test zu unterziehen." Schwaiger sieht sein Verfahren als schnell und effizient bei der Erkennung von Corona-Erkrankten an.

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Die Duftkärtchen im Visitenkarten-Format. Welche Sorte dem Nutzer überreicht wird, entscheidet ein Zufallsgenerator

Objektivität schwierig

Die Analyse läuft lokal am Gerät ab. Persönliche Daten werden laut dem Entwickler nicht gespeichert und nicht online übertragen. Eine Verbindung zur Cloud kann iCQT lediglich herstellen, um das Gerät mit Zutrittssystemen zu verbinden. Man könnte also Schranken oder Barrieren nur öffnen lassen, wenn der Corona-Test am iCQT bestanden wurde.

Christian A. Müller von der MedUni Wien sieht das kritisch. Geruchstests seien objektiv sehr schwierig durchzuführen. 15 - 20 Prozent hätten auch ohne Erkrankung Probleme dabei, Gerüche zu erkennen oder zuzuordnen.

Durch die Kombination mit einem Geruchstest könnten COVID-19-Infizierte aber besser erkannt werden als mit einer Temperaturmessung alleine. Für Unternehmen sei das iCQT also durchaus eine gute Lösung, wenn es um die Vermeidung von Ansteckungen geht.

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Mehrere Unternehmen haben iCQT bereits vor ihren Eingängen platziert

Kauf und Miete möglich

Für die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb hat sich Schweiger mit seiner Firma AMX Automation Technologies mit der PACT Group - die auf Display-Lösungen am Point of Sale spezialisiert ist - sowie einem weiteren Partner aus der Elektronikindustrie zusammengetan. Produziert wird iCQT in Innsbruck. Das Gerät ist in 3 Varianten erhältlich: Mit Temperaturmessung, mit Geruchstest oder mit beidem.

Die Vollvariante ist zu einem Preis von weniger als 10.000 Euro erhältlich, sagt Schwaiger. Man kann das Gerät auch mieten, zu einem Preis unter 500 Euro. Für den Geruchstest werden Duftkärtchen benötigt, die pro Stück unter 10 Cent kosten. Das Gerät fasst rund 10.000 Stück dieser Kärtchen. "Das Ganze ist sehr einfach handzuhaben. Auf einen Touchscreen zu tippen ist einfach und auch für ein Kind zumutbar", sagt Schwaiger. Er hält auch einen Einsatz in Schulen für sinnvoll.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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