Wiener Forscher helfen Behörden beim Aufspüren von Krypto-Kriminellen.

Wiener Forscher helfen Behörden beim Aufspüren von Krypto-Kriminellen.

© Reuters/Dado Ruvic/Illustration

Cyberkriminalität

Wie österreichische Forscher Krypto-Betrüger auffliegen lassen

Cyberbetrüger*innen können sich überall verstecken: Sie lauern hinter Werbeanzeigen im Internet und QR-Code-Stickern, die auf Parkbänken kleben. Oft versprechen sie hohe Gewinne durch Krypto-Investments. Kryptowährungen sind digitale Finanzmittel, die nicht nur für legitime, sondern auch für verschiedenste kriminelle Zwecke eingesetzt werden.

Bei einer gängigen Masche folgen die Opfer einem Link und füllen dann ein Formular aus. Später ruft ein Callcenter an und überredet sie zu einer Investition.

Wo landet das Geld?

Das eingezahlte Geld fließt dann auf das Konto einer Krypto-Börse. Dann verliert sich die Spur des Geldes normalerweise, weil es von den Betrügern in ein globales Geldwäschenetzwerk eingespeist wird. Die versprochenen Gewinne bleiben aus, stattdessen verlieren die Opfer ihr Geld. Die einzige Spur, die Ermittler zu den Kriminellen führen kann, ist die Kontonummer, auf die der Betrag eingangs einbezahlt wurde.

Derzeit müssen polizeiliche Ermittler*innen in Betrugsfällen mit speziellen Programmen immer einzeln überprüfen, wo das Geld hin ist. Weil die Zahl der Betrugsfälle aber massiv steigt, können sie längst nicht mehr alle Transaktionen zurückverfolgen. „Die Einzelüberprüfung funktioniert nicht mehr, zudem werden die Geldwäsche-Netzwerke immer komplexer und professioneller“, erklärt der Krypto-Forscher Bernhard Haslhofer der futurezone. „Diese Netzwerke werden über unzählige Mittelsmänner automatisch aktiviert. Hier noch immer manuell vorzugehen, ist aus unserer Sicht vergeudete Liebesmüh“, erklärt er.

Die Behörden brauchen daher dringend neue forensische Methoden, mit denen sie Geldströme schneller, effizienter und automatisiert verfolgen können. So ein Werkzeug entwickelt Haslhofer mit seinem Team am Complexity Science Hub (CSH) in Wien. Vergangenen Oktober starteten die Forscher*innen dazu das Projekt „DeFi Trace“. Seit etwa drei Jahren beobachten sie das Aufkommen einer neuen Art von Krypto-Börse, die auf der Ethereum-Blockchain basiert.

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Krypto ist "Privatsphären-Dystopie"

Diese neuartigen Börsen funktionieren wie herkömmliche, nur ohne die Institutionen, die normalerweise hinter solchen Plattformen stehen. Während für etablierte Krypto-Marktplätze inzwischen strenge Regeln gelten, können diese neuen Plattformen viele Regularien einfach umgehen. „Keiner weiß bei solchen dezentralen Börsen, wer dort dahintersteckt. Das öffnet Tür und Tor für alle Arten von Missbrauch“, erklärt Haslhofer. 

Weil diese neuen Krypto-Marktplätze weniger überwacht werden, seien diese bei Kriminellen besonders beliebt – weil dort z. B. niemand fragt, woher die eingezahlte Million stammt. Allerdings heißt das nicht, dass die Polizei auf solchen dezentralen Börsen keine Verbrecher aufspüren kann. Einer der größten Irrtümer sei, dass Krypto-Transaktionen anonym sind: „Als Resümee nach 10 Jahren Forschung würde ich Kryptowährungen eher als Privatsphären-Dystopie bezeichnen. Aufgrund der Transparenz der Blockchain sind Finanztransaktionen vollständig einsehbar, was zur dauerhaften Nachverfolgbarkeit von Geldströmen führt“, sagt Haslhofer. Durch die Rückverfolgung der Mittel zu anderen Kryptobörsen könnten auch die handelnden Personen gefunden werden. „Der Glaube, dass man mit diesem System anonym bleibt, ist einfach komplett falsch“, sagt er.

Bernhard Haslhofer forscht seit 10 Jahren zu Kryptowährungen und Finanzinnovationen

Bernhard Haslhofer forscht seit 10 Jahren zu Kryptowährungen und Finanzinnovationen

Verbrecher finden

Das Team rund um Haslhofer entwickelt daher ein Programm, mit dem Behörden Geldflüsse auf diesen Ethereum-Börsen automatisiert verfolgen können. Für ihr Analysewerkzeug verwenden sie öffentliche Transaktionsdaten und Preisinformationen als Grundlage. „Wir versuchen, datengetrieben Zusammenhänge in diesen Systemen zu verstehen“, erklärt Haslhofer. Die Forscher erhalten dann ein Gesamtmodell des Ethereum-Netzwerkes. Damit können sie dann auch einzelne Zahlungen verfolgen.

Kryptowährungen werden für viele Straftaten genutzt. In der Vergangenheit konnten die Forscher*innen bereits zeigen, dass weltweit viele Fälle von Cyberkriminalität miteinander zusammenhängen: Im Bereich Anlagebetrug über 40 Prozent, bei Erpressung mit sexuellen Inhalten sind es über 97 Prozent. Solche statistischen Zusammenhänge können so die Ermittlungen im Einzelfall stark vereinfachen. Die neue Methode soll etwa verhindern, dass mehrere Ermittler*innen gleichzeitig im gleichen Fall ermitteln.

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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