Ein Silizium-Halbleiter (Symbolbild)

Ein Silizium-Halbleiter (Symbolbild)

© PonyWang / Gettyimages

Science

"Reinstes Silizium der Welt" könnte eine Million Qubits ermöglichen

Auch wenn Quantencomputer bereits allgegenwärtig zu sein scheinen, haben sie noch viele Probleme. So ist es eine große Herausforderung die Qubits, die für die Rechenleistung nötig sind, in ausreichender Anzahl stabil zu halten. Jetzt könnte Forscher*innen der Universität Manchester ein Durchbruch gelungen sein. 

Qubits befinden sich gleichzeitig im Zustand 1 und 0. Erst wenn man ihren Zustand misst, „entscheiden“ sie sich für einen Zustand. Das ist noch recht fehleranfällig. Eine gängige Theorie geht davon aus, dass die Fehlerquote sinkt, je mehr Qubits man zur Verfügung hat. Den derzeitigen Rekord hält IBM mit 433 Qubits, Atom Computing baut derzeit einen Quantencomputer mit 1.180 Qubits. 

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Instabil und fehleranfällig

Qubits sind sehr empfindlich gegenüber kleinsten Veränderungen, wie z.B. Temperaturschwankungen. Sie müssen fast auf den absoluten Nullpunkt heruntergekühlt werden. Es gibt dafür verschiedene Ansätze, etwa mithilfe von Supraleitern oder Ionen-Fallen. Doch alle Systeme haben ihre Probleme damit, die Qubits stabil zu halten.

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Auch aus dem Halbleitermaterial Silizium, das in normalen Computerchips verwendet wird, könnten Qubits hergestellt werden. Daran forscht etwa die niederländische Firma QuTech, die 2022 einen Durchbruch erzielte, als sie einen Quantenprozessor mit 6 stabilen Silizium-Qubits bauten. Demnach wären Vorteile dieser Technologie, dass die Qubits stabiler und weniger fehleranfällig wären als bei anderen Methoden.

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Reines Silizium

Das Material war aber bisher nicht rein genug, um eine große Menge Qubits damit herzustellen und stabil zu halten. Dieses Problem könnte jetzt gelöst sein. Mit Silizium-28 (Si-28) haben die Forscher*innen die weltweit reinste Version des Elements produziert, heißt es in einem Statement.

Natürliche Vorkommen von Silizium bestehen aus einem Gemisch aus Si-28, Si-29 und Si-30. Si-29 sorgt bei Quantencomputern für einen „nuklearen Flip-Flop“-Effekt, also zu Informationsverlust aufgrund von Instabilität. Es macht ungefähr 5 Prozent des natürlichen Siliziums aus.

Mit einer neuen Methode konnten die Forscher*innen sowohl Si-29 als auch Si-30 entfernen, so dass nur Si-28 übrigbleibt. Das sei das perfekte Material, um Quantencomputer in großem Maßstab herzustellen, die mit einer hohen Genauigkeit arbeiten, erklären die Wissenschaftler*innen. 

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Kommerzielle Quantencomputer mit einer Million Qubits

Sie glauben, dass ihr Material den Weg zu einem Quantencomputer mit einer Million Qubits ebnet. Einer Theorie nach ist diese Zahl von Qubits nötig, um einen wirklich kommerziell nutzbaren Quantencomputer zu bauen. Ein Vorteil von reinem Silizium ist, dass viele Qubits auf kleinem Raum gehalten werden können. Die Prozessoren könnten demnach die Größe eines Stecknadelkopfes haben. 

Silizium-Qubits hätten auch den Vorteil, dass ihre Produktion günstiger wäre als andere Methoden. Sie nutzt bestehende Infrastruktur, mit der bereits Halbleiter für normale Computerprozessoren hergestellt werden. Dadurch könnten Silizium-Quantencomputer schneller hochskaliert werden, glauben die Forscher*innen. 

Ein Siliziumchip wird im Ionenstrahl-Labor der Uni Manchester bearbeitet

Doch das Material muss erst noch erprobt werden. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler*innen zeigen, dass damit Quatenkohärenz erreicht wird, also Qubits stabil gehalten werden können. Schon ein 30-Qubit-Quantencomputer soll laut ihnen jeden Supercomputer übertreffen können. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Viele offene Fragen bei Quantencomputern

Um Quantencomputer kommerziell einzusetzen, etwa im Finanzwesen oder für Sicherheitszwecke, dürften Hunderttausende bis Millionen Qubits nötig sein. Allerdings gibt es grundsätzlich noch viele offene Fragen um Quantencomputer. So ist noch unklar, wie viel Qubits ein Quantencomputer tatsächlich benötigt. 

Das hängt von verschiedenen Faktoren wie der Qualität der Qubits ab. Viele Qubits, die allerdings sehr fehleranfällig sind, bieten keinen Vorteil gegenüber wenigeren aber dafür hochwertigen Qubits – man spricht dabei vom „Quantenvolumen“ als Qualitätsmerkmal. Im Dezember 2023 konnten IBM-Forscher*innen z.B. erstmals den Quantenprozessor "Condor" mit 1.121 Qubits bauen - allerdings mit einer Leistung die vergleichbar mit ihrem 433-Qubit-Chip ist. 

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