Sextortion betrifft häufig junge Männer.

Sextortion betrifft häufig junge Männer.

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Science

Sextortion: Wiener Forscher gehen sexueller Erpressung im Netz auf die Spur

Sextortion, die sexuelle Erpressung im Internet, entwickelt sich zunehmend zu einem globalen Problem. Dabei nutzen Täter intime Fotos oder Videos, um Opfer – häufig junge Männer – unter Druck zu setzen. Meist beginnt alles mit vermeintlich harmlosen Flirts auf sozialen Medien oder Dating-Portalen und endet in psychisch belastenden Erpressungen.

Laut einer Studie des deutschen Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik gehörte Sextortion 2023 zu den 3 größten Online-Bedrohungen. In Österreich meldete die Helpline „Rat auf Draht“ von 2022 auf 2023 einen Anstieg der Anrufe zu diesem Thema um 30 Prozent. Die US-Bundesbehörde FBI spricht von einer “eskalierenden Bedrohung”. 

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Spur des Geldes

Die erpressten Geldsummen werden meist in Form von Kryptowährungen gefordert bzw. oft auch bezahlt. Die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) kooperiert nun mit Forschern vom Wiener Complexity Science Hub (CSH), um der Spur des Geldes besser zu folgen. 

Mithilfe des Analysetools GraphSense untersucht der CSH in Wien unter Leitung von Bernhard Haslhofer die Transaktionen. GraphSense ist eine Kryptoasset-Analyseplattform, die vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) in Zusammenarbeit mit dem AIT Austrian Institute of Technology entwickelt wurde. Es ermöglicht visuelle Untersuchungen von Transaktionen und tiefgehende Analysen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Identifikation von ungewöhnlichen Transaktionsmustern.

Wenige Gruppen an Tätern

Bei der Analyse von Sextortion-Zahlungen zeigt sich, dass die globale Bedrohung durch Sextortion von vergleichsweise wenigen Gruppe an Akteuren ausgeht. Eine Analyse von 4,5 Millionen Sextortion-E-Mails zeigte, dass die Fälle auf nur 96 Kampagnen und 12.533 Bitcoin-Adressen zurückgeführt werden konnten. 

In Bayern wurden zwischen Januar 2021 und Juli 2023 insgesamt 1.793 Fälle registriert, von denen fast 97 Prozent miteinander verbunden waren. Das CSH arbeitet eng mit den bayerischen Strafverfolgungsbehörden zusammen, um den Geldfluss zu verfolgen und Täter zu identifizieren. Die hohe Fallzahl und das Datenvolumen überfordern herkömmliche forensische Methoden, weswegen automatisierte Ansätze wie mit GraphSense essenziell sind, wie es vom CSH heißt. 

Tipps, wenn man von Sextortion betroffen ist

Die Experten geben folgende Ratschläge, wenn man von derartiger Erpressung im Netz betroffen ist. So sollte man vorgehen:

  1. Kontakt abbrechen: Beende sofort jegliche Kommunikation mit den Täterinnen oder Tätern. Antworte nicht auf weitere Nachrichten oder Drohungen.
  2. Zahle unter keinen Umständen: Die Zahlung garantiert nicht, dass das Material nicht veröffentlicht wird und könnte weitere Forderungen nach sich ziehen. 
  3. Richte einen Google Alert ein: Erstelle einen Google Alert mit deinem Namen, um zu überwachen, ob Fotos oder Videos von Dir online hochgeladen werden. 
  4. Überprüfe Deine Konten: Stelle sicher, dass keines deiner Konten kompromittiert wurde. Ändere die Passwörter aller Konten, insbesondere jener mit sensiblen Informationen. 
  5. Bewahre alle Beweise auf: Speichere alle Kommunikationen, einschließlich Nachrichten, E-Mails, Screenshots von Chats, Transaktionsdetails und Bilder oder Videos, die von den Täterinnen oder Tätern gesendet wurden. Diese Beweise können für Ermittlungen entscheidend sein. 
  6. Melde den Vorfall der Polizei: Erstatte Anzeige bei der Polizei. Anzeigen sind entscheidend, um der Polizei zu helfen, diese Verbrechen zu verfolgen und zu stoppen. 
  7. Folge Sicherheitsrichtlinien online: Weitere Informationen und Hilfsangebote findest du etwa auf der Website des Österreichischen Bundesministeriums für Inneres, das Nationale Zentrum für Cybersicherheit des Vereinigten Königreichs oder die Sextortion-Informationsseite des FBI.

Eskalierende Bedrohung durch KI

Eine neue Dimension erreicht Sextortion laut den Fachleuten durch den Einsatz von KI-generierten Bildern. Täter behaupten, Nacktfotos von Opfern erstellt zu haben, selbst wenn diese nicht echt sind. Dies erhöht den psychologischen Druck auf die Opfer zusätzlich.

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Die Strafverfolgung ist insgesamt allerdings eine Herausforderung. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Täter meist nicht in Europa sitzen. Laut ZCB stammen sie oft aus westafrikanischen Ländern wie Nigeria und Côte d’Ivoire oder aus Südostasien.

Eine Herausforderung bei Sextortion ist auch die Scheu vieler Opfer, sich Hilfe zu suchen bzw. Anzeige zu erstatten. Das führt auch dazu, dass es eine große Dunkelziffer an nicht dokumentierten Fällen gibt. 

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