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Wie die Digitalisierung den sozialen Sektor verändert

Die Digitalisierung krempelt gerade praktisch jeden Lebensbereich um. Der soziale Sektor ist hier keine Ausnahme. Vor allem die Veränderung des Medienkonsums und des Kommunikationsverhaltens stellt eine große Herausforderung dar. Die Mediennutzung ist je nach Zielgruppe unterschiedlich. Nicht nur in der Jugendarbeit heißt das, dass Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter Facebook, WhatsApp und Co als Kommunikationskanäle mit allen Vor- und Nachteilen kennen sollten. Im Sozialbereich ist das Thema Digitalisierung noch relativ neu. Die Praxis zeigt einerseits, dass viele Menschen verstärkt digitale Angebote erwarten.

Das bedeutet, dass dazu neue Konzepte entwickelt werden müssen. Forschung und Fachpublikationen zum Thema Digitalisierung gibt es erst seit kurzem. "Wir brauchen hier entsprechende Konzepte, denn einfach nur zu sagen 'Super, wir probieren neue Kommunikationskanäle aus' reicht nicht. Es müssen viele Faktoren mit bedacht werden, zum Beispiel das Thema Datenschutz", sagt Brigitta Zierer von der FH Campus Wien. Gerade wenn sensible Daten im Spiel sind, ist es im professionellen Beratungskontext etwa wichtig zu wissen, welche Plattformen die Datensicherheit überhaupt gewährleisten können.

Darüber hinaus geht es um die Frage, wie digitale Angebote gestaltet sein müssen, um grundlegende Informationen zu verfügbaren Angeboten so aufzubereiten, dass sie über Smartphones oder Tablets für viele Zielgruppen und überall verfügbar sein können. Online-Foren oder Online-Beratung können für Personen, die mit sozialen Problemen konfrontiert sind, eine anonyme und niederschwellige Möglichkeit sein, sich zu einem bestimmten Thema zu informieren. Bei Bedarf sollte jedoch immer eine klassische analoge Beratung durch geschultes Personal zur Verfügung stehen. "Digitale Angebote alleine reichen nicht, es braucht immer das Zusammenspiel zwischen analoger und digitaler Beratung", sagt Zierer.

Mischung muss stimmen

Bei der digitalen Kommunikation mit Klientinnen und Klienten müssen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter neben dem Datenschutz auch beachten, dass die Erwartungshaltung des Gegenübers eventuell eine andere ist, als bei analogen Kanälen. "Man muss sich etwa überlegen, wie rasch Klientinnen und Klienten eine Antwort auf eine Anfrage erwarten. Auch die Form der Antwort muss an das Medium angepasst werden, damit möglichst keine Missinterpretationen passieren können", sagt Zierer. Zudem sollte in Organisationen im sozialen Sektor eine Digitalisierungsstrategie entwickelt werden, die zu den analog verfügbaren Angeboten passt.

An der FH Campus Wien steht die Erarbeitung von Konzepten derzeit noch am Anfang. Derzeit wird ein Weiterbildungsangebot entwickelt, das diese digitale Kompetenz für den sozialen Sektor vermitteln kann. "Es braucht Personen, die das vorantreiben und entwickeln, denn das Ausloten der technischen Optionen erfordert entsprechende Kenntnisse", sagt Zierer. Wichtig ist auch, dass weder die Beraterinnen und Berater noch die Klientinnen und Klienten mit digitalen Angeboten überfordert werden. Wenn die Mischung stimmt, können digitale Tools etwa dazu beitragen, Prozesse in der Sozialen Arbeit, wie die Dokumentation, zu vereinfachen. "Dazu müssen passgenaue Werkzeuge entwickelt werden, die den Anforderungen der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter entsprechen", sagt Zierer.

Schnittstelle zwischen Sozialem und Technik

Das ist oft nicht einfach zu erreichen, weil es zwischen den Technikerinnen und Technikern, die entsprechende Systeme entwickeln, und den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die sie dann nützen, ein anderes Verständnis gibt. " Deshalb braucht es Menschen, die zwischen den Bereichen Technik und Soziales vermitteln können, damit die Technikseite die Anforderungen der Sozialen Arbeit kennt und entsprechend berücksichtigen kann", sagt Zierer. Funktionierende Systeme könnten dann auch organisationsübergreifend zum Einsatz kommen und so die Zusammenarbeit im sozialen Bereich verbessern. Andererseits sollten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter verschiedene Anwendungsoptionen kennen, bevor sie die Entscheidung für eine technische Präferenz treffen.

Die Digitalisierung bringt im sozialen Sektor ganz neue Phänomene und Arbeitsfelder hervor. "Eine exzessive Social Media-Nutzung kann auch eine Suchtproblematik verursachen, die wiederum konkrete Interventionen notwendig macht. Cybermobbing oder Cybergewalt sind neue Problemfelder, die erst mit den neuen Medien Einzug gehalten haben und genauer beforscht werden. Wir müssen dem digitalen Raum in Zukunft einfach immer stärker mitdenken, beforschen und mit entwickeln", sagt Zierer.

 

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.

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