Helicopter rotors
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Start-ups

Ein Flugtaxi zum Preis eines Mittelklassewagens

Der Airbus-Konzern, Hyundai, Toyota, EHang, Uber, das von Google-Gründer Larry Page finanzierte Start-up Kitty Hawk oder die deutschen Firmen Volocopter und Lilium sind nur einige Unternehmen, die an Flugtaxis arbeiten. Sie alle wiederholen einen Fehler, den auch die Automobilindustrie mit Elektrofahrzeugen gemacht habe, sagt Jürgen Greil: "Sie zielen auf das Premium-Segment ab und sind zu teuer."

Der langjährige ehemalige BMW-Manager, der zuletzt für den chinesischen Autohersteller Great Wall eine Fahrzeugplattform für Brennstoffzellen- und Elektromotoren entwickelte, will es anders machen. "Es kann nur funktionieren, wenn es gelingt, die Preise für solche Fluggeräte auf das Niveau eines Mittelklassewagens zu bringen", sagt er.

Hochkarätiges Team

Gemeinsam mit dem früheren Audi-Manager und Ex-Chef der chinesischen Luxusautomarke Wey, Jens Steingräber, dem Luft- und Raumfahrt-Ingenieur Markus Kampitsch und der Managerin Yvonne Winter hat der 52-Jährige im vergangenen Jahr das Start-up FlyNow Aviation gegründet. Das im Salzburger Technologiepark Techno-Z ansässige Unternehmen entwickelt "personal air vehicles" oder manntragende Drohnen, wie Greil sie nennt.

Sie sollen wesentlich leichter sein als die Flugtaxis der Mitbewerber und auch ressourcenschonender produziert werden können. Kosten sollen sie anfangs nicht mehr als ein Auto in der oberen Mittelklasse, sagt Greil. Das sei ein Bruchteil des Preises der Konkurrenz.

FlyNow Aviation-Gründer Jürgen Greil

Erster Prototyp im nächsten Jahr

Ein erster Prototyp der Salzburger Manndrohne soll in einem Jahr verfügbar sein. Ziel sei es zunächst, dass sie eine halbe Stunde fliegen könne und bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h eine Reichweite von rund 50 Kilometer haben, sagt Greil. Er geht davon aus, dass die meisten Flüge mit solchen Lufttaxis unter 15 Kilometer ausmachen und zwischen 8 bis 10 Minuten dauern werden.

Anders als Modelle von Unternehmen, die ebenfalls an Flugtaxis arbeiten, wird das Fluggerät des Salzburger Start-ups nicht Platz für zwei oder mehrere, sondern nur für eine Person bieten. Auch die durchschnittliche Belegung von PKWs liege seit Jahrzehnten bei 1,1 bis 1,2 Personen, rechnet Greil vor. Mit solchen Flugtaxis seien die Fahrgäste aber nicht mit 2 Tonnen schweren Fahrzeugen unterwegs, sondern mit einem Fluggerät, das nur 200 Kilogramm wiege und mit unter 65 dB(A) deutlich leiser als ein Auto sei. Das sei auch wesentlich ressourcenschonender. Wenn man fliege, brauche man de facto fast keine Infrastruktur.

Übereinanderliegende Rotorblätter

Warum kann man so viel günstiger produzieren als die Konkurrenz? Viele Mitbewerber würden auf Multicoptersysteme mit 8 bis 18 Rotoren setzen, erläutert Greil. Das brauche mehr Energie und sei wesentlich aufwändiger. "Wir orientieren uns an dem, was sich bewährt hat, nämlich am Helikopter." Angetrieben sollen die Drohnen des Start-ups von zwei übereinanderliegenden Rotoren mit einem Durchmesser von 4,5 Metern werden. Die Kabine hängt darunter. Dadurch brauche man deutlich weniger Leistung, um eine gewisse Masse heben zu können, sagt Greil: "Genau so, wie es im Prinzip Leonardo da Vinci vor 500 Jahren gezeichnet hat."

Weitere technische Details zu den Fluggeräten will der Gründer nicht nennen. Auch Bilder oder Entwürfe der Drohnen will das Start-up noch nicht zeigen. "Um die Mitbewerber nicht mit der Nase darauf zu stoßen", sagt der ehemalige Automobilmanager. Andere Hersteller würden wissen, was sie für Probleme haben und auch die Grenzen ihrer Konzepte kennen.

Fliegen sollen die Drohnen nicht autonom, wie in vielen Konzepten anderer Anbieter. Sie sollen eine vorgegebene Route aber automatisch zurücklegen.  Auch heute würden Piloten manuell einen Flugplan erstellen und ihn an die Luftfahrtaufsicht übermitteln, erläutert Greil. "Bei uns geschieht das eben automatisch, nachdem der Flug über eine App gebucht wurde." Piloten im Fluggerät sind auch bei dem Salzburger Start-up nicht vorgesehen.

Regulatorische Vorgaben

Wie lange wird es dauern, bis die regulatorischen Vorgaben für solche Formen der Mobilität gegeben sein werden? Das hänge von den jeweiligen Ländern oder Städten ab, meint Greil. "Österreich, die Schweiz oder Deutschland werden wahrscheinlich die letzten Länder sein, wo es eine solche Form der Mobilität geben wird." In Südostasien oder Südamerika wo Autofahrer in Megacities täglich stundenlang im Stau stehen würden, sei dies anders. "Dort gibt es auch eine andere Motiviation, sich für neue Lösungen zu öffnen."

Mit Behörden in Indien sei man bereits im Gespräch. Ebenso wie mit einigen großen Firmen. Für sie seien solche Fluggeräte vor allem für die Abwicklung des internen Werkverkehrs in großen Städten interessant.

"Großes Netzwerk"

Montiert werden sollen die Fluggeräte in Österreich. Die Komponenten kommen von Zulieferern. "Wir werden sicherlich keine Batterie- oder Elektromotorenhersteller", sagt Greil. "Wir haben ein großes Netzwerk." Die Auftragslage in der Automobilindustrie sei derzeit nicht rosig, meint der Gründer. Sein Unternehmen würde in gewisser Weise helfen, neue Geschäftsfelder zu erschließen, sodass alle Beteiligten davon profitieren: "Es fällt uns daher leicht, Zulieferer zu gewinnen. Die sprechen gerne mit uns und haben eine Menge Spaß gemeinsam ein neues, innovatives Produkt zu entwickeln."

Finanziert wird das Start-up mit privaten Mitteln der Gründer, mittlerweile sind auch erste Investoren an Bord. Auch eine Förderung der staatlichen Förderbank austria wirtschaftsservice (aws) konnte sich das Unternehmen sichern.

2024 am Markt

Anfang 2024 sollen die ersten Drohnen ausgeliefert werden, an Flottenbetreiber, Taxiunternehmen oder Kommunen. "Dort, wo die Not am größten ist und der Verkehr am dringendsten entlastet werden muss", sagt Greil.

Davon, dass das Konzept des Start-ups aufgeht, ist der Gründer überzeugt: "Wir vereinen insgesamt beinahe 100 Jahre Erfahrung in der Luftfahrt- und Automobilindustrie in leitenden Funktionen und hatten allesamt lukrative Jobs. Wenn wir nicht daran glauben würden, hätten wir das nicht getan."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer redaktionellen Kooperation zwischen futurezone und aws.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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