Begrünte Fassade
© Naturebase

Start-ups

Grüne Fassaden gegen die Hitze in der Stadt

Mit dem Klimawandel hat die Zahl der Hitzetage in Europas Städten zugenommen. Im Vergleich zur vorangegangenen Klimaperiode haben sich etwa die Tage in Wien über 30 Grad von 1991 bis 2020 fast verdoppelt. Im vergangenen Jahr wurden 31 Hitzetage gezählt.

Begrünte Fassaden können dabei helfen, Gebäude kühl zu halten und damit auch die Nutzung von Klimaanlagen zu reduzieren. Das Wiener Start-up Naturebase bietet mit seinen Living Panels ein Komplettsystem zur Begrünung von Gebäuden an. "Wir übernehmen von der Planung bis zur fertigen Übergabe alles", sagt Naturebase-Geschäftsführer Johannes Anschober, der das Start-up gemeinsam mit Günther Frühwirt gründete.

Hervorgegangen sind die Living Panels aus einem europäischen Forschungsprojekt, bei dem die Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) beteiligt war. 2021 wurde dann Naturebase gegründet, das modulare System weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht.

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Auf eine tragende Konstruktion werden Multifunktionsschienen angebracht, auf die 80 Zentimeter breite und 50 Zentimeter hohe Module montiert werden.

Ja nach Ausrichtung der Fassade kommen unterschiedliche Pflanzen zum Einsatz. In Südlagen, wo sich Hausmauern im Sommer auf bis zu 80 Grad aufheizen können, sind es etwa Lavendel, Walderdbeeren, Bohnenkraut, diverse Grünpflanzen, Glockenblumen, Federnelken oder Geranien. "Wir schauen, dass wir immer Pflanzenarten kombinieren, die einen ähnlichen Wasserbedarf haben", erzählt Anschober.

Begrünte Fassade

Begrünte Fassade von Naturebase im 9. Wiener Gemeindebezirk

Bewässert wird jedes der Module einzeln über die Multifunktionsschienen. Je nach Größe der grünen Fassaden und ihrer Höhe werden unterschiedliche Kreisläufe definiert, die auch sicherstellen sollen, dass der höchste Punkt genauso viel Wasser bekommt wie der niedrigste. Die Bewässerung erfolgt automatisch mittels Zeitsteuerung und Einbezug der Bodenfeuchtigkeit, die mit Sensoren gemessen wird.

Pro Jahr sei für einen Quadratmeter Fassadenbegrünung rund ein Kubikmeter Wasser notwendig, sagt Anschober. Dabei sind Extremhitzeperioden ebenso einberechnet wie der Wasserbedarf im Winter. Denn auch in der kalten Jahreszeit können sich die Fassaden aufheizen, sodass ein bis 3 Gießgänge in der Woche notwendig werden.

Kühleffekt

Bei längeren Hitzeperioden könne eine begrünte Fassade das Gebäudeinnere um bis zu 8 Grad kühlen, rechnet Anschober unter Verweis auf Simulationen vor. Je großflächiger die Fassade begrünt sei, desto mehr Kühlung habe man im Innenraum.

Dadurch dass es im Substratraum, wo die Pflanzen wurzeln, immer feucht sei, gebe es auch eine gekühlte Fassadenhaut. Die Transpiration der Pflanzen und die dadurch entstehende Verdunstungskälte hat einen erheblich positiven Effekt auf das Mikroklima. "Nicht nur für das Gebäude, sondern auch für umliegende Häuser", sagt Anschober.

Grüne Fassaden kühlen nicht nur Gebäude. Sie reduzieren auch die Feinstaubbelastung und nehmen CO2 aus der Luft.

Bevor die Pflanzen an die Gebäude angebracht werden, liegen sie bereits 8 bis 10 Wochen in Vorkultur, wo sie sich bereits an die Vertikale gewöhnen. "Sie kommen vital, gesund und fest verwurzelt auf die Baustelle", sagt Anschober.

Zu den Kund*innen des Start-ups zählen Bauträger und Unternehmen, draunter etwa die Wien Energie. Es gebe auch viel Interesse von privaten Kund*innen. Das System des Start-ups sei aber so ausgelegt, dass es umso effektiver und kostengünstiger ist, je mehr Quadratmeter möglich sind, erzählt Anschober. Die Kosten seien immer vom Gebäude abhängig. Überschlagsartig seien es laut dem Gründer 690 Euro pro Quadrameter.

Finanziert wurde das Start-up unter anderem mit Förderungen der Austria Wirtschaftsservice (aws). Auch ein Investor ist bereits an Bord. Die Vegetationsträger werden in Österreich maschinell in einer Produktionsanlage gefertigt. "Wenn ein Großprojekt kommt, sind wir in der Lage großflächig Module zu fertigen und bereitzustellen", sagt Anschober.

Johannes Anschober

Naturebase-Mitgründer Johannes Anschober

Neben Fassadenbegrünungen in Wien hat das Start-up auch Projekte in den Bundesländern, etwa im Burgenland, Tirol und Oberösterreich am Laufen. In Deutschland soll im kommenden Frühjahr die erste Fassade begrünt werden. Auch den Schweizer Markt hat man bereits im Auge. Bei Fachmessen, wie dem Weltkongress Gebäudgrün, der Ende Juni in Berlin stattfindet, will man das Netzwerk weiter ausbauen.

Langfristig will Naturebase, das Team besteht derzeit aus 4 Mitarbeiter*innen, europaweit tätig werden. "Städte schreien nach Lösungen, die klimaregulierend sind", sagt Anschober. Fassaden seien die größten Flächen in der Stadt, die komplett ungenützt sind und ressourcenschonend begrünt werden könnten.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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