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Start-ups

N26 kehrt nach Wien zurück: "Wir sind die einzige globale Bank"

Was auf einer Couch in Wien begann und über den Umweg Berlin zu einem der erfolgreichsten Start-ups der Finanzbranche wurde, kehrt nun - zumindest teilweise - nach Wien zurück. Die von den Österreichern Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gegründete Bank N26 eröffnete am Donnerstag im Start-up-Hub weXelerate ihren weltweit fünften Standort. Neben dem Hauptquartier in Berlin, wo über 1300 Mitarbeiter beschäftigt sind, verfügt das Unternehmen noch über Büros in Barcelona, New York und São Paulo.

300 Mitarbeiter geplant

In Wien will N26, das seit dem Start im Jahr 2013 auf Filialen verzichtete und dafür auf mobiles Banking am Smartphone setzte, zunächst klein beginnen. Zum Start sind 15 Mitarbeiter rekrutiert, bis Ende kommenden Jahres sollen es wie in Barcelona 100 sein. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll die Zahl schließlich auf etwa 300 Entwickler wachsen. In Wien will die Bank Lösungen für Business-Kunden entwickeln und setzt dafür auf die Themen künstliche Intelligenz und Sicherheit.

Mit dem Standort will die Bank nicht nur den heimischen Talentepool anzapfen, sondern auch internationale Entwickler nach Wien locken. In Berlin, wohin das Start-up angesichts der damals kaum existierenden Wiener Gründerszene auswich, funktioniert das gut. Nur zehn Prozent der Mitarbeiter stammen aus Deutschland, der Rest ist ein Sammelsurium aus 70 Nationalitäten. „Diese Diversität kommt uns bei unserer weltweiten Expansion entgegen. So können wir unseren Kundendienst bereits in sechs Sprachen anbieten“, erklärt N26-Gründer und CEO Valentin Stalf.

Dass Wien sich im Bereich Start-ups in den vergangenen sechs Jahren so gut entwickelt habe und nun zum N26-Standort werde, freut Stalf ganz besonders. „Europa hat in den vergangenen 20 Jahren im Vergleich zu China und der USA von der Digitalisierung unterdurchschnittlich profitiert. Da haben wir einfach viel verschlafen“, sagt Stalf mit Hinweis auf US-Konzerne wie Facebook, Amazon oder Google.

"Bank für die Hosentasche"

Dass die N26-Gründer den Bankensektor für ihre Vision wählten, sei kein Zufall gewesen. „2013 war die Zeit, eine Bank für die Hosentasche zu gründen, genau richtig. Der Bankensektor war träge und wenig innovativ. Außerdem gab es keine weltweit tätige Bank. Bis heute sind wir mit unseren 26 Märkten die einzige globale Bank“, sagt Stalf. Orientiert habe man sich dabei immer schon an Technologie-Firmen wie Facebook und weniger an etablierten Banken – etwa was die einfache App-Bedienung und den Fokus auf die eigenen Nutzer betrifft.

Mit vier Millionen Kunden und erfolgreichen Kapitalrunden – die letzte im Jahr 2019 brachte 470 Millionen Dollar – befindet sich N26 anders als viele andere Fintechs, deren Träume längst ausgeträumt sind, tatsächlich auf gutem Kurs. Nach dem kürzlich erfolgten Start in den USA, wo das Start-up andere Bezahlanbieter wie PayPal oder Amazon Pay in die eigene Plattform integrieren will, zielt N26 im kommenden Jahr auch auf Brasilien ab. Dabei handelt es sich um einen der größten Finanzmärkte der Welt, der sowohl in puncto Bankkonten als auch bei der Nutzung von mobilem Banking weit entwickelt ist.

Zweitkonto und Kundensupport

Berichte über Probleme beim Kundensupport sieht die Bank mittlerweile gelöst. Kundenanfragen würden im Normalfall innerhalb von zehn bis 20 Sekunden beantwortet, als wesentliche Verbesserung sieht Stalf dabei der eigene Chatbot, der hervorragend angenommen werde. Die ebenfalls in diesem Jahr ausgefasste Rüge der deutschen Finanzaufsicht, die Mängel im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ortete, wollten die Gründer nicht kommentieren. Man arbeite im Kampf gegen Geldwäsche gut mit den Regulatoren zusammen, hieß es bei der Präsentation in Wien.

In Österreich, wo Bankprodukte laut Mitgründer Maximilian Tayenthal tendenziell besser als in Deutschland oder Frankreich sind, will man vor allem Kunden ansprechen, die sich ein Zweitkonto zulegen wollen. Denn dass Kunden ihre Bank wechseln, sei immer noch mit vielen Vorbehalten verbunden. Um die Hürde möglichst gering zu halten, gibt es weiterhin auch ein Gratis-Konto. „Unsere Erfahrung zeigt, dass Kunden N26 zuerst einmal ausprobieren, uns im Lauf der Zeit dann immer häufiger nutzen und nach zwölf bis 18 Monaten ihr Gehaltskonto über die Bank laufen lassen.“

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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