Keine Vorratsdaten für Terrorismus-Aufklärung notwendig
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„Wir müssen der Aushöhlung der Menschenrechte entgegenwirken, denn der hohe Grad der Entwicklung der Gesellschaft ist kein Garant dafür, dass Menschenrechte diese auch bleiben“, so Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK), anlässlich eines Pressegesprächs zum 66. Tag der internationalen Menschenrechte, der am 10. Dezember gefeiert wird. „Menschenrechte gehen uns alle etwas an, obwohl sie oft mit Häfnbrüdern, Asylanten und anderen Minderheiten in Verbindung gebracht werden. Dabei haben Menschenrechte eine hohe Relevanz für viele Bereiche unseres Lebens“, fügt Universitätsprofessor Hannes Tretter vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte hinzu.
Als bestes Bespiel dafür sei die Vorratsdatenspeicherung geeignet, die eine anlasslose und verdachtsunabhängige Speicherung sei, die alle Bürger gleichermaßen betreffe, so Tretter. Sie wurde am 1. Juli 2014 in Österreich abgeschafft, nachdem sie zuvor vom österreichischen Verfassungsgerichtshof gekippt wurde. Eingeführt wurde sie am 1. April 2012. Seit der Abschaffung wurden sowohl vom Justizministerium als auch vom Innenministerium Versuche für eine Neuregelung gestartet. Zuletzt sprach sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Rahmen eines Treffens der EU-Innenminister für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union aus.
"Massive Grundrechtseingriffe"
„Von unserer Seite gibt es ein klares Nein zur Neuregelung für eine Datenspeicherung ohne Anlass und ohne Genehmigung, die die Grundrechte massiv verletzt“, sagt Bernhard Fink, Vorsitzender des ÖRAK-Arbeitskreises für Grund- und Freiheitsrechte. „Es ist aus juristischer Sicht nicht möglich, eine neue Regelung zu schaffen ohne massive Grundrechtseingriffe.“ Man werde daher alles tun, um zu verhindern, dass der Staat seine Bürger anlasslos und komplex überwacht, so der Jurist. „Unsere Klienten haben ein Recht auf Achtung der Verschwiegenheitsverpflichtung, Journalisten haben ein Recht auf das Redaktionsgeheimnis, das ansonsten in Bedrängnis gerät“, fügt Fink hinzu.
"Rechtsstaatliche Instrumente reichen aus"
„Die Bedrohung durch den Jihadismus ist ernst zu nehmen, aber rechtsstaatliche Instrumente reichen aus“, so Tretter. Die Überprüfung der Sinnhaftigkeit der Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene hätte beispielsweise ergeben, dass kein einziger Staat einen Terrorangriff allein mittels Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt habe. „Jedes Mal waren James-Bond-Agentenmethoden für erste Verdachtsmomente verantwortlich“, sagt der Experte.
Tretter sieht in der Vorratsdatenspeicherung eine Bedrohung der Meinungsfreiheit, die eine Atmosphäre der Unfreiheit schafft. „Es können Rückschlüsse auf das Privatleben jedes Einzelnen geschlossen werden, etwa wenn jemand einen bestimmten Arzt anruft, oder Teil einer Selbsthilfe-Gruppe ist“, so Tretter. „Hände weg von unseren Grundrechten. Wir fordern Respekt vor dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshof, die beide die Vorratsdatenspeicherung klar für grundrechtswidrig erklärt haben“, so Wolff vom ÖRAK.
Die Juristen und Rechtsanwälte bekräftigen damit einmal mehr die Kritik, der auch aus der Zivilgesellschaft vernehmbar ist. Erst einen Tag zuvor sprach sich der AK Vorrat dafür aus, sich auf die demokratischen Grundwerte zu besinnen und nicht mehr Repression zulasten der demokratischen Werte einzusetzen, wenn es um die Bekämpfung von Jihadismus und Terrorismus geht.
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