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Boeing 737 Max wird wohl bis 2020 am Boden bleiben

Zwei Abstürze des bestverkauften Flugzeugmodells 737 Max haben den Luftfahrt-Giganten Boeing vom erfolgsverwöhnten Weltmarktführer zum Krisenfall gemacht. Ein halbes Jahr nachdem die Unglücksflieger weltweit mit Startverboten belegt wurden, bleibt die Ungewissheit groß. Wann darf die 737 Max wieder abheben?

Zwar geht Boeing-Chef Dennis Muilenburg weiter davon aus, dass der Unglücksflieger Boeing 737 Max  im November wieder in Betrieb genommen werden könnten. Doch der Rest der Luftfahrtbranche macht sich für eine längere Zwangspause bereit. Am Sonntag hieß es etwa von der Luftsicherheitsbehörde der Arabischen Emirate, dass mit einem Comeback der 737 Max heuer wohl nicht mehr zu rechnen sei, viel wahrscheinlicher sei ein Neustart im ersten Quartal 2020.

Gestrichen

Die US-Fluggesellschaften United und American Airlines haben die 737 Max vorsorglich bis in den Dezember hinein aus den Flugplänen gestrichen, Southwest Airlines bis Anfang Jänner. Auch wenn sich die Unternehmen um Ersatz bemühen, fallen zahlreiche Flüge aus.

Auch vor dem Boeing-Werk in Renton nahe der US-Westküstenmetropole Seattle im Bundesstaat Washington zeigt sich das Debakel. Selbst auf dem Mitarbeiterparkplatz stehen nagelneue 737-Max-Jets, die nicht an Kunden ausgeliefert werden können. Boeing hat die 737-Produktion im Zuge der Flugverbote zwar um 20 Prozent gedrosselt, trotzdem werden in der Hoffnung auf eine rasche Wiederzulassung weiter rund 42 Maschinen pro Monat gefertigt. Die müssen nun in Renton und andernorts zwischengelagert werden.

Als entscheidende Ursache der Flugzeugabstürze in Indonesien und Äthiopien, bei denen im Oktober und März insgesamt 346 Menschen starben, gilt eine fehlerhafte Steuerungssoftware von Boeing. Der Hersteller steht im Verdacht, die 737 Max unter hohem Konkurrenzdruck durch den europäischen Erzrivalen Airbus überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Boeing bestreitet dies, hat jedoch verschiedene Pannen und Fehler eingeräumt. In den USA gibt es zahlreiche Klagen und Ermittlungen, ob bei der Zertifizierung der 737 Max alles mit rechten Dingen zuging.

Vertrauen in US-Behörde verloren

Wegen der ursprünglichen Zulassung der Krisenjets steht auch die US-Luftfahrtbehörde FAA in der Kritik. Unstimmigkeiten, wann die Maschinen wieder abheben dürfen, sind zu erwarten. Bisher wurde international die US-Linie befolgt, doch diesmal könnte es Widerstand geben. Kein Wunder: Die FAA soll wichtige Prüfungen bei der 737 Max zunächst Boeing selbst überlassen haben. Ob die Behörde ihre Pflichten verletzt hat, ist Gegenstand von Ermittlungen. Fest steht: Viel Vertrauen ist schon verloren. Alexandre de Juniac, Chef des Weltairline-Verbands IATA, äußerte sich jüngst „beunruhigt und enttäuscht“ vom Mangel an Einigkeit zwischen den Aufsichtsbehörden.

Die in Sachen Boeing stets gut informierte „Seattle Times“ und die britische BBC berichteten übereinstimmend über Kritik der europäischen Luftfahrtbehörde EASA am Wiederzulassungsprozess. Demnach gehen den Europäern die von Boeing in Aussicht gestellten Upgrades der 737 Max nicht weit genug - die EASA wolle eigene Tests durchführen, bevor sie grünes Licht gibt.

Wann die Boeing 737 Max wieder in die Luft geht, bleibt also ungewiss. Klar ist bisher nur: Je länger sich die Wiederzulassung hinzieht, desto prekärer und teurer wird es. Das gilt für Boeing, aber auch für Airlines und Zulieferer - kurz: die gesamte Luftfahrtindustrie.

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