Vulkan heizt für heißestes Geothermiekraftwerk der Welt
Der Newberry-Vulkan im US-Bundesstaat Oregon gilt als aktiv mit sehr hohem Gefährdungspotenzial. Das Start-up Mazama Energy will die höllische Hitze, die damit einhergeht, für nachhaltige Stromproduktion nutzen.
Die Erdwärme-Anlage des Unternehmens hat kürzlich 331 Grad Celsius erreicht, wie die Washington Post berichtet. Das ist ein Rekord, aber nur ein erster Schritt, wie das Start-up selbst angibt.
Mazama Energy will der erste Anbieter werden, der aus sogenanntem „superheißen Gestein“ Elektrizität generiert. In der Anlage in Oregon verbindet das Unternehmen 2 Trends, die geothermische Energie günstiger und leichter erhältlich machen könnten – einerseits ein geschlossener Wasserkreislauf, andererseits sehr hohe Temperaturen.
Wasser ins Gestein pumpen
Historisch war natürlich vorkommender Wasserdampf, der durch Wasservorkommen bei heißem Gestein entstand, die einzige Möglichkeit, geothermische Energie zu nutzen. Dadurch konnte Erdwärme nur örtlich begrenzt zur Stromproduktion eingesetzt werden. Mazama Energy bringt dagegen Wasser von außen in die Anlage, statt auf natürliche Quellen zurückzugreifen.
Ähnlich wie beim Fracking in der Öl- und Gasindustrie pumpt das Unternehmen Wasser in das heiße Gestein, um Dampf zu erzeugen. Das erhöht allerdings die Gefahr von Erdbeben, erst im Juli gab es am Newberry leicht spürbare Erschütterungen mit einer Stärke von 2,5 auf der Richterskala. Gute Überwachung und entsprechende Technik könnten hier laut Expertinnen und Experten Risiken minimieren.
Laut US-Energiebehörde sind auch die Risiken von Wasserverschmutzung niedrig. Denn einerseits zirkuliert die immer gleiche Wassermenge in abgeschlossenen Schächten, andererseits findet das Ganze weit unter Grundwasserreservoirs statt.
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Heißer als jemals zu vor
Was die Anlage von Mazama Energy außerdem auszeichnet, sind die extrem hohen Temperaturen. Ziel ist es, mit sogenanntem „überkritischen“ Wasser zu arbeiten. Ab einer Temperatur von 374,12 Grad Celsius und einem Druck von 221 bar verhält sich Wasser anders: „Das [flüssige] Wasser ist Clark Kent, wenn es nach unten geht. Dann wird es erhitzt und wenn es wieder oben ist, ist es Superman“, erklärt CEO Sriram Vasantharajan gegenüber der Washington Post.
Eine „superheiße“ geothermische Anlage kann 5- bis 10-mal mehr Energie erzeugen als eine Anlage mit herkömmlichen Temperaturen. Das reduziert die Kosten für Betreiber und macht Geothermie wirtschaftlich attraktiver.
Herausforderungen beim Bohren
Mazama Energy will kommendes Jahr ein neues Loch bohren, um die Schwelle zum „überkritischen“ Wasser zu knacken. In der Nähe des Vulkans sollen dafür laut Berechnungen des Unternehmens weniger als 3 Meilen (ca. 4,8 km) Tiefe nötig sein.
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Die große Hitze bringt große Herausforderungen beim Bau: Das Bohrequipment der Öl- und Gasindustrie, das bei solchen Projekten üblicherweise verwendet wird, kann den Temperaturen nicht standhalten. Mazama Energy kühlte die Geräte daher mit einem konstanten Strom an flüssigem Kohlendioxid. So erreichten sie Anfang des Jahres bereits 2 Meilen (ca. 3,2 km) Tiefe.
Langfristiges Funktionieren noch unsicher
Ähnliche Experimente mit superheißem Gestein wurden in der Vergangenheit abgebrochen, wie die Washington Post berichtet: In Island und Hawaii stießen Bohrspitzen auf Magma und wurden dadurch unbrauchbar.
Laut Mazama Energy liefen die Bohrungen am Newberry-Vulkan bisher stabil. Doch die Herausforderungen werden aus Sicht von Expertinnen und Experten zunehmen, denn Zement und Stahl werden jahrelang starken Schwankungen bei extremen Temperaturen und extremem Druck ausgesetzt sein.
Großes Potenzial
Schon 2026 will Mazama Energy am Newberry-Vulkan 15 Megawatt an Strom erzeugen, später sollen es 200 Megawatt werden. Zur Einordnung: Die Müllverbrennungsanlage Spittelau in Wien verfügt über eine Gesamtleistung von 400 Megawatt.
Derzeit wird nur etwa 1 Prozent der Elektrizität weltweit geothermisch erzeugt, bis 2050 könnte der Anteil auf 8 Prozent steigen. Die Internationale Energie-Agentur IEA sieht in der Geothermie großes Potenzial – theoretisch könnte damit das 150-fache des gegenwärtigen jährlichen Elektrizitätsbedarfs weltweit generiert werden.