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Wie sinnvoll eine Riesenbatterie für Österreich wäre

In Kalifornien schießen im ganzen Land riesige Batteriespeicher aus dem Boden. In der 100.000-Einwohner-Stadt Menifee zwischen Los Angeles und San Diego entsteht etwa gerade eine gigantische "Grid Battery", die bis zu 680 Megawatt Leistung ins Stromnetz schicken kann. Auf dem ehemaligen Gelände eines Gaskraftwerkes werden über 1.000 Container mit Batterien aus China aufgestellt. Der Aufbau dauert lediglich ein Jahr und soll im Sommer 2024 abgeschlossen sein.

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Die Anlage ist nicht einmal die größte ihrer Art in Kalifornien. Unter Gouverneur Arnold Schwarzenegger wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Energieversorger dazu verpflichtet, große Stromspeicher zu errichten. Damit soll massenhaft erzeugter Sonnenstrom auch bei Nacht ins Stromnetz fließen und fossile Kraftwerke entlasten. Die Maßnahme zeigt Wirkung. Am Abend des 16. April waren Batterien erstmals die größte Stromquelle im US-Bundesstaat, der mehr als 4 Mal so viele Einwohner wie Österreich hat.

Keine Hilfe bei aktuellen Engpässen

Würde ein Batterie-Speicherkraftwerk nicht auch hierzulande Sinn ergeben, wo das Stromnetz beim Ausbau erneuerbarer Energien teilweise bereits an seine Grenzen stößt? Es kommt darauf an, lautet die Antwort von Expert*innen. "Eine Riesenbatterie würde gerade dort, wo aktuell die größten Probleme im Netz auftreten, nämlich im Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz, kaum Verbesserungen bringen", sagt Robert Schürhuber vom Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz.

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Bei einer Photovoltaikanlage, die auf einem Hausdach installiert wird, würde nur ein lokal installierter Speicher das Stromnetz entlasten. Eine zentrale Riesenbatterie, die an das Hochspannungsnetz angeschlossen ist, kann Staus auf niedrigeren Spannungsebenen nicht auflösen. "Man bräuchte eher kleine Batterien, verteilt auf viele Standorte", sagt Schürhuber. Regionale Netzbetreiber dürfen die derzeit allerdings aufgrund der gesetzlichen Lage in Österreich nicht selbst errichten.

"Die Möglichkeit, mit netzdienlichen Speichern zu arbeiten, würde für Verteilnetzbetreiber total Sinn machen, aber das ist nicht so vorgesehen", sagt Stefan Zach von der EVN. Der Grund dafür sei, dass Speicheranbieter laut einer EU-Vorgabe in einem Wettbewerb stehen müssten. Derzeit gebe es aber noch gar keinen Markt dafür und daher auch keine Anbieter.

Derzeit reichen Pumpspeicher noch aus

Die Speicherfähigkeit des Stromnetzes zu erhöhen, sei eine wesentliche Voraussetzung für die Energiewende. Dabei gehe es sowohl um Lösungen, die Strom stunden- oder tageweise speichern können, als auch monatelang - etwa um Stromüberschüsse im Sommer im Winter nutzen zu können. Batterien eignen sich für die kurzfristige Speicherung. Durch sie kann man etwa in Sekundenbruchteilen einen Mangel an gerade angebotenem Strom ausgleichen und das Stromnetz stabil halten. Oder, wie in Kalifornien, Solarenergie auch in den Abendstunden abgeben.

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Bei der Energiewende werden große Batteriespeicher eine wichtige Rolle spielen, derzeit komme Österreich aber noch gut mit seinen Pumpspeicherkraftwerken aus. "Aktuell haben wir ungefähr 3 Terawattstunden Speicherkapazität durch Pumpspeicher. Für die komplette Dekarbonisierung des Energiesystems bräuchten wir aber bis zu 20 Terawattstunden", sagt Christian Todem, Leiter Systementwicklung beim heimischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid. "Das zeigt, dass wir viel mehr an Speichern brauchen werden, als wir bisher haben."

34 Prozent

beträgt der Anteil erneuerbarer Energiequellen in Österreich zurzeit. Auf das Jahr gerechnet reicht das bis zum heutigen 3. Mai. Das restliche Jahr sind wir quasi von Kohle, Öl und Erdgas abhängig, weshalb man auch vom "Tag der fossilen Abhängigkeit" spricht.

Der Erneuerbaren-Anteil in Österreich ist noch ausbaufähig

Zu wenig Tätigkeit bei Wasserstoff

Wenn es um die langfristige Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen geht, kommt stets Wasserstoff ins Spiel. Mit überschüssigem Strom könnte man künftig Elektrolyseure betreiben, die Wasserstoff aus Wasser herstellen. Derzeit gibt es hier aber noch einen großen Mangel. "Es gibt Pläne, dass Österreich für den Erneuerbaren-Ausbau bis 2030 zumindest ein Gigawatt an Elektrolyseur-Gesamtleistung bräuchte", sagt Todem. Derzeitige Pläne kommen nur auf einen winzigen Bruchteil davon. "Was wir tun müssten und was wir tatsächlich tun, klafft auseinander."

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Laut Todem brauche es ein sektorübergreifendes Denken, bei denen Entwicklungen bei Strom, Gas, Wärme und Mobilität gemeinsam betrachtet werden. Zum Gasnetz gehören bereits riesige, vorhandenen Speicher, mit einer Kapazität von 90 Terawattstunden. Für die langfristige Speicherung biete sich das an, allerdings gibt es auch hier noch ungelöste Fragen. 

Wasserstoff habe laut Zach etwa nur ein Drittel der Energiedichte von Erdgas. Speichert man es direkt, etwa in unterirdischen Hohlräumen, verliere man dadurch quasi an Speicherkapazität. Man könnte grünen Wasserstoff aber unter Zugabe von Kohlendioxid in Methan umwandeln und dadurch grünes Erdgas erzeugen und speichern.

Strom, Gas, Wärme, Mobilität gemeinsam denken

Wo Batterien künftig sinnvoll sein können, sei die Schnittstelle zur Mobilität, ist Todem überzeugt. "Wenn ich an einer Autobahn 50 Elektro-Lkw gleichzeitig aufladen will, kann ich eine große Batterie mit 50 Megawatt dafür verwenden. Die könnte man langsam laden und bräuchte keinen immens leistungsfähigen Netzanschluss." 

Eine zentrale Riesenbatterie, um das Netz bei Verbrauchsspitzen zu entlasten, sei laut Schürhuber schon denkbar, wäre aber - trotz aktuell sinkender Preise - noch eine sehr teure Lösung. Am ehesten überlegenswert wäre sie im Osten Österreichs, wo aus Niederösterreich und dem Burgenland viel Solar- und Windenergie komme und im Großraum Wien viele Stromabnehmer vorhanden seien.

Um die Energiewende zu schaffen, sei es jedenfalls notwendig, geordnet und strukturiert vorzugehen und beharrlich auf dem Weg zu bleiben. Man müsse neben dem Klimaschutzaspekt auch erkennen, dass ein Fokus auf Lösungen für Energienetze der Zukunft eine bedeutende wirtschaftliche Chance seien. Große Batterien seien ein Teil der Energiezukunft, aber: "Es gibt nicht DIE Lösung, man braucht einen ganzen Fächer von Lösungen", sagt Zach.

 

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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