Meinung

Weltrisikobericht: Klimakrise auch in Covid-Zeiten das größte Risiko

Es wird das dritte Mal sein, dass Greta Thunberg vor Politik und Wirtschaft am Weltwirtschaftsforum sprechen wird, das am 25. Jänner startet – diesmal nicht in Davos, sondern vorerst digital. Ihre berühmten Worte „I want you to panic as if our house is on fire – because it is“ stammen aus ihrer ersten Rede vor den in Davos versammelten Spitzen in weltweiten Entscheidungspositionen. Das war 2019. Ein Jahr später wurde sie wieder eingeladen. „Alle haben versagt“, lautete da ihre harte, aber angesichts der Fakten ehrliche Bilanz. Mit leeren Worten und Versprechen wolle man den Eindruck erwecken, dass etwas getan werde für das Klima – sie bringen aber nichts gegen die Klimakrise, so die damals 17-jährige. „Our house is still on fire.

Klimakrise bleibt größte Gefahr

Am Dienstag hat das Weltwirtschaftsforum (WEF) nun den neuen Weltrisikobericht vorgestellt. Dieser Bericht gilt alljährlich als eine der wichtigsten Grundlagen für die Davos-Gespräche und wird auch in diesem Jahr Leitfaden für die online abgehaltene „Davos Agenda“ sein. Viruserkrankungen wie die Covid-19 Pandemie, die seit bald einem Jahr unseren Alltag bestimmt, nehmen darin einen wichtigen, aber nicht den höchsten Stellenwert ein. Denn ganz oben auf der Liste der größten dräuenden Risiken der kommenden Jahre steht weiterhin die Klimakrise. Extreme Wetterereignisse mit dramatischen Auswirkungen, das Versagen von Regierungen und Unternehmen beim Klimaschutz und vom Menschen verursachte Umweltschäden gelten laut dem Bericht als größte wahrscheinliche Gefahren für die Welt. Erst an vierter Stelle kommen Viruserkrankungen, gefolgt von einem weiteren ökologischen Risiko: Dem Verlust der Artenvielfalt.

Analyse ohne Konsequenzen

Der Weltrisikobericht ist eine Befragung von rund 650 Entscheidungsträgern weltweit, „Quellen, welche die Autoren für glaubwürdig und zuverlässig halten“, wie es im Disclaimer heißt. Er wird vom WEF gemeinsam mit einer Versicherung, einem Industrieversicherungsmakler und Risikoberater sowie einem Mischkonzern vorgelegt. Es ist dieselbe Weltelite aus Politik und Wirtschaft, die sich jährlich in Davos versammelt, mit dem Ziel „Den Zustand der Welt zu verbessern“, so das Motto des WEF-Gründers Schwab für das riesige hochkarätige Vernetzungstreffen. Wessen Welt dadurch besser wird, das ist natürlich klar eine Frage der Perspektive, die zivilgesellschaftliche Kritiker*innen legitimerweise regelmäßig stellen. Denn auch wenn die Analyse des von der Wirtschaft erstellten Global Risk Reports durchaus mit den Warnungen der Wissenschaft übereinstimmen mag, so bedeutet das nicht automatisch, dass sie als Verantwortliche daraus auch die entsprechenden Schlussfolgerungen und notwendigen Konsequenzen ziehen.

Mangelnde Glaubwürdigkeit

Was die Klimakrise angeht, so war konsequentes Handeln auf Grundlage des Risk Reports jedenfalls bislang nicht der Fall. Statt selbst eine radikale Kehrtwende in eigener Politik und Business zu vollziehen, verkündete man in Davos vergangenes Jahr, man wolle Bäume pflanzen für das Klima. In den darauffolgenden Monaten nahm die profitgetriebene Waldzerstörung weltweit um rund 150% zu. Selbst wenn man sich viel Mühe gibt, den guten Willen der Davos-Networker zu erkennen, so scheitert die Glaubwürdigkeit letztlich an deren eigenen Ergebnissen. Das Problem zu erkennen und in einen Bericht zu gießen reicht nicht. Zu sagen „wir haben recht behalten“, weil die Prognosen ja tatsächlich eingetroffen sind, wie beispielsweise im Falle der Pandemie, kann und darf nicht der Anspruch einer Risikoprognose sein – schon gar nicht, wenn sie von jenen Entscheidungsträgern erstellt wird, die es in der Hand hätten, die Gefahren abzuwenden.

Desillusionierung der Jugend

„Desillusionierung der Jugend“, den Verlust des Glaubens junger Menschen an wirtschaftliche und politische Institutionen nennen die befragten Experten, Entscheider und Top-Manager als eines der großen Risiken, mit denen die kommende Generation zu kämpfen haben wird. Es wird das dritte Mal sein, dass Greta Thunberg vor Politik und Wirtschaft am Weltwirtschaftsforum sprechen wird. Es wird das dritte Mal sein, dass sie den Anwesenden vorwerfen wird, nicht genug zu tun, und der eigene Bericht des WEF selbst gibt ihr recht. Dabei gibt es ein wahrlich simples Mittel sowohl gegen die Klimakrise als auch gegen die Desillusionierung der Jugend: Nämlich auf sie zu hören. „I don’t want your hope“, sagte Greta den Davos-Pilgern bereits 2019. „I want you to panic … and ACT.“

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Tina Wirnsberger

Tina Wirnsberger ist Trainerin für nachhaltige Wirtschaft & Politik und Sozialpädagogin. Sie war bis Jänner 2019 Grüne Stadträtin für Umwelt und Frauen in Graz.

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