Netzpolitik

Einsatz von AMS-Algorithmus wird untersagt

Der umstrittene AMS-Algorithmus, der die eigentlich ab 2021 flächendeckend eingeführt werden soll, ist datenschutzwidrig. Das hat die Österreichische Datenschutzbehörde (DSB) im Rahmen einer amtswegigen Prüfung entschieden. Eine allfällige Beschwerde gegen den Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Eine Weiterführung des bisher laufenden Testbetriebs in der jetzigen Form ist daher nicht möglich. Der Algorithmus sollte dazu genutzt werden, die Arbeitsmarktchancen von Menschen anhand bestimmter Kriterien wie Alter, Geschlecht und Ausbildung zu ermitteln.  

Begründet wird die Entscheidung mit dem Fehlen von gesetzlichen Grundlagen für das so genannte "Profiling" von Arbeitslosen. Zum Beispiel hätten die aufgrund des Algorithmus getroffenen Handlungsanweisungen an die Berater keine ausreichende Grundlage. Das AMS habe auch keine Vorkehrungen gegen eine "routinemäßige Übernahme" der Ergebnisse durch den Berater getroffen, weshalb eine "echte Aufsicht" durch Menschen nicht in allen Fällen gewährleistet sei.

Nicht erfüllt wurde laut DSB-Bescheid auch die Pflicht zur Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). So lange diese Folgenabschätzung nicht durchgeführt wird und das Gesetz nicht entsprechend angepasst wurde, darf der Algorithmus nicht eingesetzt werden.

AMS verweist auf Politik

Beim AMS will man den Bescheid jetzt rechtlich prüfen und allenfalls Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen, wie es in einer ersten Stellungnahme heißt. Sollte sich herausstellen, dass das Assistenz-System in der jetzigen Form ab Jänner nicht eingesetzt werden kann, sei der Gesetzgeber gefordert, eventuell Änderungen vorzunehmen.

Viel Kritik

Kritik am Algorithmus gibt es von vielen Seiten, unter anderem von der Volksanwaltschaft und der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Das AMS will mit der Einteilung von arbeitslosen Menschen in drei Kategorien mit hohen, mittleren und niedrigen Arbeitsmarktchancen via Computer-Algorithmus die Vergabe von Fördermaßnahmen effizienter machen. Am meisten Förderung sollen Arbeitslose mit mittleren Arbeitsmarktchancen bekommen. Die Berater sollen aber weiterhin die Letztentscheidung über die Arbeitslosenförderung treffen.

Hier geht es zu der futurezone-Serie:
Teil 1: Der AMS-Algorithmus ist ein „Paradebeispiel für Diskriminierung“
Teil 2: Warum Menschen Entscheidungen von Computerprogrammen nur selten widersprechen
Teil 3:
Wie ihr euch gegen den AMS-Algorithmus wehren könnt
Teil 4: Wo Algorithmen bereits versagt haben

Interview: AMS-Chef: "Mitarbeiter schätzen Jobchancen pessimistischer ein als der Algorithmus"
Umstrittener AMS-Algorithmus teilt Arbeitslose ab sofort in Kategorien ein

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Anita Staudacher

twitter.com/anitastaudacher

Mag.a Dr.in Anita Staudacher, aufgewachsen im schönen Maltatal/Kärnten, ist seit 2001 Redakteurin im KURIER Wirtschaftsressort. Ihre Schwerpunktthemen dort sind Arbeitsmarkt/Soziales, Gewerbe/Handwerk, Konsumentenschutz/Handel sowie IT/Telekommunikation. Nach der Handelsakademie in Spittal/Drau studierte sie in Wien Publizistik und Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Journalismusforschung. Seit 2013 engagiert sie sich als Senatsmitglied im Österreichischen Presserat, der Selbstregulierungseinrichtung der heimischen Presse, für die Einhaltung des journalistischen Ehrenkodex und für mehr Qualität im Journalismus. Seit 2022 ist Staudacher auch Vorsitzende des Redakteursausschusses der KURIER Redaktion. Für ihr besonderes journalistisches Engagement zum Thema "Solidarität zwischen den Generationen" wurde Staudacher mit dem "European Journalism Award" ausgezeichnet. Ihre Freizeit verbringt die begeisterte Outdoor-Sportlerin am liebsten mit Laufen (Trail), Radeln, Schwimmen und Wandern.

mehr lesen