So entstehen spektakuläre Weltraum-Fotos im Garten
Astrofotografie oder die "Hinterhof"-Fotografie (aus dem englischen "Backyard Astrophotography") ist ein Hobby, das immer mehr Anklang findet. Immer wieder überraschen Fotograf*innen mit Aufnahmen von Planeten oder Nebeln, die auch vom Weltraumteleskop Hubble stammen könnten. Wie sie das schaffen und was dazu nötig ist, hat der Hobby-Astrofotograf, Physiker und Lehrer Michael Schmidt der futurezone erklärt.
Die Ausstattung
Astrofotografie ist kein günstiges Hobby. Schmidts Ausstattung kostete mehrere Tausend Euro. Nach oben gibt es kaum Grenzen. Benötigt wird mindestens eine Spiegelreflexkamera und ein Stativ mit Nachführung. Die Nachführung sorgt dafür, dass sich die Kamera mit dem Himmel bewegt. Ohne sie würden Motive zu schnell aus dem Blickfeld verschwinden. Wer wirklich beeindruckende Bilder von Planeten, Galaxien oder Nebeln machen möchte, wird um ein zusätzliches Teleskop nicht herumkommen.
Schmidt hat gleich 2 davon, ein 10-Zoll-Newton-Carbon-Spiegelteleskop und ein 6-Zoll-APO-Triplett-Refraktor-Linsenteleskop. Außerdem hat er sich in Jennersdorf im Burgenland eine eigene Sternwarte mit einer Kuppel von 2,70 Meter Durchmesser gebaut, um möglichst gute Bedingungen für die Fotografie zu schaffen.
Für Sonnenaufnahmen nutzt Schmidt keine Spiegelreflexkamera, sondern eine modifizierte Highspeed-Webcam. So überraschend das klingt, es ergibt Sinn: Die Kamera nimmt Videos mit 70 Bildern pro Sekunde auf. „Um eine möglichst hohe Qualität zu erreichen, ist die Bildrate der wichtigste Faktor“, erklärt er.
Es gibt allerdings auch spezielle astromodifizierte Spiegelreflexkameras. Sie haben einen Dualband-Filter über dem Sensor, der dafür sorgt, dass Rotanteile nicht unterdrückt werden. Diese gibt es beispielsweise bei ionisierten Wasserstoff- oder Sauerstoffatomen in Gasnebeln.
Möchte man die Sonne fotografieren, braucht man unbedingt einen Energieschutzfilter, der das Equipment vor dem Verbrennen bewahrt. Für die Beobachtung einer bestimmten Sonnenschicht sind weitere Filter für die Kamera nötig. Um etwa die Chromosphäre zu beobachten, ist ein H-alpha-Interferenzfilter nötig. Dieser lässt Licht nur in bestimmten Wellenlägen durch, in diesem Fall 656 nm. Damit kann man Sonnenflecken, Solar Flares und Protuberanzen beobachten.
Und schließlich ist ein Laptop mit Programmen für die Aufnahmen und die Nachbearbeitung notwendig.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Desto weiter man von Städten entfernt ist, desto besser ist es für die Beobachtung. Das liegt nicht nur an der offensichtlichen Lichtverschmutzung, sondern auch an der Temperatur und Luftqualität. Im Grünen ist es kühler, da versiegelter Boden sich stärker aufheizt, erklärt Schmidt.
Das Objekt, das man beobachten möchte, sollte mindestens 35 Grad über dem Horizont stehen, da sonst die Lichtverschmutzung zu groß ist. Außerdem spielt die Jahreszeit eine große Rolle. Beobachtungen im Winter sind aus vielen Gründen sinnvoll, im Sommer wird man wenig Glück haben. Das liegt einerseits daran, dass die Nächte im Winter länger sind und dementsprechend ein größeres Zeitfenster für die Aufnahme existiert. Andererseits ist es im Winter kälter. Desto kälter die Kamera und die Umgebung ist, desto weniger Störfaktoren werden im Bild eingefangen.
Vorbereitung
Mit einer Sternenkarte und einem Planetariumprogramm auf dem Laptop startet eine Foto-Session. Schmidt hat seine beiden Teleskope mit zwischengeschalteten Kameras und Nachführungen mit seinem Computer verbunden. Er recherchiert, wo und wann es am Himmel etwas zu sehen gibt und kann die Aufnahme mit der Software genau programmieren.
Informationen darüber findet er auf Seiten wie Space Weather. Die Plattform berichtet über Sonnenflecken und aktive Areale auf der Sonne.
Die Aufnahme eines Sonnenflecks
Um die Sonne, den Mond oder Planeten zu fotografieren, braucht Schmidt maximal 2 Stunden. Im Beispiel des Sonnenflecks wurden 1.500 Einzelbilder mit der Webcam aufgenommen. Durch das "Lucky Imaging"-Verfahren sucht dann das Programm AutoStakkert die 100 besten Bilder heraus. "Damit wird die Luftunruhe in der Atmosphäre kompensiert", beschreibt Schmidt. Aus den 100 Bildern wird ein einzelnes, scharfes Bild generiert.
Um einen Gasnebel zu fotografieren sind ganz andere Voraussetzungen nötig. Hier ist eine Beobachtungszeit von 5 bis 7 Stunden die Regel. Solche "Deep Sky"-Aufnahmen erstrecken sich deshalb über mehrere Tage, da man auch in Winternächten das Objekt nur eine begrenzte Zeit sinnvoll aufnehmen kann. Für das Foto des Adlernebels (unten) musste er insgesamt 7 Stunden lang in 2 Nächten belichten.
Schmidt hat dafür eine zweite Steuerung, die die Nachführung nochmal korrigiert. "Da ist man im Bereich von Bogensekunden, dem 3.600sten Teil eines Grades. Da reicht eine normale Nachführung nicht mehr", sagt er. Die Steuerung fokussiert auf einen einzelnen Stern und hält ihn im Blickfeld. So wird die Nachführung laufend korrigiert.
Bilder wie das der Triangulum-Galaxie (unten) benötigen 2 bis 3 Stunden Belichtungszeit. "Das geht bei hellen Objekte wie der Orionnebel oder den Plejaden. Weiter entfernte oder dunklere Objekte brauchen auch 5 bis 8, besser 10 Stunden."
Nachbearbeitung
Mit dem sogenannten "Stacking" werden die 200 bis 250 Rohdateien, die bei der Deep-Sky-Fotografie zusammenkommen, dann zu einem Bild vereint. Dafür sind zusätzliche Kalibrierungsbilder nötig, die Fehler des Fotosensors ausgleichen. Mit einem speziellen Programm - Michael Schmidt verwendet PixInsight - werden die Bilder dann Stern-auf-Stern übereinander gelegt. "Dadurch reduziert man das Bildrauschen", sagt er. Diese Methode nutzen auch Weltraumteleskope.
Bei näheren bzw. größeren Objekten ist der Unterschied zwischen Profi- und Amateurfotos gering. Bei Objekten, die 50 bis 100 Millionen Lichtjahre entfernt sind, wird es schon deutlicher. Da fehlt Amateur-Fotograf*innen die nötige Brennweite, die professionelle Teleskope der NASA und ESA liefern.
Im Vergleich wird dieser Unterschied deutlich. Die Säulen der Schöpfung hat Michael Schmidt mit einem 0,25-m-Spiegel und einer Brennweite von 1,2 Metern aufgenommen (rechts). Hubble hat hingegen einen 2,4 Meter großen Spiegel mit einer Brennweite von 57,6 Metern:
Es gibt aber viele Verbindungen zwischen Profis und Amateuren. Damit die Farbdarstellung korrekt ist, gibt es eine direkte Anknüpfung zum Gaia-Sternenkatalog. Dort sind Sternfarben genau definiert. Sobald man der Software mitteilt, welcher Ausschnitt des Himmels genau auf dem Foto zu sehen ist, werden die Farben automatisch kalibriert.
Das macht die Farben realistisch. "Man kann das natürlich noch weiter bearbeiten, beispielsweise die Sättigung erhöhen. Das ist dann das Künstlerische, das jedem selbst überlassen bleibt", erklärt Schmidt. Dafür nutzt er Photoshop.
Störfaktor Satelliten
Astrofotograf*innen sorgen sich schon seit Jahren, dass die stetig wachsende Zahl der Satelliten zunehmen stören (mehr dazu hier). "Satelliten sind ein Problem, weil man nicht genug Aufnahmen hat, um sie herauszurechnen", beschreibt Schmidt die Herausforderung. Mit der Nachberarbeitungs-Software können einzelne Satellitenspuren entfernt werden, wenn das Programm erkennt, dass auf einigen Bildern ein helles Licht ist, das auf anderen fehlt.
Das klappt aber nicht immer: "Wenn man wie bei Starlink einen ganzen Zug am Himmel hat, muss man händisch nachbessern. Wenn das zu viele Spuren sind, kann man die Aufnahme aber wegwerfen". Das bemerkt man aber erst in der Nachbearbeitung und die ganze Arbeit war umsonst. Eine Idee, die auch Elon Musk für Starlink angeboten hat, ist die Satelliten schwarz zu färben, damit sie weniger Sonnenlicht reflektieren und damit den Nachthimmel nicht so stark stören.