Bäume oder Sprühnebel: Es gibt kein Allheilmittel gegen Hitzeinseln
Wenig grün und viel Beton - die Voraussetzungen für Großstädte wie Wien, um sich im Sommer abzukühlen, sind nicht gerade die besten. Die Politik will mit Baumpflanzungen, Nebelduschen, künstlichen Bächen oder “coolen Oasen” nachhelfen. Doch welche Maßnahmen sind am wirkungsvollsten?
Wien brüstet sich damit, eine der grünsten Großstädte der Welt zu sein. In der Tat besteht die Stadtfläche Wiens zu über 50 Prozent aus Grünraum. Der ist aber sehr ungleich verteilt. In der dicht verbauten Innenstadt und in den Gründerzeitvierteln gibt es Asphalt so weit das Auge reicht. Am Stadtrand sorgen Wienerwald, Lainzer Tiergarten und die Lobau, dass das Verhältnis zwischen unversiegelten und versiegelten Gebieten wieder zunimmt.
Hohe Bodenversiegelung, hohe Temperaturen
Die meisten Wiener*innen wohnen allerdings in Bezirken, in denen die Bodenversiegelung besonders hoch ist. Allein im Zentrum von Wien-Favoriten, mit mehr als 200.000 Einwohner*innen der bevölkerungsreichste Bezirk der Bundeshauptstadt, macht die unversiegelte Fläche lediglich 10 Prozent aus.
Das stellt ein Problem dar, denn Asphalt heizt sich untertags auf hohe Temperaturen auf und kühlt in der Nacht langsamer ab als unversiegelter Boden. Das macht Stadtbewohner*innen besonders im Sommer zu schaffen, denn dieser wird wegen der Klimaerwärmung immer heißer. Die Wetterstation Wien/Hohe Warte hat im Jahr 2022 bisher 25 Hitzetage mit Temperaturen über 30 Grad verzeichnet. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum gab es zwischen 1960 und 1990 im Schnitt nur 8 Hitzetage, laut Klimadashboard.at.
Mix an Maßnahmen entscheidend
“Klimawandelanpassungen in Städten wird in den nächsten Jahren immer wichtiger werden”, ist Magdalena Holzer vom auf Stadtklimatologie spezialisierten Ingenieursbüro Weatherpark überzeugt. Eine Generallösung gebe es allerdings nicht: “Wichtig ist ein passender Mix, der je nach Standort unterschiedlich sein kann.”
Am meisten bringen laut Holzer allerdings großkronige Bäume - nicht nur aufgrund ihres Schattens. Daneben kühlen sie auch durch die Wasserverdunstung über die Blätter, filtern Schadstoffe aus der Luft und reduzieren Straßenlärm. Bereits ein Baum kann dabei einen Unterschied machen, zumindest wenn es um die gefühlte Temperatur geht. Um auch in anliegenden Wohnungen spürbare Kühlung zu erreichen, braucht es allerdings mehr Bäume. “Dafür müssen sie allerdings jetzt gepflanzt werden, denn sie brauchen ja noch Zeit, um zu wachsen”, drängt Holzer.
Bäume nicht überall geeignet
Also hilft es, einfach so viele Bäume wie möglich zu pflanzen? Nicht unbedingt. Hohe Bäume können etwa Frischluftströme stören, die frische Luft aus dem Umland in die Städte bringt. Sind diese blockiert, heizt sich die Stadt noch weiter auf. Hier könnte man auf andere Lösungen, wie etwa Grünräume, Entsiegelung oder Wasserinstallationen zurückgreifen.
Die Kühlwirkung von Nebelduschen oder künstlichen Bächen ist sehr punktuell. Bei Nebelduschen muss man schon aktiv darunter stehen, um einen Effekt zu merken - vorausgesetzt, der Wind weht in die richtige Richtung.
Bäche bieten immerhin weitere Vorteile. Weatherpark untersuchte so etwa, was es bringt, alte Wienerwaldbäche - durch Wien fließen immerhin 50 von ihnen - wieder an die Oberfläche zu holen. “Die Verdunstungskälte allein bringt zunächst keine großen Effekte”, erklärt Holzer. Durch die Bäche könnten aber auch Begleitgrün und Bäume am Straßenrand bewässert werden, was den Abkühlungseffekt verstärkt.
Kombination aus grün und weiß
Was ebenfalls gegen Hitzeinseln hilft, sind helle Oberflächen. Diese reflektieren den Großteil der Sonneneinstrahlung und verhindern so, dass sie sich zu sehr aufwärmt. “Es bringt aber auch nichts, alles weiß anzustreichen”, sagt Holzer. “Die gefühlte Temperatur ist dadurch nämlich höher, weil ein größerer Teil der Strahlung auf mich zurückgeworfen wird.”
Bei Hausdächern senkt dieser sogenannte “Albedo-Effekt” die Oberflächentemperatur jedoch um einige Grad. Zusammen mit weitreichender Dachbegrünung könnten diese Methoden laut einer 2015 durchgeführten Studie der ZAMG die Zahl der Hitzetage in der Wiener Innenstadt um 29 Prozent senken.
Maßnahmen brauchen Platz
Welche Methoden auch immer ausgewählt werden, effektive Anpassungen an die Klimaerwärmung brauchen Platz. Dieser ist in Städten kostbar. Dennoch plädiert Holzer, das Problem auf strategischer Ebene anzugehen. Genaue Stadtklimaanalysen und eine darauf basierende Raumplanung seien das A und O, solche Maßnahmen zu setzen.