
NASA schießt mit Kanone auf aufblasbare Raumstation
Sierra Space arbeitet an einem aufblasbaren Weltraum-Habitat. Das Large Integrated Flexible Environment (LIFE) soll etwa bei der geplanten, kommerziellen Raumstation Orbital Reef zum Einsatz kommen. Diese wird, zusammen mit Blue Origin, im Auftrag der NASA entwickelt.
Bevor Raketen die Bauteile für die Station in den Orbit bringen, will die NASA sicher gehen, dass sie den Strapazen des Weltalls standhalten können. Und wie könnte man das besser testen, als mit einer Kanone im Kaliber .50 (12,7 mm).
Ballern im Namen der Wissenschaft
Für solche Tests hat die NASA das Remote Hypervelocity Test Laboratory. Seit 1993 wurde darin über 600 mal geschossen. Diese Tests simulieren den Aufprall von Mikro-Meteoroiden und kleinem Weltraumschrott.
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Um ein Projektil auf der Erde auf die Geschwindigkeit zu bringen, mit der diese Teile im All unterwegs sind, hat die Kanone 2 Phasen. In der erste Phase wird das Projektil mit Nitropulver beschleunigt, so wie bei einer Gewehrkugel. In der zweiten Phase kommt stark verdichteter Wasserstoff hinzu.
Die Kaliber-50-Kanone der NASA
© Sierra Space
Das Projektil erreicht so eine Geschwindigkeit bis zu 7.010 Meter pro Sekunde. Das sind über 25.000 km/h bzw. Mach 20 – also die 20-fache Schallgeschwindigkeit. Zum Vergleich: Bei einem normalen Gewehr im Kaliber .50 BMG hat das Projektil eine Mündungsgeschwindigkeit von etwa 900 m/s.
Weiche statt harte Schilde
Die Internationale Raumstation ISS nutzt einen sogenannten Whipple-Schild. Dieser besteht aus mehreren dünnen Schichten. Die erste Schicht soll das ankommende Objekt in kleinere Stücke zerbrechen. Deren Energie verteilt sich dann besser auf die dahinterliegenden Schichten, weshalb die dünnen Schichten, statt einer schweren, dicken Schutzschicht, ausreichen.
Die Schilde von LIFE nutzen ein ähnliches Prinzip, allerdings mit flexiblen Schichten aus ballistischem Gewebe. Um das bestmögliche Gewebe und die dafür beste Konfiguration zu finden, wurden insgesamt 59 Schuss abgefeuert. Laut Sierra Space waren die Tests erfolgreich: „Wir haben etwas gefunden, dass sehr gut schützt und gleichzeitig super-effizient ist“, sagt Zack Masciopinto von Sierra Space.
Zerplatzt wie ein mit Wasser gefüllter Luftballon
Das war nicht der erste Härtetest, den LIFE bestehen musste. Zuvor wurde sie platzen gelassen wie eine Wasserbombe. Sie wurde solange mit Wasser gefüllt, bis sie explodiert ist.
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In den nächsten 18 Monaten soll das fertig entwickelte und gut geschützte LIFE der NASA zur Abnahme übermittelt werden. Ursprünglich sollte Orbital Reef schon 2027 in Betrieb gehen, aktuell wird 2030 angepeilt.