Dieser Weltraumschrott traf ein Haus in Florida

Dieser Weltraumschrott traf ein Haus in Florida

© NASA

Science

Wer haftet, wenn Weltraumschrott mein Zuhause trifft?

Die Familie Otero in Florida steht vor ihrem beschädigten Zuhause. 2 Stockwerke hat ein merkwürdiges Objekt durchschlagen und dabei nur durch Glück niemanden verletzt. Später wurde das Teil als Weltraumschrott identifiziert. 

Die NASA bestätigte, dass es sich um Teile einer Palette gebrauchter Batterien handelte, die von der Internationalen Raumstation ISS stammen. Eigentlich hätte es in der Atmosphäre verglühen sollen. Die Familie verlangt jetzt Schadenersatz von der NASA, sowohl für das zerstörte Haus als auch den emotionalen Stress. 

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Internationales Übereinkommen regelt Haftung

Noch nie zuvor hat eine Privatperson so einen Anspruch geltend gemacht. Dabei ist dieser Fall bereits seit 1972 im „Übereinkommen über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände“ festgelegt. Unterzeichnet wurde der Vertrag von den großen Raumfahrtnationen, darunter die USA, China, Russland sowie den meisten europäischen Staaten, inklusive Österreich und der europäischen Weltraumagentur ESA

„Es gibt eine internationale Haftungsklausel, welche besagt, dass die registrierten Startstaaten für Schäden haften müssen“, fasst es Jan Siminski, Analyst für Weltraumschrott bei der ESA, zusammen. Der Startstaat ist jenes Land, von dessen Boden aus das Teil ins All gestartet ist.

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Das Übereinkommen schließt allerdings aus, dass Staatsbürger Ansprüche gegen das eigene Land erheben können (Artikel VII). Daher wird im Falle der Oteros der „Federal Tort Claims Act“ herangezogen, der es US-Bürgern erlaubt, Ansprüche an die Regierung zu stellen. Das ist nötig, da die NASA eine US-Bundesbehörde ist.

Entscheidung im Gedanken des Abkommens

Die Anwälte der Oteros merken an, dass sie diese Regelung nicht gutheißen. Im Abkommen würde nämlich der Startstaat „unbedingt“ haften, was den ganzen Prozess der Schadenersatzforderung vereinfacht. Sie bitten die NASA deshalb im Gedanken des Abkommens für den gesamten Schaden aufzukommen, auch wenn das Abkommen in diesem Fall nicht gilt. Würde die NASA so handeln, wäre das ein Präzedenzfall

Es würde ein starkes Signal an andere Regierungen und Privatunternehmen senden, um sich mehr für die Sicherheit in der Raumfahrt einzusetzen. Eigentlich müssen Weltraumunternehmen und -organisationen dafür sorgen, dass ausgedientes Gerät in der Atmosphäre verglüht oder kontrolliert über dünn besiedeltem Gebiet abstürzt, etwa im Südpazifik, erklärt Siminski. Den Absturz genau zu kontrollieren, ist dabei ebenso schwierig, wie vorherzusagen, ob ein Objekt vollständig verglühen wird.

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Objekte nicht anfassen

Wird man selbst oder das eigene Grundstück von Weltraumschrott getroffen, sollte umgehend die Polizei kontaktiert werden. „Bauteile können giftige Stoffe enthalten, weshalb man sie keinesfalls anfassen sollte“, warnt Siminski. Anschließend muss ermittelt werden, woher das Objekt überhaupt stammt. Sind noch Drucke oder Schriftzüge erkennbar, ist das großes Glück und erleichtert die eindeutige Identifikation. 

Ist das nicht der Fall, wird laut Siminski im sorgfältig geführten Verzeichnis an Weltraumschrott nach Kandidaten gesucht, um die es sich handeln könnte. Durch Ausschlussverfahren lässt sich so bestimmen, welche Objekte überhaupt in das betroffene Gebiet fallen könnten und das korrekte Aussehen und die richtige Materialzusammensetzung haben.

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Schadenskommission untersucht Fälle

Geschädigte haben laut dem Abkommen ein Jahr Zeit, ihren Anspruch geltend zu machen. Dabei wird eine Schadenskommission beauftragt, den Fall diplomatisch zu schlichten und die Schadenssumme zu ermitteln. 

Bisher war das überhaupt nur einmal nötig, als der Satellit Kosmos 954 1978 in Kanada abstürzte. Dort verseuchte er die Wälder. Es ist der bisher einzige Fall, bei dem eine Schadenzahlung auf Basis des Weltraumvertrags erfolgte, allerdings zwischen 2 Staaten. Die Sowjetunion zahlte 3 Millionen Kanadische Dollar an Kanada.

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Da es nur diesen einen Fall gab, wurde das Übereinkommen nie modernisiert. Durch die Zunahme privater Raumfahrt und internationaler Zusammenarbeit äußern Experten aber zunehmend Kritik am Startstaat-Prinzip. Sie fordern eine Überarbeitung der Regelungen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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