Wetter manipulieren: Was man über Cloud Seeding wissen sollte
Im Iran erleben die Menschen die schlimmste Dürre seit 50 Jahren. Flüsse und Stauseen trocknen immer mehr aus, seit Monaten hat es kaum geregnet und generell liegt die Niederschlagsmenge im Iran 85 Prozent unter dem Durchschnitt.
Regnet es bis Dezember nicht, könnten die Einwohner Teherans evakuiert werden, warnte der iranische Präsident Massud Peseschkian. Um das Problem zu lösen, soll von November bis Mai eine Cloud-Seeding-Mission stattfinden. Es soll also künstlicher Regen herbeigeführt werden. Kann Cloud Seeding die Dürre im Iran stoppen?
Was ist Cloud Seeding?
Seit den 1940er Jahren werden Cloud Seeding Experimente durchgeführt. In Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten setzt man seit 2002 auf das “Impfen von Wolken", um dem Wassermangel entgegenzuwirken. Insgesamt wird die Praxis in mehr als 50 Ländern weltweit eingesetzt, heißt es von der World Meteorological Organization (WMO).
Das Ziel dieser Projekte ist, es mehr regnen zu lassen oder auch Hagelschäden zu vermeiden - Letzteres wird auch in Österreich praktiziert. Beim sogenannten Cloud Seeding handelt es sich um eine Wettermanipulation. Flugzeuge bringen Chemikalien wie Silberiodid unter bereits bestehenden Wolken aus. Auf diesen Partikeln heften sich Wassermoleküle an und bilden Eiskristalle. Sie wachsen so lange, bis sie zu schwer werden und als Regen oder Schnee auf die Erde fallen.
Was bringt Cloud Seeding?
Cloud Seeding ist eine umstrittene Technik. Denn Kritiker bezweifeln, ob die Methode überhaupt funktioniert. “Tatsächlich gibt es Studien aus dem Westen der USA, die ein Niederschlagsplus zwischen 1 und 5 Prozent feststellen konnten”, weiß Blaž Gasparini von der Universität Wien.
Laut der WMO kann man mit Cloud Seeding lokal das Wetter beeinflussen, wobei sich die Organisation weder für noch gegen die Praxis ausspricht. In einem Bericht aus dem Jahr 2025 heißt es: “Es muss klar sein, dass die in Wettersystemen enthaltene Energie so groß ist, dass es unmöglich ist, Wolkensysteme zu erzeugen, die Regen bringen, Windmuster verändern, um Wasserdampf in eine Region zu bringen, oder Unwetterphänomene zu beseitigen.” Studien, die das behaupten, mangle es an einer soliden wissenschaftlichen Grundlage.
Damit die Methode funktioniert, müssen bereits Wolken vorhanden sein. Außerdem müssen die Bedingungen passen, diese Kriterien variieren aber sehr nach dem Typ der Wolken, was die ganze Sache etwas kompliziert macht und den Forschungsbedarf erhöht. Es braucht beispielsweise die passende Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
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Wie der Iran vorgeht
Auch der Iran setzt jetzt auf Cloud Seeding. Am 15. November wurden Wolken in der Nähe des Urmiasees geimpft. Wie New Scientist berichtet, kam es danach in Gebieten westlich des Sees zu einem Niederschlag in Höhe von 2,7 Zentimetern.
Das Problem an trockenen Gegenden wie dem Iran ist, dass es nicht viele Wolken gibt, die ausreichend Wasser enthalten, um erfolgreiches Cloud Seeding durchzuführen. Damit könne man maximal ein paar zusätzliche Tropfen aus den Wolken holen, was aber nicht gegen eine schwere Dürre hilft, so der Experte Armin Sorooshian gegenüber New Scientist. Man darf sich also nicht zu viel erhoffen. „Ich bleibe sehr skeptisch gegenüber der Behauptung, dass es die Niederschlagsmenge erhöhen kann“, sagte auch Gasparini zur futurezone.
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Kosten vs. Nutzen?
Wie bereits erwähnt, wird Cloud Seeding in den UAE schon lange genutzt. Laut einem Bericht der Financial Times kostet jede Stunde, die so ein Cloud-Seeding-Flugzeug in der Luft ist, 8.000 Dollar. Pro Jahr komme es so zu 1.100 Flugstunden. Das sei aber immer noch günstiger, als Wasser entsalzen zu lassen. Da aber spezielle Voraussetzungen für das Funktionieren von Cloud Seeding gegeben sein müssen, sind Investitionen mit einem hohen Risiko verbunden.
“Cloud Seeding funktioniert”, sagt die Meteorologin Katja Friedrich, die mit ihrem Team die Snowie-Studie durchgeführt hat. Die Studie verwendete hochentwickelte Radar- und meteorologische Methoden, um nachzuweisen, dass Wolkenimpfung den Schneefall erhöhen kann. Man weiß aber nicht genau, wie viel Wasser man aus den Wolken quetschen kann, heißt es in einem Bericht von Yale Environment 360.
Ist Cloud Seeding gefährlich?
Laut dem Cloudlab der ETH Zürich wird für Cloud Seeding häufig Silberiodid genutzt, weil es bei relativ hohen Temperaturen, also -5 Grad Celsius, den Gefrierprozess auslösen kann. Außerdem sind die Umweltverträglichkeitsprüfungen in der Schweiz bei dieser Substanz positiv ausgefallen. Bei geringen Mengen, wie sie für Cloud Seeding Experimente benötigt werden, seien Umweltprobleme also vermeidbar.
Auch die WMO fasst zusammen, dass Substanzen wie Silberiodid keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen oder die Umwelt haben. Würde man aber höhere Dosierungen benötigen, müsse man dieses Risiko erneut bewerten.
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Die Rolle des Klimawandels
Durch die sich verstärkenden Folgen der Klimakrise blicken viele Länder hoffnungsvoll auf Technologien wie Cloud Seeding. Cloud Seeding ist jedoch keine Lösung gegen Dürren. Denn der Aufwand ist groß, der Output oft gering, und die Ursachen des Problems bleiben unangetastet. Worin man sich in der Wissenschaft einig ist, ist, dass Cloud Seeding keine dauerhafte Lösung gegen die Folgen der Klimakrise ist - es sei eine unterstützende Maßnahme, die langfristige Strategien nicht ersetzen kann, heißt es in diesem aktuellen Nature Bericht.
An der Dürre im Iran sind beispielsweise mehrere Ursachen das Problem. Zum einen hat der menschengemachte Klimawandel diese bereits seit 5 Jahren andauernde Dürre wahrscheinlicher gemacht.
Lösungen für den Iran
Zum anderen kommt das Problem durch schlechtes Wassermanagement zustande. Die Regierung lege einen großen Fokus auf die Ausweitung der landwirtschaftlichen Gebiete und den Ausbau von Staudämmen. Außerdem werde die Entnahme des Grundwassers kaum kontrolliert.
Auch in einer Studie der World Weather Attribution steht, dass 90 Prozent des Wassers im Iran für die Landwirtschaft benötigt werden. Ein Teufelskreis: Denn durch die Dürre kommt es zu geringeren Erträgen und Landwirte müssen zu kurzfristigen, nicht nachhaltigen Lösungen greifen. Durch Überweidung und die Ausweitung der Landwirtschaft wurde die Wüstenbildung beschleunigt. Auch die Auslandspolitik des Landes und die daraus resultierende Abschottung von neuen Technologien, wie effizienten Bewässerungsanlagen, verschärfe das Problem.
Im Iran braucht es also ein besseres Wassermanagement. Cloud Seeding kann zwar ein paar Tropfen bringen, diese können durch die gestiegenen Temperaturen aber auch schnell wieder verdampfen.