Wolken

Beim Cloud Seeding wird Silberiodid meist mit Flugzeugen ausgebracht

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Science

Dürren: Kann man Wolken impfen, um Regen zu erzeugen?

China erlebt gerade die schwerste Dürre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 61 Jahren. Um ihre Ernte zu schützen, will man Chemikalien in Wolken injizieren, um so Regen zu erzeugen. 

Die nächsten Tage seien eine “Schlüsselperiode der Schadensbegrenzung” für die Reisfelder in Südchina, wird Agrarminister Tang Renjian vom chinesischen Medium Global Times zitiert. Das Agrarministerium würde außerdem versuchen, den Regen zu erhöhen, indem sie Wolken mit Chemikalien “impfen”, um sie so zum Abregnen zu stimulieren.

Wolkenimpfung auch im Westen

Doch was bringen solche Wolkenimpfungen und wären sie auch in Europa eine Option? “China macht bereits einige Wetter-Modifizierungen, doch wir wissen nicht sehr viel darüber”, sagt Blaž Gasparini vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Uni Wien. “Wir wissen zum Beispiel, dass sie es bei den Olympischen Spielen eingesetzt haben.“

Auch in Russland würde eine solche Art von “Cloud Seeding”, wie die Technik genannt wird, etwa vor Paraden eingesetzt. Jedoch nicht, um es dort regnen zu lassen, sondern um die Veranstaltung trocken zu halten. Das Ziel ist, dass die Wolken abregnen, bevor das Event stattfindet oder bevor sie den Austragungsort erreichen.

Der Mensch als Wettermacher*in

Beim Cloud Seeding wird meist Silberiodid von Flugzeugen unter bereits bestehenden Wolken ausgebracht, damit der Aufwind die Chemikalie nach oben bläst. “Silberiodid bildet sehr gern Wolken und ist in kleinen Mengen nicht so schädlich wie etwa andere Chemikalien”, sagt Gasparini. Die Silberiodidpartikel ziehen dabei Wassertröpfchen an und bilden so größere Wassertropfen, die dann als Regen Richtung Boden fallen. 

Diese Form von Geoengineering, also ein aktives Eingreifen des Menschen, um das Wetter zu verändern, ist nicht unumstritten. Laut Kritiker*innen sei beim Cloud Seeding nicht einmal klar, ob die Methode überhaupt funktioniert. “Tatsächlich gibt es Studien aus dem Westen der USA, die ein Niederschlagsplus zwischen 1 und 5 Prozent feststellen konnten”, weiß Gasparini. “5 Prozent klingt jetzt erst mal nach nicht viel. Aber wenn dadurch etwa der Speicher eines Wasserkraftwerks mehr aufgefüllt werden kann, könnte sich das zumindest finanziell auszahlen.”

Bei einer Studie im US-Bundesstaat Wyoming wurde etwa festgestellt, dass die Steigerung von Schneefall “eindeutig” auf das zuvor erfolgte Cloud Seeding zurückgeführt werden konnte. Insgesamt konnten so zwischen 0,5 und 2 Millimeter Schneehöhe pro Stunde dazugewonnen werden.

Cloud Seeding gegen Hagelschäden

Auch in Österreich wird hin und wieder versucht, das Wetter zu verändern - nämlich in der Form der Hagelabwehr. Hier wird die Wolke ebenfalls mit Silberiodid geimpft, damit sich viele kleinere Graupelkörnchen bilden, anstatt einige größere Hagelkörner. Die Wirkung davon ist allerdings auch in der Fachwelt umstritten. “Unter Laborbedingungen funktioniert es, aber in der Natur konnte man die Auswirkungen bisher noch nie nachweisen”, erklärt Gasparini. Ein Problem könnte sein, dass man genau den richtigen Zeitpunkt treffen muss, in dem sich die Wolke im Aufwind bildet, sagt der Geophysiker: “Wenn man das etwa im Abwind macht, hat das überhaupt keinen Effekt.”

Dass Hagelabwehr keine messbaren Effekte bringt, sehen beteiligte Versicherungen und Hagelabwehr-Organisationen natürlich anders. Oft wird dabei auf eine Studie der ZAMG aus dem Jahr 2004 verwiesen. Die besagt, dass im Untersuchungszeitraum von 1982 bis 2001 die Hagelgewitter, bei denen zuvor Silberiodid ausgebracht wurde, deutlich milder waren, als jene, wo keine Maßnahmen gesetzt wurden. Zudem nahmen kleine Korngrößen zu, während die Zahl gröberer Hagelkörner stark abnahm.

Laut Gegenseite könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Effekt nicht auch ohne die Hagelabwehr der Fall gewesen wäre. Zudem sei 2004 das Wissen um die physikalischen Prozesse in Gewitterwolken noch nicht ausreichend gewesen, um die Ausbreitung des Silberjodids nachvollziehen zu können.

Darf der Mensch das Wetter beeinflussen?

Schlussendlich stellen sich bei der Beeinflussung des Wetters oder sogar des gesamten Klimas durch den Menschen auch gesellschaftliche, politische und philosophische Fragen. Wie stark sollte man in die Natur eingreifen? Haben diese Eingriffe nur lokale, oder auch globale Auswirkungen? Sind Eingriffe nur gerechtfertigt, wenn sie Wetterextreme abmildern? Oder kann man auch aus finanziellem Interessen Geoengineering betreiben? Diese Fragen sind nicht so leicht zu beantworten, werden mit der immer schlimmer werdenden Klimakrise aber immer wichtiger.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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