Weißes Gold: Wie Lithium aus Thermalwasser gewonnen werden kann
Lithium ist eines der wichtigsten Materialien der heutigen Zeit. Das „weiße Gold“ wird in Lithium-Ionen-Akkus verwendet und ist damit für die Elektromobilität unverzichtbar.
Die meisten Vorkommen wurden bisher in Südamerika entdeckt, doch der wertvolle Rohstoff findet sich auch in Europa. Mit einer Pilotanlage extrahierte der deutsche Energiekonzern EnBW zusammen mit der HELM AG unlängst Lithium aus Thermalwasser.
Der Lithiumextraktor ist Teil der bestehenden Geothermieanlage im südwestdeutschen Bruchsal. Dort wird Tiefenwasser zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Dafür wird das heiße Wasser aus rund 2.500 Metern Tiefe an die Oberfläche gepumpt. Über einen Wärmetauscher wird die gewonnene Energie in das Fernwärme- und Stromnetz eingespeist.
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Lithium aus dem Wasser sammeln
Bevor es zurück in die Erde gepumpt wird, fließt es durch die neue Pilotanlage. „Im ersten Schritt adsorbieren wir das Lithium“, erklärt Thomas Kölbel, Experte für Forschung und Entwicklung bei EnBW. Dabei trifft das Thermalwasser auf Manganoxid, an dessen Oberfläche sich das Lithium festsetzt, während alle anderen Stoffe im Wasser bleiben.
Das wird anschließend zurück in die Erde geleitet, während das Manganoxid mit dem gebundenen Lithium in den Tanks zurückbleibt. Im zweiten Schritt wird das Lithium mit einem Desorptionsmittel wieder davon getrennt. „Das Ergebnis ist eine lithiumreiche Lösung“, sagt Kölbel.
Filterprozess
Diese wird an die Partnerfirma LevertonHELM in Großbritannien übergeben, wo sie zum weißlichen Lithiumsalz verarbeitet wird. Das wird als Kathodenmaterial für Lithium-Ionen-Akkus benötigt. „Zuerst wird die Lösung konzentriert und durchläuft mehrere Filterprozesse. Dabei reagiert Lithiumchlorid mit Natriumcarbonat. Die Endprodukte sind Lithiumcarbonat und Natriumchlorid, also Kochsalz“, erläutert Bart Vanden Bossche, kaufmännischer Direktor bei LevertonHELM, der futurezone.
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Hoher Reinheitsgrad für Batterien nötig
Dabei hat das Lithium einen Reinheitsgrad von 99,5 Prozent und damit die nötige Qualität, um in Batterien eingesetzt zu werden. Das liegt zum einen am Filterprozess, bei dem Verunreinigungen entfernt werden, zum anderen an der hohen Qualität des Ausgangsmaterials.
Das Thermalwasser in Bruchsal hat einen Lithiumgehalt von 163 Milligramm pro Liter. In der Pilotanlage in Bruchsal können laut Kölbel jährlich 800 Tonnen Lithium gewonnen werden: „Das reicht für 20.000 Elektroauto-Akkus aus. Eine hohe Zahl für nur eine Anlage.“
Zur Einordnung: In den großen südamerikanischen Salzseen liegt die Lithiumkonzentration bei 500 bis 1.800 mg/l. Da für den Abbau dort Wasser verdampft wird und viele Chemikalien genutzt werden, ist das Verfahren aber deutlich weniger umweltfreundlich als bei der Geothermie.
Rentables Geschäft, auch für andere Firmen
Die Beteiligten halten die Extraktion aus dem Thermalwasser für rentabel. Von der jetzigen Pilotanlage zu einer wirtschaftlichen Produktion dürfte es verhältnismäßig schnell gehen. Kölbel schätzt, dass es 2030 so weit sein wird.
Auch andere Firmen haben Ambitionen für die Lithiumförderung im Oberrheingraben. Vulcan Energie plant etwa den Bau einer Geothermieanlage für Strom und Wärme im Ort Landau, in der von vornherein die Lithiumextraktion integriert werden soll. Der Betriebsstart ist für 2030 geplant.
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Laut dem Karlsruher Institut für Technologie könnte in Deutschland gefördertes Thermalwasser-Lithium bis zu 19 Prozent des Jahresbedarfs der deutschen Batterieproduktion decken. Das wäre ein Schritt in die Unabhängigkeit: Aktuell wird fast der gesamte Lithiumbedarf der EU durch Importe gedeckt.
Vorkommen, Förderung und Bedarf
Als größter Lithiumproduzent gilt Australien, gefolgt von Chile und China. Die größten bekannten Vorkommen sind in Chile, Bolivien und Australien. Lithium wird derzeit vorrangig durch Verdunstung in Salzseen gewonnen und aus Festgesteinbergbau, z. B. mit dem Mineral Spodumen.
180.000 Tonnen Lithium wurden 2023 weltweit produziert, ein neuer Rekord. Davon fließen 87 Prozent in die Batterieproduktion.
Expertinnen gehen davon aus, dass der Lithiumbedarf durch E-Mobilität in Europa 2030 bei 72.500 Tonnen liegt.
Nicht überall ist die Extraktion sinnvoll
In Österreich gibt es auch Thermalwasser, etwa in Ried im Innkreis in Oberösterreich oder im Wiener Becken. Jedoch wurde bisher nur in 6 Regionen in Europa ein Lithiumgehalt von mehr als 125 mg/l im Thermalwasser gemessen, was die nötige Grenze für eine wirtschaftliche Förderung ist. Neben Deutschland sind Gebiete in Italien, Frankreich und Großbritannien lukrativ. Österreich gehört nicht dazu.
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Luka Šolić, der an der TU Wien zur Lithiumextraktion geforscht hat, erklärt der futurezone: „Technisch ist es immer möglich, Lithium aus Thermalwasser zu extrahieren. Allerdings gibt es viele Faktoren zu beachten, wie etwa die Zusammensetzung des Wassers. Verschiedene Magnesiumkonzentrationen könnten die Förderung behindern“. Dadurch steigt der Aufwand für die Extraktion und es stellt sich die Frage, wie wirtschaftlich das Vorhaben noch ist.