Wann wird die Sonne explodieren?
Es ist fast Halbzeit. Vor etwa 4,6 Milliarden Jahren entstand die Sonne. Noch 6 Milliarden Jahre soll sie wie ein gewöhnlicher Stern brennen. Danach beginnt ihr „Zerfallsprozess“, der nicht nur den lodernden Stern, sondern auch unser Sonnensystem für immer verändern dürfte. Die Betonung liegt auf „Prozess“. Denn, wie Astrophysiker Franz Kerschbaum vom Institut für Astronomie an der Universität Wien der futurezone erklärt: „Die Sonne hat kein definitives Ende. Ihr Sterben ist ein längerer Vorgang“. Und auch explodieren wird sie nicht.
Gigantischer Fusionsreaktor
Aber der Reihe nach. Wie die meisten Sterne besteht die Sonne vorwiegend aus Helium und Wasserstoff. In ihrem Inneren herrschen eine Temperatur von etwa 15 Millionen Grad Celsius und ein enormer Druck. Diese extremen Bedingungen führen dazu, dass Wasserstoff in Helium umgewandelt wird. Das nennt sich Kernfusion. Sie lässt die Sonne immer heller und heißer werden. Alle Milliarden Jahre erhöht sich ihre Temperatur um etwa 10 Prozent. Die Sonne ist daher heute nahezu doppelt so hell wie zu Zeiten ihrer Entstehung vor 4,6 Milliarden Jahren.
Hat die Sonne den Großteil des Wasserstoffs in ihrem Kern verbrannt (etwa 6 Milliarden Jahre in der Zukunft), wird der Kern instabil und zieht sich zusammen. Dabei setzt er Energie frei, die auch die äußeren Schichten der Sonne erhitzt, wodurch sie sich auf das 100- bis 150-fache aufbläht. Ein „Roter Riese“ entsteht. Für alle Nachbarplaneten ist das eine Hiobsbotschaft, denn sie werden von der Sonne entweder zur Gänze verschluckt oder ihre Oberflächen und Atmosphären werden zerstört. Bedeutet für die Erde: die Sonne würde etwa ein Drittel unseres Himmels bedecken und ihr heißen Gase die Erdatmosphäre wegfegen.
Keine richtige Explosion
Nach diesem letzten Aufbäumen ist dann bald Schluss. Der Kern der Sonne verdichtet und erhitzt sich nach insgesamt 7,9 Milliarden Jahren soweit, dass sie ihre äußeren Hüllen abstößt und dadurch Masse verliert. „Übrig bleibt ein weißglühender Himmelskörper, ein sogenannter ‚Weißer Zwerg‘, der dann nur noch die Hälfte seiner ursprünglichen Masse hat“, erklärt Kerschbaum. „Die Sonne endet also nicht plötzlich, sondern in Gestalt eines Weißen Zwerges wird sie über Milliarden Jahre hinweg langsam verglühen.“
Für eine spektakuläre Supernova, wie sie das Hubble-Teleskop der NASA immer wieder in Teilen unseres Universums einfängt, reicht die Masse unserer Sonne dabei nicht. Genaugenommen stirbt sie also gar nicht durch eine Explosion. Immerhin wird nach ihrem Ableben aber ein planetarischer Nebel – eine glühende Hülle, bestehend aus übrig gebliebenen Teilen der äußeren Schichten der Sonne – zu sehen sein. Das konnten Wissenschaftler*innen vor wenigen Jahren in einer Studie feststellen.
Zeitplan kann errechnet werden
Diesen detaillieren Zeitplan vom Ableben der Sonne können Wissenschafter*innen errechnen, indem sie sich ein Beispiel an anderen Sternen nehmen. „Es gibt Sterne, die schon wesentlich älter sind als unsere Sonne. Die können wir in ihren verschiedenen Stadien beobachten, die Übergänge zwischen den Phasen computergestützt modellieren und daraus Schlüsse ziehen“, so Kerschbaum.
Dabei handle es sich keineswegs um Spekulationen, denn die Verbrennungsraten und die Physik dahinter seien bekannt. Kerschbaum: „Wir können berechnen, wann der Sonne der Treibstoff ausgeht und dadurch die Auswirkungen auf den Stern genau abschätzen.“
Lebensformen bereits davor ausgelöscht
Die Menschheit kann vorerst aufatmen. Sobald geht der Sonne nicht der Treibstoff aus. Mittelfristig wird es auf der Erde dennoch ungemütlich, wie Kerschbaum weiß: „Die Sonne erhitzt sich bereits sukzessiv, bevor sie sich in einen Roten Riesen verwandelt“, so der Astrophysiker. „Bereits 800 Millionen Jahre in der Zukunft wird es kein komplexes Leben mehr auf der Erde geben. Auf dem Äquator herrscht dann eine Wassertemperatur von etwa 100 Grad Celsius. Weitere 800 Millionen Jahre später werden schließlich alle Ozeane verdampft sein.“ Auf der Erde wird es also gar kein Leben mehr geben, das dem planetarischen Nebel oder dem Verglühen des Weißen Zwerges beiwohnen könnte.
„Wir verdanken unsere Existenz dem Sternentod“
Obwohl das Ableben unserer Sonne für alle Planeten in ihrer Nähe nichts Gutes bedeutet, ist dieser Vorgang die Grundlage für neues Leben. Wenn die Sonne ihre letzten Hüllen abwirft, gibt sie laut dem Experten auch Kohlenstoff, Sauerstoff und andere schwerere Elemente von sich. „Diese Elemente werden dann in die nächste Sternengeneration eingebaut. Vielleicht entstehen daraus sogar neue Planeten“, hält Kerschbaum fest. Auch wir seien Produkt einer vorhergegangenen Sternengeneration. „Unsere Existenz verdanken wir dem Sternentod. Poetisch könnte man das den ‚kosmischen Kreislauf der Materie‘ nennen."
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