Wie aus Sonnenlicht direkt grüner Wasserstoff entsteht
Ohne Photosynthese wäre unsere Erde ein trister Planet. Die chemische Reaktion braucht lediglich Sonnenlicht, um CO2 und Wasser zu wertvollem Zucker und Sauerstoff umzuwandeln. Solche Reaktionen, die nur durch Sonnenlicht angetrieben, werden auch Photokatalysen genannt. Photokatalysen können dabei nicht nur Zucker und Sauerstoff erzeugen, sondern auch Wasser in Sauerstoff und wertvollen grünen Wasserstoff aufspalten.
Grüner Wasserstoff ist sehr gefragt, soll er doch teilweise das fossile Erdgas ersetzen. Besonders in der Industrie ist die Nachfrage groß, bisher bezieht sie ihren Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilen Energiequellen.
Die richtigen Katalysatoren sind entscheidend
In der Forschung arbeitet man daher laufend an besseren Methoden, um grünen Wasserstoff herzustellen. Ein Forscher*innenteam rund um Dominik Eder an der TU Wien beschäftigt sich etwa seit gut zehn Jahren damit, Wasserstoff nur durch Sonneneinstrahlung herzustellen. Die Reaktion steht und fällt dabei mit Katalysatoren. Das sind Stoffe, die in Verbindung mit Sonneneinstrahlung die Reaktion antreiben, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.
Solche Katalysatoren sind bereits seit Anfang der 70er-Jahre bekannt. 1972 zeigten etwa die japanischen Forscher Akira Fujishima und Kenichi Honda, dass Titandioxid in der Lage ist, Wasser in seine chemischen Bestandteile aufzuspalten. Seitdem wird geforscht, um die Effizienz dieser Reaktion zu verbessern.
“Bisher ging man vorwiegend nach dem ‚Trial and Error‘-Prinzip vor“, erklärt Projektleiter Alexey Cherevan der futurezone. “Man hat verschiedene Materialien ausprobiert und geschaut, was am besten funktioniert.“ Dabei blieben allerdings viele Fragen nach den genauen Abläufen der Reaktionen unbeantwortet.
Atomare Forschung
Das Team der TU Wien geht daher einen anderen Weg, indem es Katalysatoren auf atomarer Ebene untersucht. Ihre Lösung: winzige Cluster aus anorganischen Materialien, etwa Metalle, die als Katalysatoren dienen. Die Nanopartikel bestehen dabei aus nur wenigen Atomen, die präzise angeordnet werden können. Dadurch haben die Forscher*innen exakte Kontrolle über den Katalysator und erreichen so ein vollständiges Verständnis über den Reaktionsablauf.
Noch steckt die Forschung allerdings in den Kinderschuhen. “Was wir hier machen, ist definitiv Grundlagenforschung“, weiß Cherevan. Dass die Wasserstoffherstellung durch Photokatalyse noch nicht auf dem Markt ist, liegt momentan hauptsächlich am geringen Wirkungsgrad. Dieser gibt an, aus wie viel eingefangener Sonnenenergie Energie in Form von Wasserstoff hergestellt werden kann.
Bisher liegt der Wirkungsgrad bei der Photokatalyse bei rund 5 Prozent. Zum Vergleich: Elektrolyse mit Strom aus Photovoltaik kommt – unter Laborbedingungen – auf einen Wirkungsgrad von gut 25 Prozent. “Allerdings muss man bedenken, dass Sonnenenergie – anders als elektrischer Strom – nicht extra dafür hergestellt werden muss“, relativiert Eder.
Cherevan schätzt, dass die Technologie in 10 bis 20 Jahren gut genug sein wird, um sie auch industriell anzuwenden. Auch preislich sei sie attraktiv, die Materialien für die Katalysatoren gibt es relativ kostengünstig. Zudem ist die Methode relativ einfach: Eine beschichtete Oberfläche, Wasser und die Sonne reichen aus, um grünen Wasserstoff zu gewinnen. “Und das Beste ist: Bei unserer Methode gibt es keine thermodynamischen Limitierungen“, sagt der Forscher. Zumindest in der Theorie wäre so ein deutlich besserer Wirkungsgrad als bei der Elektrolyse möglich.
Rohstoff Kohlendioxid
Ebenfalls grenzenlos scheint auch das Potenzial dieser Art von künstlicher Photosynthese, wenn man nicht nur grünen Wasserstoff herstellen möchte. Unterschiedliche Katalysatoren könnten künftig etwa Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufspalten und zusammen mit Wasser Ethylen bilden. Das Gas kann in weiterer Folge etwa zur Herstellung von Plastik verwendet werden.
Cherevan und Eder sind überzeugt, dass diese Entwicklungen parallel zur Wasserstoffphotokatalyse ebenfalls in 10 bis 20 Jahren Früchte tragen könnten. Damit wären dann 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Zum einen wird CO2 in der Atmosphäre reduziert, das als maßgebliches Treibhausgas für die Klimaerwärmung verantwortlich ist. Zum anderen werden dadurch Rohstoffe für die Herstellung von klimaneutralem Plastik, Treibstoffen oder Chemikalien gewonnen. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Grüner, grauer, blauer und türkiser Wasserstoff
Grüner Wasserstoff ist bei der Energiewende von enormer Bedeutung. Der Erdgas-Ersatz ist besonders bei industriellen Prozessen wertvoll. In der Metallverarbeitung werden etwa hohe Temperaturen benötigt, die nur beim Verbrennen von Wasserstoff erreicht werden. In der chemischen Industrie ist Wasserstoff ein wichtiger Rohstoff, um daraus etwa Ammoniak oder Methanol herzustellen. Zudem kann man überschüssigen grünen Strom in Wasserstoff umwandeln und die Energie somit für einen längeren Zeitraum lagern.
Erdgas als Ausgangsstoff von Wasserstoff
Bisher wird Wasserstoff hauptsächlich aus Erdgas gewonnen. Das Methan (CH4) wird durch sogenannte Dampfreduzierung in Wasserstoff und Kohlendioxid aufgespalten. Wird das CO2 dabei in die Atmosphäre entlassen, spricht man von grauem Wasserstoff. Wird das Kohlendioxid abgeschieden, gespeichert oder industriell weiterverarbeitet, spricht man von blauem Wasserstoff.
Türkiser Wasserstoff entsteht bei der sogenannten Methanpyrolyse. Dabei wird das Methan aus dem Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten, der einfach gelagert oder weiterverarbeitet werden kann. Stammt die Energie für die Methanpyrolyse aus erneuerbaren Energiequellen, ist türkiser Wasserstoff klimaneutral.
Kaum grüner Wasserstoff in Österreich
Ebenfalls klimaneutral ist grüner Wasserstoff, der meist durch Elektrolyse mit Öko-Strom hergestellt wird. Laut Angaben aus dem Umweltministerium ist die Verwendung von grünen Wasserstoff in Österreich allerdings verschwindend gering. “Derzeit werden in Österreich rund 140.000 Tonnen Wasserstoff verbraucht, die beinahe zu 100 Prozent aus Gas erzeugt werden”, heißt es in einer Stellungnahme an den KURIER.
Man betont jedoch: “Über das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz werden nun Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff künftig mit 40 Millionen Euro pro Jahr gefördert. Bis 2030 soll in Österreich so eine Elektrolysekapazität von einem Gigawatt zur Wasserstoffproduktion zur Verfügung stehen. Das entspricht einer Produktion von 4 Terawattstunden grünem Wasserstoff im Jahr.“