Wie nützlich Roboter in Seniorenheimen sein können
Auf Robotern ruhen große Hoffnungen, wenn es um die Versorgung von älteren, pflegebedürftigen Personen geht. In Österreich fanden bereits einige Versuche mit Robotern in Seniorenheimen statt. Zu den Effekten der Roboter auf die darin lebenden Menschen hat es bisher allerdings noch keine großen Studien gegeben. Das europäische Projekt ReMIND will das ändern.
Roboter mit Tablet-Gesicht
Im Zentrum der Studie steht der Roboter James. Er ist 80 Zentimeter hoch, fährt auf Rollen, hat keine Arme, aber einen Kopf. Das Gesicht bildet ein großes Display. "Im Wesentlichen ist es ein Tablet, das autonom fahren kann", meint Franz Werner von der FH Campus Wien. Der Leiter des Studiengangs Health Assisting Engineering ist einer der österreichischen Partner im Projekt, das durch das AAL Joint Programme der Europäischen Union gefördert wurde.
James soll zum fixen Bestandteil von Betreuungseinrichtungen werden. Er soll Bewohner unterhalten, ihnen Auskünfte geben, sie mit Spielen, Videos und Musik unterhalten und geistig fit halten. Mit James kann man außerdem Videotelefonate führen. Betreuer sollen durch James entlastet werden, können sich durch den Roboter aber auch an Dinge wie individuelle Medikationen erinnern lassen.
Interaktive Biografie
Bei der Interaktion mit dem Roboter erhalten die Heimbewohner Unterstützung von den Betreuungspersonen. Durch Spiele soll auch das gegenseitige Kennenlernen gefördert werden. James kann etwa die Biografie-App Keosity ausführen. Diese ist aus einem vergangenen Forschungsprojekt der FH Campus Wien als kommerzieller Ableger hervorgegangen und ermöglicht, Erinnerungen an einer interaktiven Zeitleiste festzuhalten. Diese können optional mit Fotos, Videos oder Musik angereichert werden.
Durch Fragen werden Menschen dabei animiert, ihre Erinnerungen aufzufrischen. "Eine Frage wäre etwa: Was hast du gemacht, als die Berliner Mauer gefallen ist", sagt Werner: "An solche Ereignisse erinnern sich die meisten Menschen."
Was es zum Essen gibt
Damit er sich in einem Seniorenheim zurechtzufindet, muss man James mit Fernbedienung zunächst durch alle Räume führen. Hat man die Räume definiert, können James genaue Arbeitsanweisungen gegeben werden. "Man programmiert ihn etwa darauf, dass er um 9:00 in Raum A sein soll, um 10:00 in Raum B und um 11:30 soll er durch die Gänge fahren und eine Durchsage machen, dass das Mittagessen serviert wird." Eine Frage, die James den Heimbewohnern stets beantworten kann, ist die nach dem Speiseplan. Werner: "Was es denn zu essen gibt beschäftigt die Bewohner, sie fragen oft danach."
Seit Beginn des Projekts 2018 hat es bereits einige mehrwöchige Versuche mit James gegeben, u.a. um zu erheben, wie der Roboter genutzt werden kann und welche Funktionen er erfüllen sollte. Höhepunkt von ReMIND ist eine kontrollierte Studie, die ein Jahr lang parallel in 3 Ländern stattfinden soll. In jeweils einem Seniorenheim in Belgien, Rumänien und Österreich soll beobachtet werden, was der Robotereinsatz über einen längeren Zeitraum bei den Bewohnern und Angestellten bewirkt.
Eingeschränkt intelligent
"In den ersten Tests wurde James recht positiv aufgenommen", sagt Werner. "Die Senioren hatten keine Berührungshemmung, er war unterhaltsam und er war gut zu verstehen." Auch bei den Betreuern seien erste Testergebnisse vielversprechend gewesen. "Am Anfang haben sich viele das anders vorgestellt. Einige hatten eher Angst davor, durch den Roboter ersetzt zu werden. Sie haben aber erkannt, dass das nicht so ist. Der Roboter ist einfach ein nützliches Werkzeug."
Die Forscher hätten im Betrieb erkannt, dass die Fähigkeiten von James noch relativ eingeschränkt seien. "Anwendungen mit künstlicher Intelligenz für den Roboter sind noch nicht robust genug. Manchmal scheint es, als ob der Roboter einiges kann, aber im Hintergrund läuft vieles noch statisch ab." Grundlegende technische Probleme gebe es aber kaum noch. "Der Roboter fährt, ohne irgendwo anzustoßen. Diese Systeme sind sicher. Jetzt geht es um Fragen der Akzeptanz und Auswirkungen des Einsatzes."
Ländervergleich
Spannend sollte laut dem Projektleiter der länderübergreifende Vergleich werden. "Die Gesundheitssysteme von Belgien, Rumänien und Österreich sind sehr unterschiedlich." In Belgien sei etwa betreutes Wohnen stärker verbreitet als in Österreich. In Rumänien wird die Betreuung von Senioren oft durch Spitäler übernommen. Die jeweils eingesetzten Roboter werden sich also in verschiedenen Szenarien bewähren müssen.
Am Ende sollen die gesammelten Erfahrungen sowohl der Wissenschaft, als auch Unternehmen zugute kommen. "Es wird Publikationen zu den Langzeiteffekten von sozial assistiven Robotern geben. Das ist einzigartig. Auf diesem Forschungsfeld gibt es noch viele offene Fragen", sagt Werner. Andererseits können die Erkenntnisse kommerziell verwertet werden, etwa von Zora Bots, das die James-Roboter zur Verfügung stellt, oder von Entwicklern wie Ovos Media (Keosity), die sich mit Anwendungen für Roboter auseinandersetzen.
Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.