Warum Turbulenzen bei Flügen bald der Vergangenheit angehören
Turbulenzen, die das Flugzeug plötzlich absacken lassen oder durchrütteln, hat wohl jede*r Flugpassagier*in schon erlebt. Als angenehm hat die Erschütterungen wohl niemand empfunden. Nicht selten lösen sie auch Angstzustände bei Passagier*innen aus. Das österreichische Start-up Turbulence Solutions arbeitet daran, Turbulenzen stark abzumildern. Um mehr als 80 Prozent, wie Gründer Andras Galffy sagt.
Bereits ab Anfang nächsten Jahres sollen über 100 Flugzeuge mit der Lösung des Start-ups ausgestattet werden. Zunächst soll das mit sogenannten High-Performance-Leichtflugzeugen passieren. Zweisitzer, die vorwiegend zu Geschäftsreisen zum Einsatz kommen und auch die "Ferraris der Lüfte" genannt werden, erläutert Galffy, der an der Fachhochschule JOANNEUM in Graz unterrichtet und auch selbst Pilot ist.
Wie aber funktioniert die Technologie?
Sensoren, die etwa einen halben Meter vor dem Flügel montiert sind, warnen frühzeitig vor Erschütterungen. Passiert dies, wird berechnet, wie stark die Gegenreaktion sein muss. In die Flügel integrierte kleine Klappen schlagen dann entsprechend aus. Um die bereits patentierte Technologie zu integrieren, müssen nur die Landeklappen angepasst und um zusätzliche kleine Klappen ergänzt werden, sagt Galffy. Davon abgesehen müsse am Flügel nichts geändert werden.
Entstanden ist die Lösung aus einer Erfindung Galffys, die darauf abzielte, dass Flugzeuge genau ihre Höhe halten können. Mit "Improved Direct Lift Control" konnte ein schneller Auftrieb erzeugt werden. Ein solcher Auftrieb sei auch für den Ausgleich von Turbulenzen zentral, sagt Galffy. Erfolge der Auftrieb allerdings zu spät, könne es passieren, dass die Turbulenz verstärkt werde. Deshalb wurde Drucksensorik hinzugefügt, mit der Turbulenzen rechtzeitig erkannt werden und gegensteuert werden kann.
Mit einem bemannten Einsitzer hat Galfffy die Lösung bereits getestet. Gemeinsam mit einem Hersteller wird Turbulence Cancelling nun bei einem zweisitzigen Demonstrator-Flugzeug eingebaut. Bevor die Technologie dann ab Anfang nächsten Jahres breitflächig zum Einsatz kommen soll, wird sie im Sommer mit Passagieren getestet.
Ab 2030 bei Linienflügen
Prinzipiell könne die Lösung von Modellflugzeugen bis zu Linienfliegern in allen Flugzeugtypen eingesetzt werden, sagt der Gründer. Mit Leichtflugzeugen beginne man auch deshalb, weil sie Turbulenzen viel stärker ausgesetzt seien. Auch der Zertifizierungsaufwand sei bei Zweisitzern wesentlich geringer als bei größeren Flugzeugen.
Danach sollen 4- bis 19-Sitzer folgen. Erste Großflugzeuge könnten 2027 oder 2028 mit der Anti-Turbulenzlösung ausgestattet werden. Frühestens 2030 könnte die Technologie dann auch bei regulären Linienflügen zum Einsatz kommen, sagt Galffy.
Ressourcenschonend
Die Technologie hat auch auf das Klima positive Auswirkungen. Weil Turbulenzen in leichten, energieeffizienten Flugzeugen stärker zu spüren sind, kommen bei Geschäftsflügen häufig unnötig schwere Flugzeuge zum Einsatz, die weit mehr Ressourcen verbrauchen – damit die gut zahlenden Passagier*innen an Bord nicht durchgeschüttelt werden. Bei Linienflügen werden für Turbulenzen anfällige Lufträume auch häufig umflogen, was sich ebenfalls negativ auf den Treibstoffverbrauch auswirkt.
Derzeit beschäftigt das 2018 gegründete und in Wien ansässige Unternehmen 8 Mitarbeiter*innen. Neben einer Projektförderung der Forschungsförderungsgesellschaft FFG erhielt das Start-up eine Seed-Förderung der Austria Wirtschaftsservice (aws). Auch ein Business Angel ist bereits an Bord.
Auch für Lufttaxis interessant
Mit seiner Technologie will Galffy nicht nur traditionelle Flugzeugtypen ausstatten. Sie sei auch für künftige senkrechtstartende Lufttaxis interessant. Die sind sehr leicht und deshalb extrem anfällig für Turbulenzen. Wenn Passagier*innen bei den Flügen kräftig durchgeschüttelt würden, sei eher nicht zu erwarten, dass sie die Lufttaxis weiterempfehlen werden, sagt Galffy. Mit Herstellern solcher eVTOLs (Electric Vertical Take-Off and Landing aircrafts) ist er deshalb bereits in Gesprächen.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).