Kostenfalle Apps: Internet-Größen im Visier der Behörden
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Das Problem ist seit Jahren bekannt. Viele kostenlose Spiele und Anwendungen für Smartphones und Tablets verlangen Geld für Zusatzleistungen und virtuelle Güter. Kinder sind sich der Kosten nicht bewusst und kaufen auf den Geräten ihrer Eltern oft unbemerkt nach Lust und Laune ein. Passwortkontrollen oder andere Vorsichtsmaßnahmen sind meist nicht vorhanden oder wurden nicht aktiviert. Schadenssummen jenseits der 1000 Euro sind für solche In-App-Käufe genannte Transaktionen auch in Österreich keine Seltenheit. In den USA und Großbritannien drängen Konsumentenschützer deshalb seit Längerem auf verbesserte Sicherheitsvorkehrungen in den App-Stores. Auch in der EU wird über strengere Regeln diskutiert.
Apple einigte sich Anfang des Jahres mit der in den USA auch für Konsumentenschutz zuständigen Handelsbehörde Federal Trade Commission (FTC) und verpflichtete sich mehr als 32 Millionen Dollar an Schadenersatzzahlungen für In-App-Käufe in seinem App Store an geschädigte Eltern zu leisten. Zuvor hatten sich Zehntausende Geschädigte bei der Behörde beschwert und auch eine Sammelklage gegen den iPhone- und iPad-Hersteller eingebracht.
Auch Amazon im Visier der FTC
Nun gerät auch Amazon ins Visier der FTC. Die US-Behörde reichte am Donnerstag eine Klage gegen den weltgrößten Online-Händler ein. Amazon habe beim Start seines App Stores überhaupt keine Passwörter bei In-App-Käufen abgefragt und erst später trotz Kenntnis des Problems nur ungenügend die Schutzmaßnahmen für Käufe von Zusatzfeatures und virtuellen Gütern in in den angebotenen Tablet- und Smartphone-Anwendungen erhöht, so die Vorwürfe der FTC. Amazon lehnte einen Vergleich ab und muss sich nun vor Gericht verantworten.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Google, das über seinen Play Store mobile Apps verkauft, die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zieht. Das Interesse von Konsumentenschützern hat der Internetkonzern bereits geweckt. In einem vor kurzem von der US-Konsumentenschutzorganisation Consumer Reports veröffentlichten Bericht ist von einem Kind die Rede, das "wie ein betrunkener Matrose" kostenpflichtige virtuelle Güter am Smartphone seinens Vaters über den Google Play Store anhäufte. Die Möglichkeit eine Passwortsperre für jeden Kauf innerhalb von Anwendungen einzurichten, bietet Google erst seit Mitte März an. Davor konnten eine halbe Stunde nach Eingabe des Passworts beliebig viele kostenpflichtige Zusatzfeatures gekauft werden.
Fälle in Österreich
In Österreich zählt der Internet Ombudsmann jährlich zwischen 40 und 50 Beschwerden wegen Käufen, die in mobilen Spielen oder Apps getätigt werden. Die Schadenssummen sind beträchtlich und belaufen sich in der Regel auf zwischen 1500 und 2000 Euro, sagt Projektleiter Bernhard Jungwirth. "Wir hatten auch schon einen Schadensfall von 6000 Euro." In allen Fällen wurden den betroffenen Eltern das Geld rückerstattet.
Beschwerden an den Internet-Ombudsmann würden fast ausschließlich bei höheren Schadenssummen eingereicht, sagt Jungwirth. "Wenn es nur um ein paar Euro geht, ist es vielen Eltern egal." Die Dunkelziffer solcher In-App-Käufe dürfte weit höher liegen. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht.
Das Einrichten von Sperren sei in allen App Stores nicht sehr benutzerfreundlich, kritisiert Jungwirth. Er wünscht sich „Eltern-Tools“ in den Betriebssystemen, die über In-App-Käufe aufklären und auch das Aktivieren von Schutzmaßnahmen vereinfachen.
Der Internet-Ombudsmann rät Eltern, bevor sie ihr Smartphone oder Tablet ihren Kindern überlassen, sich über die Funktionsweisen von In-App-Käufen zu informieren. Auch die Einstellungen für Käufe innerhalb von Apps sollten geprüft werden.
So lassen sich etwa bei Apples Betriebssystem iOS (Menüpunkt Einstellungen) In-App-Käufe deaktivieren. Sie können im Bedarfsfall wieder freigeschaltet werden. Für die Passwort-Abfrage können Zeitintervalle (etwa alle 15 Minuten) festgelegt werden.
Bei Googles Android kann eine Passwortsperre für sämtliche In-App-Käufe aktiviert werden – zu finden in den Einstellungen der Play- Store-App. Die Passwörter sollten keinesfalls an Kinder weitergegeben werden.
Bei Problemen mit Abrechnungen wird empfohlen, sich an den Kundenservice der App-Shops zu wenden. Viele Anbieter informieren nur unzureichend über In-App-Käufe. Der Rücktritt vom Vertrag ist prinzipiell möglich. Beschwerden über In-App-Käufe nimmt auch der Internet Ombudsmann entgegen.
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