Autonome Roboter ersetzen das Fließband in der Autoproduktion
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Die Fließbandproduktion gilt seit 1913 als Inbegriff für die effiziente Herstellung von Autos. Damals errichtete Henry Ford in seiner Fabrik ein Fließband, um die Produktion seines Modells T zu verachtfachen. Später wurden Roboter eingeführt, um die Autoproduktion nochmal zu beschleunigen. Heute jedoch wird die Fahrzeugherstellung immer komplexer. Pkw werden mit unterschiedlichen Antrieben (konventionell, Hybrid oder Elektro) angeboten, die Ausstattungsvielfalt ist gestiegen. Während das Fließband eher auf die möglichst rasche Anfertigung exakter Kopien ausgelegt ist, sind nun neue Lösungen gefragt.
Mobilisierung
"Einerseits ist eine höhere Flexibilisierung notwendig, andererseits versucht man den Automatisierungsgrad zu steigern", sagt Wolfgang Koenig, der Leiter des Bereichs Automatisierungslösungen im Automobilbereich bei Siemens. Automated Guided Vehicles (AGV) sollen diese Ansprüche erfüllen. Dabei handelt es sich um mobile Roboter, die in Fabriken künftig mehrere Aufgaben übernehmen sollen. "Es gibt produktionsbezogene AGV, die transportieren Fahrzeuge in der Fabrik", erklärt Koenig. "Und es gibt so genannte Inbound Logistics AGV, die Materialien für die Produktion aus Lagern, meist 'Supermärkte' genannt, anliefern."
Der Vorteil beim Transport von Autokarosserien und -Antriebssträngen mittels AGV ist, dass sie je nach individueller Ausstattung verschiedene Pfade durch die Produktionsstätte nehmen können. Bestimmte Stationen können dadurch etwa übersprungen werden, was bei der Fließbandproduktion nicht möglich wäre. Die Anlieferung von Materialien zu Arbeitsstationen wurde bisher von Menschen auf Transportfahrzeugen übernommen. Laut Koenig sei auch denkbar, dass AGV künftig verstärkt mit Roboterarmen ausgestattet werden: "Bisher ist das noch nicht sehr stark im Einsatz, aber das wird kommen. Üblicherweise sind AGV in der Rolle des Transporteurs."
Siemens steuert autonome Fabriksroboter
Eine Steuerung für alle
Das aussichtsreiche Betätigungsfeld für AGV ruft eine steigende Anzahl an Herstellern hervor. Um Autoherstellern die Freiheit zu geben, mit vielen unterschiedlichen Roboterflotten zu arbeiten, hat Siemens nun eine Plattform kreiert, mit der alle AGV in der Automobilproduktion gesteuert werden können. Das SIMOVE Fleetmanagement wurde im AGV Lab in Linz entwickelt. "Wir haben dort ein Multikulti-Team, auf das wir sehr stolz sind", sagt Koenig. In zweieinhalb Jahren sei es gelungen, mit SIMOVE ein Produkt zu entwickeln, das bereits weltweit nachgefragt wird.
Wie Koenig erklärt, fungiert SIMOVE als "Midware" zwischen der Auftragssteuerung einer Autofabrik und den AGV unterschiedlicher Hersteller. Das System übernimmt die Verkehrssteuerung der fahrbaren Roboter.
Plug and Play
"Wir wollen, dass Kunden von Offenheit profitieren, egal, welches Fahrzeug an das System angebunden wird. Unser Produkt soll per 'Plug and Play' funktionieren und beliebig erweiterbar sein", sagt Koenig. Damit es bei der Einbindung neuer Fahrzeuge zu keinen Konflikten kommt, arbeitet Siemens mit einem digitalen Zwilling der gesamten Autofabrik. Mit dessen Hilfe werden Simulationen durchgeführt, "um schneller in den Produktionsmodus" zu gelangen, erklärt Koenig.
Factory 56
Eingesetzt wird SIMOVE unter anderem in der Factory 56 von Daimler in Sindelfingen. In der futuristischen Fabrik sollen künftig die Fahrzeuge der Mercedes-Benz S-Klasse entstehen. Der Produktionsstart soll 2020 erfolgen. 450 AGV werden zu Beginn in der Fabrik unterwegs sein. Aber auch außerhalb Europas ist das Interesse groß. Koenig: "Wir haben gerade einen Kunden aus China gewonnen, der eine Musterfabrik für automobile Zukunft aufbauen will."
Mehr zum Thema Autonomer Werksverkehr der Zukunft findet ihr im hi!tech-Blog von Siemens.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen Siemens und der futurezone.
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