Buchmarkt

"E-Book-Abos kommen nur den Großen zugute"

Nach dem Musik- und Filmbereich, wo Anbieter wie Spotify und Netflix den Weg bereiteten, kommt nun der Buchmarkt an die Reihe. Vergangene Woche startete Amazon in den USA seine E-Book-Flatrate Kindle Unlimited. Für knapp zehn Dollar im Monat können Kunden des Online-Händlers in den USA auf Tausende E-Books und Hörbücher zugreifen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der E-Book-Branchenprimus ein solches Modell auch in Europa auf den Markt bringen wird. "Wir arbeiten immer daran, unsere Innovationen auch in anderen Marktplätzen verfügbar zu machen", heißt es dazu von Amazon. Ankündigungen für Österreich gebe es derzeit aber keine.

Flatrates oder E-Book-Abos gibt es in den USA, aber auch in Europa, bereits seit längerem. Der Markteintritt von Amazon dürfte solchen Modellen aber nach Meinung von Branchenbeobachtern einen kräftigen Schub verleihen.

"Nicht mehr aufzuhalten"

"Flatrate-Modelle werden auch im Buchbereich kommen, wir sehen das realistisch", sagt Eva Steffen, die beim Wiener Czernin Verlag für Programm und Vertrieb zuständig ist. "Es ist eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten ist."

Dass E-Book-Abos im Markt eine zentrale Rolle spielen werden, habe sich abgezeichnet, sagt der Buchmarktexperte und Journalist Rüdiger Wischenbart. Das Internet sei als Vertriebsweg stark subkriptionsbasiert. Im Verlagswesen würden große Fachinformationskonzerne bereits seit längerem einen Großteil ihrer digitalen Einnahmen über Abos lukrieren. Als Beispiel nennt er etwa den US-Verlag O'Reilly, der mit Fachbüchern im Abo seit Jahren erfolgreich ist. Dieser Trend schlage nun auf den Publikumsmarkt durch, analysiert Wischenbart. Aus der Sicht des Händlers seien Abos ideal. "Es bedeutet weniger Aufwand beim Verkauf."

Mit den aus dem Nutzungsverhalten gewonnen Daten, ließen sich darüber hinaus die Angebote optimieren, meint der Berater. "Da ist Amazon gut unterwegs." Das Problem sei, das solche Modelle nur den Großen zugute kommen. "Alle anderen geraten ins Hintertreffen."

Diskussion über Vergütungen

Ebenso wie derzeit beim Musikstreaming, wo vor allem die Künstler über geringe Einnahmen klagen, erwartet Wischenbart auch im E-Book-Bereich Diskussionen über Vergütungen. "Das wird eine der großen Problematiken sein." Wichtig sei es, Modelle zu entwickeln, die auch Nischenautoren und kleineren Verlagen das Überleben sichere. Dazu zähle insbesondere eine transparente Abrechnung, sagt Wischenbart.

"Für uns ist es wichtig, dass die Vergütungsmodelle gerecht sind", sagt Czernin-Vertriebsleiterin Steffen. Noch falle der Abo-Bereich - von Bibliothekslizenzen abgesehen - nicht ins Gewicht. Sollten sich solche Flatrates aber durchsetzen und zur dominanten Form am E-Book-Markt entwickeln, werde es mit den momentanen Vergütungsmodellen schwierig. Die Entwicklung sei schwer abschätzbar, meint Steffen.

Der Czernin-Verlag bietet derzeit etwa E-Books bei Skoobe, einem von den deutschen Verlagen Holtzbrinck und Bertelsmann im Frühjahr 2012 gestarteten Abo-Anbieter, an. Über Vergütungen von Autoren und Verlagen will man bei Skoobe keine Details nennen. Diese seien von Verlag zu Verlag unterschiedlich, sagt eine Sprecherin zur futurezone.

Auch über die Nutzerzahlen hält man sich bei dem Anbieter bedeckt. Die App (Android, iOS und Kindle Fire) wurde nach Angaben der Unternehmenssprecherin aber mehr als eine Million Mal heruntergeladen. Das Unternehmen verzeichnet auch ein zunehmendes Interesse der Verlage, ihre Bücher über Abo-Modelle verfügbar zu machen. "Wir merken, dass uns Verlage mehr Bücher zur Verfügung stellen."

Buchpreisbindung unter Beschuss

Abo-Modelle könnten nach Meinung von Buchmarktexperten Wischenbart aber nicht nur Autoren und kleine Verlage unter Druck setzen. Auch die in vielen europäischen Staaten geltende Buchpreisbindung könnte durch die E-Book-Abos ins Wanken geraten.

Der Großteil der Bücher, die heute in Deutschland oder Österreich angeboten werde, falle unter die gesetzliche Preisbindung, sagt Wischenbart. Ein paar Ausnahmen, wie etwa Buchclubs oder Antiquariate, würden dabei nicht ins Gewicht fallen. Werde sie aber von immer mehr Seiten angegriffen - etwa durch E-Book-Abos oder selbstveröffentlichte E-Books für 99 Cent im Selbstverlag - sei die Gefahr einer Implosion groß. "Die Buchpreisbindung könnte wie Schweizer Käse durchlöchert werden."

Der deutsche Anbieter Skoobe, der rund 45.000 Titel, darunter auch E-Books von internationalen Verlagen, im Angebot hat, bietet Abos ab rund zehn Euro an, Titel können dabei je nach Abo-Modell bis zu 30 Tage lang auch offline gelesen werden.

Neben Skoobe bietet in Europa etwa auch das spanische Start-up24symbols(futurezone-Interview)Flatrate-Modelle für E-Books an. in den USA sind unter anderemScrbdundOysteram Markt. Auch bei Amazon durften Nutzer des Prime-Dienstes auch schon bisher ein E-Book pro Monat ausleihen. Ein Start-Termin für Kindle Unlimitedin Österreich ist noch nicht bekannt.

Noch keine Abo-Pläne hat der deutsche Amazon-Konkurrent Thalia. Für Europa habe Amazons Vorstoß bei E-Book-Abos aktuell keine Relevanz, sagt Thalia-Österreich-Geschäftsführer Josef Pretzl. Selbstverständlich beobachte man aber die Entwicklung des Marktes.

Verleih auch in Bibliotheken

Zugriff auf tausende Titel gegen (eine geringe jährliche) Gebühr bietet auch der E-Book-Verleih in österreichischen öffentlichen Bibliotheken. Und der scheint sehr gut zu funktionieren. Allein in der Virtuellen Bücherei Wien wurden im vergangenen Jahr 250.000 Titel heruntergeladen. Mehr als 14.000 Leute nutzten das mittlerweile fast 30.000 E-Books umfassende Angebot. Auch Czernin-Vertriebsleiterin Steffen bestätigt die Popularität des Online-Verleihs. "Wir haben Abrechnungen wo die Bibliothekslizenzen bis zu 25 Prozent des E-Book-Anteils ausmachen."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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